Stolpe: Ja, das ist schon wichtig. Das zeigt, dass bei allen Bedenken, die einzelne haben – und ich habe viel Verständnis dafür, dass hier Sorgen sind im Blick auf soziale Einschnitte –, doch der Wille zur Veränderung überwiegt. Und ich glaube, das ist das Signal, was wir brauchen. Ich kann mir nur wünschen, dass bei den nächsten Runden, die nun kommen werden im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss, auch da wieder ein durchtragendes Element der gemeinsame Wille zur Veränderung sein wird.
Finthammer: Bleiben wir gleich mal bei der Einigung. Nüchtern betrachtet hat die Koalition ja vergangenen Freitag nur einen Etappensieg errungen. Die große Hürde steht ja noch bevor – eben wenn Ihre Reformgesetze durch die Tore des Bundesrates hindurchgegangen sind. Mit welchem Szenario rechnen Sie denn da?
Stolpe: Es hat natürlich die Beratung der SPD-Fraktion, aber auch bei den Bündnisgrünen erbracht, dass die Zustimmung, die jetzt gezeigt worden ist, doch darauf setzt, dass das Kind wiedererkannt wird, wenn es aus dem Bundesrat zurückkommt. Das heißt also, man wird dementsprechend deutlich ringen müssen, um die Veränderungen, die sich zum ursprünglichen Vorschlag ergeben haben – ich denke da zum Beispiel an die Frage der Zumutbarkeit, dann die Frage von Belastung von Angehörigen im sozialen Krisenfall, das sind übrigens Positionen, bei denen ich auch sehr hoffe, dass sie im wesentlichen unverändert den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss verlassen werden, und da setze ich ein bisschen auf die Länder, da setze ich auch gerade auf alle ostdeutschen Länder, die bei Betrachtung ihrer Klientel und der großen Gruppe von Menschen, die schnell in Sorge kommen könnten, letzten Endes Interesse daran haben müssten, dass dies erhalten bleibt.
Finthammer: Wenden wir mal den Blickwinkel. Die Union verbindet ja quasi mit den kommenden Wochen auch nachvollziehbare strategische Interessen. Zumindest der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat ja am Freitag noch formuliert, die Union soll eine klare Oppositionsstrategie aufbieten und dafür sorgen, dass die rot-grüne Bundesregierung eben nicht bis zur nächsten Bundestagswahl im Jahr 2006 durchhält. Und auf der anderen Seite steht allerdings die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die klar gesagt hat, an ihr werde die Reform nicht scheitern. Dennoch besteht ja da die Option, den Kanzler ins Wanken zu bringen.
Stolpe: Das ist ganz sicher die Absicht. Aber andererseits geht’s um so zentrale Zukunftsfragen, die ja niemanden loslassen können, niemanden unberührt lassen können, und wo es ganz schwer sein wird, dass sich da nur Politikstrategen durchsetzen werden, die das Ganze benutzen wollen als Instrument zu einem politischen Umbruch. Nun gut, ich will keinen überwiegenden und überschäumenden Optimismus hier verbreiten, aber ich setze schon ein bisschen darauf, dass hier bei diesen langfristig wichtigen Fragen doch das Verantwortungsbewusstsein – man muss etwas Sinnvolles, Tragbares tun – überwiegen wird.
Finthammer: Dann greifen wir das mal auf, denn wenn die Reformgesetze eine Chance haben sollen, dann kommt es ja entscheidend darauf an, dass eine Verständigung im Vermittlungsausschuss stattfindet. Und da sind ja möglicherweise auch umfassende Koppelgeschäfte denkbar oder Koppellösungen denkbar, etwa: Die Hartz-Gesetze bleiben im Großen und Ganzen unangetastet, dafür gibt es aber weitreichende Zugeständnisse – etwa bei der Zuwanderung, die hier auch im Vermittlungsausschuss – im Bundesrat – hängt. Halten Sie so etwas für vorstellbar?
Stolpe: Also, die bisherigen Erfahrungen mit dem Vermittlungsausschuss zeigen, dass natürlich immer die Neigung da sein wird, hier auch Kopplungsvereinbarungen zu treffen. Nur lässt sich das ja relativ schwer machen mit ganz getrennten, ganz unterschiedlichen Feldern. Da gibt es keinen inneren Zusammenhang, da kann man auch nicht im Verfahren das verknüpfen. Da kann man nicht ein ‚Omnibus-Gesetz’ machen, in dem das alles mit drin ist, was überhaupt nichts miteinander zu tun hat. Das ist bei anderen Fragen, die dichter beieinander liegen – wie etwa Hartz III und IV oder der Frage, ob Hartz III überhaupt eine Zustimmung des Bundesrates braucht im Blick auf die Rolle von Landesarbeitsämtern –, da ist so etwas leichter möglich. Das kann man schnell verknüpfen, man macht ein Mantelgesetz und dann steht das mit drin. Hier wird das schwierig sein, auch wenn ich mir das durchaus praktisch ausmalen kann, dass Versuche gemacht werden – ich habe ja auch zehn Jahre Vermittlungsausschuss hinter mir. Dann ist das aber schwer rüberzubringen auch in einer politisch nun letzten Endes doch hoch nervösen Lage. Auch bei allem Pragmatismus, Lösungen zu finden, ist das politische Umfeld, in dem man steht, ja hoch angespannt. Das heißt also: Die durchgängige Entschlossenheit der Regierungskoalition, die Aufgabe weiter wahrzunehmen und die sicher auch immer wieder ganz stark vorhandene gegenteilige Bereitschaft der Opposition, diese Regierung umzustoßen – da kann man nicht viel in ‚Vier-Augen-Absprachen’ oder im ganz kleinen Kreis vorbereiten. Das wird, glaube ich, nicht greifen.
Finthammer: Bleiben wir mal bei der Zuwanderung. Könnte da die Koalition nicht umgekehrt ein Interesse haben, dass es da zu einer Verknüpfung kommt? Schließlich ist das Gesetz ja nahezu unverändert wieder in den Bundesrat eingebracht worden.
Stolpe: Ja, aber da sind von beiden Seiten auch so hart Positionen aufgebaut worden, die man nicht so en passant beiseite legen kann. Also da kann zum Beispiel die Koalition nicht massiv der Opposition entgegenkommen, um damit etwas anderes auszuhandeln, weil innerhalb der Koalition hier natürlich auch feste Verabredungen gelten und gegenseitige Rücksichtnahmen bestehen. Also, das wird nicht ganz leicht werden. Ich denke, man hat schon genug damit zu tun, wenn man mit dem Zuwanderungsgesetz dann für sich versucht, eine Lösung zu finden. Dies noch zu verknüpfen etwa mit dem Reformpaket, würde ich für eine Aufgabe halten, die kaum lösbar ist.
Finthammer: Herr Stolpe, Sie haben gerade gesagt, Sie halten im Prinzip engere Lösungen, engere Verknüpfungen eher für denkbar, als dieses weit gefasste Szenario, was wir gerade entwickelt haben. Nun gibt es bei der Union ja auch noch ein strategisches Interesse, das sich etwa auf die betrieblichen Beschäftigungsbündnisse richtet, die ja in Ostdeutschland teilweise recht erfolgreich auch für mehr Beschäftigung sorgen. Das könnte aber auch ein Knackpunkt sein, der die Linken in der SPD wieder groß auf Distanz zu der Arbeitsmarktreform insgesamt bringt. Wären Sie aber im Fall des Falles bereit, etwa das Günstigkeitsprinzip im Tarifrecht aufzuweichen, damit es da zu einem Vermittlungsergebnis kommen könnte?
Stolpe: Wir haben ja ein jüngstes Beispiel: Am 13. Oktober hat es eine Absprache gegeben der Bauwirtschaft mit der Gewerkschaft mit einer höheren Flexibilität in diesem Bereich. Im Ergebnis wird das nach meinem Eindruck dazu führen, dass wir hier Arbeitsplatzsicherung, vielleicht sogar zusätzliche Arbeitsplätze gewinnen können, indem dann zwischen Betrieben und Betriebsräten, allerdings auch in einer geordneten Abstimmung mit den Gewerkschaften, eine größere Orientierung auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen vorgenommen wird. Und bei der Bereitschaft, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten ja jetzt schon über zehn Jahre gezeigt haben, dass ihnen Erhalt des Unternehmens und Erhalt des Arbeitsplatzes das Allerwichtigste sind und dass man im Interesse dieser Zielvorstellung auch durchaus bereit ist, dann Lösungen zu akzeptieren, die eben schlechter liegen als die Gesamttarife, ist das durchaus ein gangbarer Weg. Ich habe allerdings den Eindruck, Herr Finthammer, dass das deutschlandweit noch nicht dem Erkenntnisstand entspricht, der vorhanden ist, und rechne da mit deutlichem Widerstand der Gewerkschaft. Es wird sicher auch, wie von Ihnen schon angedeutet, innerhalb der Fraktion der SPD dann das ganz große Fragen beginnen, wenn man dies hier mit einbinden würde.
Finthammer: Das heißt, Sie halten das auch als Vermittlungsergebnis für undenkbar?
Stolpe: Ich halte es nicht für übermäßig wahrscheinlich, dass das in die Richtung sich bewegt. Das kann nur dann, wie manche andere Frage natürlich auch, in einem Gesamttableau mit einem Abwägen von Vor- und Nachteilen dann zustande kommen, natürlich in Folge mit erheblichem Erklärungszwang. Also da sind die Geländer ziemlich eng und die Brücken ziemlich schmal, über die man gehen kann.
Finthammer: Da greifen wir ein letztes Mal vor und gehen mal von einem echten Vermittlungsergebnis aus, das im Vermittlungsausschuss zustande kommen wird. Braucht der Kanzler, braucht die Koalition dann wieder eine eigene Mehrheit im Bundestag, um die Gesetze auch wirklich umzusetzen?
Stolpe: Im Grunde schon – im Grunde schon, weil es ja immer weiter geht mit diesem Veränderungsprozess. Hinter der nächsten Ecke steht das nächste Vorhaben, um das mal so im übertragenen Sinne zu sagen. Und da ist es schon wichtig, dass man den Zusammenhalt, der jetzt erkämpft, errungen, ertrotzt war, herbeigedrückt worden ist, dass man den auch behält und dass man nicht dann sagt: ‚Nun gut, jetzt haben wir ein Ergebnis und jetzt nutzen wir die Gelegenheit und werden eine Mehrheit im Bundestag bekommen, und dann ist es uninteressant, ob dann sechs, sieben Mitglieder der eigenen Fraktion sagen, da gehen wir nicht mit.’ Dies würde ich für sehr unwahrscheinlich halten. Man wird um sie ringen müssen, und man ist in einer Erklärungsdrucksituation. Das kann ja auch nicht schaden, denn das, was man den eigenen Leuten erklären muss, muss man ja auch der Bevölkerung erklären. Und da haben wir ganz sicher in den letzen Monaten Defizite, denn die viele Unruhe als auch die Zweifel an der SPD zum Beispiel hängen natürlich auch immer damit zusammen, dass man nicht genügend bescheid weiß.
Finthammer: ‚Im Grunde schon’ – wenn Sie das allerdings sagen, könnte auch heißen: Als Pragmatiker Manfred Stolpe könnten Sie auch damit leben, dass die Gesetze zwar im Bundestag verabschiedet werden, aber ohne die eigene Mehrheit der Koalition?
Stolpe: Der Gedanke, wie es dann weitergeht, der würde mir sehr zu schaffen machen. Also, Pragmatismus hat ja auch seine Grenzen im Pragmatismus selbst, weil der Pragmatiker ja immer überlegen muss, wie der nächste Stich ist und wie das Spiel am Ende ausgeht. Und da könnte das doch einen so schwerwiegender Vertrauensbruch sein, der sich dann vielleicht an ganz harmlosen Fragen in den weiteren Monaten der Veränderungen rächt, so dass ich glaube: Es wird hier wichtig sein, die Partner mit zu gewinnen und ich kann mir durchaus vorstellen, dass man in den Verhandlungen das im Wesentlichen durchbekommt, aber in dem Gesamtpaket, das zu Debatte ansteht, dann vielleicht hier und da ein Zugeständnis machen muss, weil natürlich auch die Opposition, wenn sie in den Vermittlungsausschuss hineingeht, sich wiedererkennen will.
Finthammer: Herr Stolpe, Sie sind gewiss kein ‚Jammerossi’, und als weinerlich kann man Sie auch nicht bezeichnen. Aber Ihr Parteifreund und Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat ja vor gut einer Woche die Weinerlichkeit der Ostdeutschen, zumindest der ostdeutschen Rentner, beklagt. Und schaut man auf die Fakten, etwa dass ostdeutsche Rentner real 20 Prozent mehr in der Tasche haben als im Westen, dann passt das in der Tat nicht mit der Stimmung in den neuen Ländern zusammen, die ja in der Tat vielfach noch von einem Gefühl gekennzeichnet ist, vom Westen abgehängt worden zu sein. Insofern hat der Altbundeskanzler doch wirklich einen realen, einen harten Kern getroffen?
Stolpe: Es sind zwei Dinge, die hier, glaube ich, zusammengerührt worden sind. Das eine ist die tatsächlich verbreitete Auffassung, dass Ostdeutsche in einer schlechteren Situation in Deutschland sind, dass sie sozusagen Deutsche zweiter Klasse sind. Das ist eine Art mentale Situation, mit der wir da zu tun haben, von der ich hoffe, dass sie allmählich mal verschwindet. Und wir haben ja jetzt so ein bisschen diese Ostalgiewelle, die ja mit viel Ironie auch überzogen wird, auch mit Selbstironie, auch mit Spott, aber die vielleicht einen ganz sinnvollen Kern hat, nämlich dass Ostdeutsche unbefangener reden über ihre Biographien. Und das wiederum kann zu Selbstbewusstsein führen. Dann kommt man eines Tages vielleicht doch auf die Idee, dass man gar nicht Deutscher zweiter Klasse ist, sondern nur ein etwas anderer Deutscher mit einem anderen Werdegang. Das ist das eine Thema. Die Probleme liegen ein bisschen im anderen Bereich, nämlich im sozialen und im ökonomischen. Und der Haupthammer, der natürlich auch auf Gemüter drückt und dann auch diese Einstellung ‚wir sind Deutsche zweiter Klasse’ mit prägt, das ist natürlich die Massenarbeitslosigkeit.
Finthammer: Ich schaue gerade mal auf diese Fragen, die Sie angesprochen haben. Der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans Werner Sinn, fordert ja in seinem in dieser Woche erschienenen neuen Buch ‚Ist Deutschland noch zu retten?’ vor allem radikale Kürzungen bei den Löhnen und Gehältern in den neuen Ländern – aus einem einfachen Grund, weil die ja durch die bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union von zwei Seiten her in die Zange genommen werden: Einerseits der hochproduktive Westen – da gibt es immer noch massive Unterschiede – und auf der anderen Seite die Niedriglohnkonkurrenz, etwa aus Polen oder Tschechien. Und für Sinn gibt es da nur quasi einen einzigen Weg: Nicht mehr Transferzahlungen, sondern mehr Markt, auch niedrige Löhne. Ist das nicht eine Beschreibung, die angemessen ist und auf die die Politik Antworten geben muss?
Stolpe: Das sind Überlegungen, die ganz abstrakt unter Weglassung dessen, was verabredet worden ist und dessen, was die Menschen betrifft und dessen, was auch verfassungsrechtliche Verpflichtungen zur Gestaltung der Lebensverhältnisse in Deutschland ist, steht. Gut, solche Meinungen können geäußert werden, sicher muss man das auch diskutieren. Aber die Weichenstellungen sind ja andersrum erfolgt.
Finthammer: Aber Herr Stolpe, Sie haben vorhin als Beispiel auch schon die neue Mindestlohnregelung für das ostdeutsche Baugewerbe ins Feld geführt. Da sind ja niedrige Tariflöhne verabredet worden – als Beispiel auch, um konkurrenzfähige Arbeitsplätze halten zu können. Ist es nicht ein Schritt, dem weitere folgen müssten?
Stolpe: In Bereichen einfacherer Tätigkeit, und das ist zum Teil im Bau ja so, keineswegs überall, aber zum Teil im Bau ist jetzt schon der Konkurrenzdruck da. Da braucht man ebenfalls nicht den 1. Mai des nächsten Jahres, sondern da sind jetzt schon die Anbieter, übrigens auch aus dem westlichen Europa, unterwegs, aus Portugal, aus Irland und anderen Regionen. Und das hat natürlich mit verursacht, dass zum Beispiel in Ostdeutschland über 150.000 Bauarbeiter arbeitslos sind, weil das mit dem Lohngefüge nicht mehr zusammenpasst. Das kann unter Umständen auch bei anderen Branchen eine Rolle spielen. Aber die Tatsache, dass wir in vielen industriellen Bereichen in den letzten Jahren auch eine Art technologische Revolution vollzogen haben, also eine totale Modernisierung der Industrieanlagen, ob das in der starken und durchaus wettbewerbsfähigen chemischen Industrie ist oder in der Energiewirtschaft oder in der Stahlindustrie, auch in weiten Bereichen des Maschinenbaus – das hat es mit sich gebracht, dass dort Dinge geleistet werden, die in den – nach meiner festen Überzeugung – nächsten zehn Jahren in den östlichen Nachbarländern noch nicht erbracht werden können. Denken Sie nur an die Stahlindustrie. Die ostdeutsche Stahlindustrie ist eine Hochleistungsindustrie – etwa im Flachstahlbereich, Edelstähle werden dort geliefert. Und die Lieferung von Autoblechen Richtung Osten, aus Ostdeutschland heraus, ist eine zwingende Notwendigkeit für das, was dort zum Beispiel in Polen aufgebaut wird, weil die polnische Stahlindustrie sicher noch viele Jahre braucht, um in gleicher Qualität liefern zu können. Das ist aber nicht nur unsere Nische, sondern unser Vorsprung, den wir auch nutzen müssen. Bei einfachen Aufgaben wird es schwer sein, ist es jetzt schon schwer, und da wird man unter Umständen nachsteuern müssen.
Finthammer: So wichtig und richtig diese Nischen sind: Dennoch, das flächendeckende Engagement, das flächendeckende Wirtschaftswachstum in den neuen Ländern fehlt noch. Und da gibt es ja auch die Forderung einiger ostdeutscher Ministerpräsidenten, die neuen Länder zu sogenannten ‚Sonderwirtschaftsgebieten’ mit speziellen Ausnahmen und Förderrichtlinien zu erklären. Sollte man so etwas, angesichts der anhaltenden Abwanderung der Menschen aus den neuen Ländern, nicht in Angriff nehmen?
Stolpe: Der Gedanke wird ja durchaus ernsthaft überlegt. Wir haben da immer nur unsere Probleme, wenn es darum geht, was das konkret heißt. Also, wenn damit gemeint ist, dass das Arbeitsrecht aufgehoben werden soll, dann darf man natürlich nicht außer Acht lassen, dass wir weiterhin Tarifrecht haben, das heißt, wir brauchen Partner mit dabei. Das kann dann punktuell durchaus geschehen oder branchenorientiert durchaus geschehen, wie es jetzt bei der Bauwirtschaft erfolgt ist. Aber wenn es dann darum geht, wo die nächsten Punkte sind, die man ins Auge fasst, also gibt es überhaupt die Möglichkeit, dass Länder für sich außer Kraft setzen können – Bundesrecht dann –, stehen einige Juristen schon richtig Kopf. Und dann besteht einfach die Gefahr, dass man da Monate oder noch länger darüber vertut und inzwischen nichts leistet. Ich setze mehr darauf, dies durchzuführen, was jetzt schon geht. Und da ist unser Hauptproblem die große industrielle Lücke, die wir im Osten haben. Wir haben Anfang der 90er Jahre ja aus verschiedensten Gründen eine massive De-Industrialisierung erlebt, wir haben zum Glück einige Kerne erhalten und modernisiert, wie vorhin schon angedeutet, aber wir haben viel, viel verloren. Und auch Mittelständler, Dienstleister aller Art, Zulieferer brauchen ja Kerne, die sie beliefern. Deshalb muss Vorrang haben, dass wir die Fördermittel erhalten dafür, dass wir auch die Europamittel erhalten, damit Industrieansiedlungen erfolgen können, so wie es bis in die letzten Tage hinein ja geschieht, damit Arbeitsplätze neu entstehen.
Finthammer: Herr Stolpe, bleiben wir bei der Industrie, schauen wir auf Ihre Hightechvariante und deren Schwierigkeit, nämlich die LKW-Maut. Noch immer gibt es keinen Termin für den Start, noch immer werden die Bälle da hin- und hergeschoben. Haben Sie denn gar kein Druckmittel in der Hand, um das Konsortium endlich auf Trab zu bringen?
Stolpe: Der entscheidende Punkt ist ja die Technik, und ich werde darauf verzichten, jetzt selber die On Bord Units zu entwickeln oder die Software darzustellen. Die Lieferverpflichtung liegt ja ganz eindeutig bei den Partnern. Die Partner hatten sich verpflichtet, am 31. August zu beginnen. Wir haben jetzt zweierlei vereinbart, was ich auch für ganz wichtig halte – einmal gemeinsam uns anzusehen, wie kriegen wir die Technik weiter, so dass dann ein regulärer Probebetrieb starten kann und danach dann ein unabhängiger Gutachter sagen kann: ‚Ihr könnt beginnen mit der Maut-Erhebung, das ist also verlässlich und geht nicht auf dem Buckel der Transporteure’. Und das zweite ist, dass wir aufgrund der Terminverschiebung und der anderen Folgen der Veränderung durch die Nichteinhaltung der Verträge jetzt eine Vertragsanpassung vornehmen müssen, einschließlich der offenen Fragen, die natürlich mit Einnahmeausfällen und ähnlichem zusammenhängen.
Finthammer: Sie haben dem Konsortium bei der Anhörung am vergangenen Mittwoch im Verkehrsausschuss gezielte Fehlinformationen vorgeworfen. Können Sie denn einmal genauer sagen, in welchen Punkten Sie und die Öffentlichkeit da getäuscht wurden?
Stolpe: Ich habe den Begriff ‚Täuschung’ nicht gebraucht, weil das dann auch schon ganz in die Nähe von rechtswidrigem Verhalten kommt. Ich habe einfach nur an die Tatsache erinnert, dass – nicht das Konsortium in Bausch und Bogen –, aber dass mindestens durch Erklärungen Verantwortlicher dort immer wieder gesagt worden ist, obwohl schon im Binnenverhältnis klar war, dass es schwierig oder unmöglich wird – immer wieder gesagt worden ist: Am 31.08. startet das System. Da haben wir uns darauf verlassen, verlassen müssen, weil man ja mit einem Partner vertraglich gebunden ist. Und wir haben dann erst durch die Erhebungen unserer Techniker, durch die Erhebung des Bundesamtes für Güterverkehr, eindeutig herausgefunden, dass das gar nicht funktionieren kann. Und dann erst ist das ganze Termingefüge ins Trudeln gekommen. Ich bin weiterhin dran interessiert, mit diesem Partner zusammenzuarbeiten, und ich gehe davon aus, wir werden das technische System lösen. Es ist – so sagen es auch alle europäischen Nachbarn und die Europäische Kommission – es ist das zukunftsfähige Mauterfassungssystem. Und ich gehe auch davon aus, dass wir in dem Vertrag zusammenbleiben können in den nächsten Jahren, um hier die LKW-Maut in Deutschland erheben zu können.
Finthammer: Dennoch, es gibt ja weitere defizile Fragen. Etwa im Blick auf die Verträge und die Haftungs- und Entschädigungsfragen schienen Sie ja bislang die besseren Karten zu haben. Am letzten Donnerstag aber hat sich das Konsortium bereiterklärt, die Verträge vor dem Bundestagsausschuss nun offenzulegen, aber auch zugleich mitgeteilt, die Fragen von Haftung und Schadensersatz seien darin eindeutig und klar geregelt. Hat denn die Bundesregierung einen rechtssicheren Anspruch, oder wird das letztlich doch eine Frage der juristischen Interpretation werden?
Stolpe: Alles sind Fragen der juristischen Interpretation. Jeder behauptet zunächst – und das Konsortium muss das ja geradezu im eigenen Interesse tun –, dass es die guten Karten hat. Wir sind ja keine Schwärmer und Phantasten, sondern wir haben durchaus Möglichkeiten, die mit in diese sicher nicht ganz einfachen Verhandlungen mit eingebracht werden können. Ich bin dennoch der Überzeugung, dass wir zum Schluss ein Einvernehmen erreichen werden und dass auch die Bundesseite dabei nicht schlecht aussehen muss.
Finthammer: Wird sich der Verkehrsausschuss bereits in der kommenden Woche mit den Verträgen befassen?
Stolpe: Ich hoffe ja, weil wir jetzt die Zustimmung haben – auch von unseren Vertragspartnern – zur Einsichtnahme in die Verträge. Wir hatten da ja keine Bedenken. Und damit kann also, glaube ich, dieser Diskussionspunkt ausgeräumt werden. Es werden da sicher die wechselseitigen Interpretationen beginnen, und alle werden bemüht sein, darzustellen, wie gut oder wie weniger gut der Vertrag ist. Parallel dazu, und das ist für mich das Entscheidende, laufen die Bemühungen um eine Vertragsanpassung. Und die werden nicht einfach, aber in denen werden wir unsere Vorstellungen deutlich mit einbringen.
Finthammer: Von der Frage hängt ja auch entscheidend ab, wie Sie die Ausfälle kompensieren können, die dann ja monatlich anfallen. 156 Millionen Euro sind ja gewiss kein Pappenstiel, und bis zum Start m kommenden Frühjahr kommt ja da schnell über eine Milliarde Euro zusammen. Müssen Sie da nicht Verkehrsprojekte stoppen, oder wollen Sie das über Schuldenfinanzierung auffangen?
Stolpe: Wir haben zunächst mal eine Vorsorge-Verabredung mit dem Finanzminister getroffen mit der klaren Aussage, dass wir keine Infrastrukturvorhaben stoppen werden. Dennoch haben wir auch kein Geld zu verschenken und wir werden natürlich bei all den Überlegungen, die jetzt anstehen, zusehen müssen, dass wir dann auch auf Sicht hin die nötigen Mittel zur Verfügung haben werden. Gerade deshalb wird ja die LKW-Maut eingeführt.
Finthammer: Der Bund kann ja, so heißt es jedenfalls, Mitte Dezember aus den Verträgen aussteigen, wenn die Funktionsfähigkeit des Systems technisch nicht gewährleistet werden sollte. Ist das für Sie eine wirklich ernst zu nehmende Option?
Stolpe: Das ist nicht mein Wunsch, aber es ist ein Recht, das wir haben und das wir, wenn in Abwägung aller Umstände es sich als sinnvoll erweist, auch wahrnehmen müssten. Mein Wunsch ist es nicht, weil ich glaube, wir könnten durchaus mit dieser Technik und mit diesen Partnern eine verlässliche Maut-Erhebung für LKW’s in Deutschland einführen.
Finthammer: Spielen wir das mal durch. Müssten wir dann mit einem ‚Bundesmautamt’ rechnen, kurz – mit einer Verstaatlichung des Maut-Systems? Oder hätten Sie andere Mitspieler, die gegebenenfalls einsteigen würden?
Stolpe: Sie meinen, wenn wir das selber machen würden"
Finthammer: Ja.
Stolpe: Gut, also da müsste man nicht phantasieren, da gibt es verschiedene Varianten, Sie haben sie selber eben schon genannt. Aber mein Wunschtraum ist es nicht.
Finthammer: Dies noch, Herr Stolpe: Gibt es für Sie überhaupt noch einen realistischen Termin, an dem die Maut eingeführt wird?
Stolpe: Ich habe da meine ganz klare Vorstellung, ich habe mir nur abgewöhnt, darüber zu reden. Meine Vorstellung hat sich auch ergeben aus Gesprächen mit den Partnern, aber ich habe leider bitter lernen müssen, dass bei dem ersten Versuch, einen Ausweichtermin zu nennen – nämlich den 2. November –, ich zum Schluss allein auf weiter Flur stand und ganz Deutschland glaubte, der Stolpe kriegt die Maut-Geräte nicht richtig gebaut.
Finthammer: Also, das zweite Quartal im kommenden Jahr wäre dann der einzig realistische Termin?
Stolpe: Ich habe eine etwas andere Vorstellung, aber ich überlasse die Benennung des Termins dem Lieferanten.
Finthammer: Bleiben wir gleich mal bei der Einigung. Nüchtern betrachtet hat die Koalition ja vergangenen Freitag nur einen Etappensieg errungen. Die große Hürde steht ja noch bevor – eben wenn Ihre Reformgesetze durch die Tore des Bundesrates hindurchgegangen sind. Mit welchem Szenario rechnen Sie denn da?
Stolpe: Es hat natürlich die Beratung der SPD-Fraktion, aber auch bei den Bündnisgrünen erbracht, dass die Zustimmung, die jetzt gezeigt worden ist, doch darauf setzt, dass das Kind wiedererkannt wird, wenn es aus dem Bundesrat zurückkommt. Das heißt also, man wird dementsprechend deutlich ringen müssen, um die Veränderungen, die sich zum ursprünglichen Vorschlag ergeben haben – ich denke da zum Beispiel an die Frage der Zumutbarkeit, dann die Frage von Belastung von Angehörigen im sozialen Krisenfall, das sind übrigens Positionen, bei denen ich auch sehr hoffe, dass sie im wesentlichen unverändert den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss verlassen werden, und da setze ich ein bisschen auf die Länder, da setze ich auch gerade auf alle ostdeutschen Länder, die bei Betrachtung ihrer Klientel und der großen Gruppe von Menschen, die schnell in Sorge kommen könnten, letzten Endes Interesse daran haben müssten, dass dies erhalten bleibt.
Finthammer: Wenden wir mal den Blickwinkel. Die Union verbindet ja quasi mit den kommenden Wochen auch nachvollziehbare strategische Interessen. Zumindest der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat ja am Freitag noch formuliert, die Union soll eine klare Oppositionsstrategie aufbieten und dafür sorgen, dass die rot-grüne Bundesregierung eben nicht bis zur nächsten Bundestagswahl im Jahr 2006 durchhält. Und auf der anderen Seite steht allerdings die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die klar gesagt hat, an ihr werde die Reform nicht scheitern. Dennoch besteht ja da die Option, den Kanzler ins Wanken zu bringen.
Stolpe: Das ist ganz sicher die Absicht. Aber andererseits geht’s um so zentrale Zukunftsfragen, die ja niemanden loslassen können, niemanden unberührt lassen können, und wo es ganz schwer sein wird, dass sich da nur Politikstrategen durchsetzen werden, die das Ganze benutzen wollen als Instrument zu einem politischen Umbruch. Nun gut, ich will keinen überwiegenden und überschäumenden Optimismus hier verbreiten, aber ich setze schon ein bisschen darauf, dass hier bei diesen langfristig wichtigen Fragen doch das Verantwortungsbewusstsein – man muss etwas Sinnvolles, Tragbares tun – überwiegen wird.
Finthammer: Dann greifen wir das mal auf, denn wenn die Reformgesetze eine Chance haben sollen, dann kommt es ja entscheidend darauf an, dass eine Verständigung im Vermittlungsausschuss stattfindet. Und da sind ja möglicherweise auch umfassende Koppelgeschäfte denkbar oder Koppellösungen denkbar, etwa: Die Hartz-Gesetze bleiben im Großen und Ganzen unangetastet, dafür gibt es aber weitreichende Zugeständnisse – etwa bei der Zuwanderung, die hier auch im Vermittlungsausschuss – im Bundesrat – hängt. Halten Sie so etwas für vorstellbar?
Stolpe: Also, die bisherigen Erfahrungen mit dem Vermittlungsausschuss zeigen, dass natürlich immer die Neigung da sein wird, hier auch Kopplungsvereinbarungen zu treffen. Nur lässt sich das ja relativ schwer machen mit ganz getrennten, ganz unterschiedlichen Feldern. Da gibt es keinen inneren Zusammenhang, da kann man auch nicht im Verfahren das verknüpfen. Da kann man nicht ein ‚Omnibus-Gesetz’ machen, in dem das alles mit drin ist, was überhaupt nichts miteinander zu tun hat. Das ist bei anderen Fragen, die dichter beieinander liegen – wie etwa Hartz III und IV oder der Frage, ob Hartz III überhaupt eine Zustimmung des Bundesrates braucht im Blick auf die Rolle von Landesarbeitsämtern –, da ist so etwas leichter möglich. Das kann man schnell verknüpfen, man macht ein Mantelgesetz und dann steht das mit drin. Hier wird das schwierig sein, auch wenn ich mir das durchaus praktisch ausmalen kann, dass Versuche gemacht werden – ich habe ja auch zehn Jahre Vermittlungsausschuss hinter mir. Dann ist das aber schwer rüberzubringen auch in einer politisch nun letzten Endes doch hoch nervösen Lage. Auch bei allem Pragmatismus, Lösungen zu finden, ist das politische Umfeld, in dem man steht, ja hoch angespannt. Das heißt also: Die durchgängige Entschlossenheit der Regierungskoalition, die Aufgabe weiter wahrzunehmen und die sicher auch immer wieder ganz stark vorhandene gegenteilige Bereitschaft der Opposition, diese Regierung umzustoßen – da kann man nicht viel in ‚Vier-Augen-Absprachen’ oder im ganz kleinen Kreis vorbereiten. Das wird, glaube ich, nicht greifen.
Finthammer: Bleiben wir mal bei der Zuwanderung. Könnte da die Koalition nicht umgekehrt ein Interesse haben, dass es da zu einer Verknüpfung kommt? Schließlich ist das Gesetz ja nahezu unverändert wieder in den Bundesrat eingebracht worden.
Stolpe: Ja, aber da sind von beiden Seiten auch so hart Positionen aufgebaut worden, die man nicht so en passant beiseite legen kann. Also da kann zum Beispiel die Koalition nicht massiv der Opposition entgegenkommen, um damit etwas anderes auszuhandeln, weil innerhalb der Koalition hier natürlich auch feste Verabredungen gelten und gegenseitige Rücksichtnahmen bestehen. Also, das wird nicht ganz leicht werden. Ich denke, man hat schon genug damit zu tun, wenn man mit dem Zuwanderungsgesetz dann für sich versucht, eine Lösung zu finden. Dies noch zu verknüpfen etwa mit dem Reformpaket, würde ich für eine Aufgabe halten, die kaum lösbar ist.
Finthammer: Herr Stolpe, Sie haben gerade gesagt, Sie halten im Prinzip engere Lösungen, engere Verknüpfungen eher für denkbar, als dieses weit gefasste Szenario, was wir gerade entwickelt haben. Nun gibt es bei der Union ja auch noch ein strategisches Interesse, das sich etwa auf die betrieblichen Beschäftigungsbündnisse richtet, die ja in Ostdeutschland teilweise recht erfolgreich auch für mehr Beschäftigung sorgen. Das könnte aber auch ein Knackpunkt sein, der die Linken in der SPD wieder groß auf Distanz zu der Arbeitsmarktreform insgesamt bringt. Wären Sie aber im Fall des Falles bereit, etwa das Günstigkeitsprinzip im Tarifrecht aufzuweichen, damit es da zu einem Vermittlungsergebnis kommen könnte?
Stolpe: Wir haben ja ein jüngstes Beispiel: Am 13. Oktober hat es eine Absprache gegeben der Bauwirtschaft mit der Gewerkschaft mit einer höheren Flexibilität in diesem Bereich. Im Ergebnis wird das nach meinem Eindruck dazu führen, dass wir hier Arbeitsplatzsicherung, vielleicht sogar zusätzliche Arbeitsplätze gewinnen können, indem dann zwischen Betrieben und Betriebsräten, allerdings auch in einer geordneten Abstimmung mit den Gewerkschaften, eine größere Orientierung auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen vorgenommen wird. Und bei der Bereitschaft, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten ja jetzt schon über zehn Jahre gezeigt haben, dass ihnen Erhalt des Unternehmens und Erhalt des Arbeitsplatzes das Allerwichtigste sind und dass man im Interesse dieser Zielvorstellung auch durchaus bereit ist, dann Lösungen zu akzeptieren, die eben schlechter liegen als die Gesamttarife, ist das durchaus ein gangbarer Weg. Ich habe allerdings den Eindruck, Herr Finthammer, dass das deutschlandweit noch nicht dem Erkenntnisstand entspricht, der vorhanden ist, und rechne da mit deutlichem Widerstand der Gewerkschaft. Es wird sicher auch, wie von Ihnen schon angedeutet, innerhalb der Fraktion der SPD dann das ganz große Fragen beginnen, wenn man dies hier mit einbinden würde.
Finthammer: Das heißt, Sie halten das auch als Vermittlungsergebnis für undenkbar?
Stolpe: Ich halte es nicht für übermäßig wahrscheinlich, dass das in die Richtung sich bewegt. Das kann nur dann, wie manche andere Frage natürlich auch, in einem Gesamttableau mit einem Abwägen von Vor- und Nachteilen dann zustande kommen, natürlich in Folge mit erheblichem Erklärungszwang. Also da sind die Geländer ziemlich eng und die Brücken ziemlich schmal, über die man gehen kann.
Finthammer: Da greifen wir ein letztes Mal vor und gehen mal von einem echten Vermittlungsergebnis aus, das im Vermittlungsausschuss zustande kommen wird. Braucht der Kanzler, braucht die Koalition dann wieder eine eigene Mehrheit im Bundestag, um die Gesetze auch wirklich umzusetzen?
Stolpe: Im Grunde schon – im Grunde schon, weil es ja immer weiter geht mit diesem Veränderungsprozess. Hinter der nächsten Ecke steht das nächste Vorhaben, um das mal so im übertragenen Sinne zu sagen. Und da ist es schon wichtig, dass man den Zusammenhalt, der jetzt erkämpft, errungen, ertrotzt war, herbeigedrückt worden ist, dass man den auch behält und dass man nicht dann sagt: ‚Nun gut, jetzt haben wir ein Ergebnis und jetzt nutzen wir die Gelegenheit und werden eine Mehrheit im Bundestag bekommen, und dann ist es uninteressant, ob dann sechs, sieben Mitglieder der eigenen Fraktion sagen, da gehen wir nicht mit.’ Dies würde ich für sehr unwahrscheinlich halten. Man wird um sie ringen müssen, und man ist in einer Erklärungsdrucksituation. Das kann ja auch nicht schaden, denn das, was man den eigenen Leuten erklären muss, muss man ja auch der Bevölkerung erklären. Und da haben wir ganz sicher in den letzen Monaten Defizite, denn die viele Unruhe als auch die Zweifel an der SPD zum Beispiel hängen natürlich auch immer damit zusammen, dass man nicht genügend bescheid weiß.
Finthammer: ‚Im Grunde schon’ – wenn Sie das allerdings sagen, könnte auch heißen: Als Pragmatiker Manfred Stolpe könnten Sie auch damit leben, dass die Gesetze zwar im Bundestag verabschiedet werden, aber ohne die eigene Mehrheit der Koalition?
Stolpe: Der Gedanke, wie es dann weitergeht, der würde mir sehr zu schaffen machen. Also, Pragmatismus hat ja auch seine Grenzen im Pragmatismus selbst, weil der Pragmatiker ja immer überlegen muss, wie der nächste Stich ist und wie das Spiel am Ende ausgeht. Und da könnte das doch einen so schwerwiegender Vertrauensbruch sein, der sich dann vielleicht an ganz harmlosen Fragen in den weiteren Monaten der Veränderungen rächt, so dass ich glaube: Es wird hier wichtig sein, die Partner mit zu gewinnen und ich kann mir durchaus vorstellen, dass man in den Verhandlungen das im Wesentlichen durchbekommt, aber in dem Gesamtpaket, das zu Debatte ansteht, dann vielleicht hier und da ein Zugeständnis machen muss, weil natürlich auch die Opposition, wenn sie in den Vermittlungsausschuss hineingeht, sich wiedererkennen will.
Finthammer: Herr Stolpe, Sie sind gewiss kein ‚Jammerossi’, und als weinerlich kann man Sie auch nicht bezeichnen. Aber Ihr Parteifreund und Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat ja vor gut einer Woche die Weinerlichkeit der Ostdeutschen, zumindest der ostdeutschen Rentner, beklagt. Und schaut man auf die Fakten, etwa dass ostdeutsche Rentner real 20 Prozent mehr in der Tasche haben als im Westen, dann passt das in der Tat nicht mit der Stimmung in den neuen Ländern zusammen, die ja in der Tat vielfach noch von einem Gefühl gekennzeichnet ist, vom Westen abgehängt worden zu sein. Insofern hat der Altbundeskanzler doch wirklich einen realen, einen harten Kern getroffen?
Stolpe: Es sind zwei Dinge, die hier, glaube ich, zusammengerührt worden sind. Das eine ist die tatsächlich verbreitete Auffassung, dass Ostdeutsche in einer schlechteren Situation in Deutschland sind, dass sie sozusagen Deutsche zweiter Klasse sind. Das ist eine Art mentale Situation, mit der wir da zu tun haben, von der ich hoffe, dass sie allmählich mal verschwindet. Und wir haben ja jetzt so ein bisschen diese Ostalgiewelle, die ja mit viel Ironie auch überzogen wird, auch mit Selbstironie, auch mit Spott, aber die vielleicht einen ganz sinnvollen Kern hat, nämlich dass Ostdeutsche unbefangener reden über ihre Biographien. Und das wiederum kann zu Selbstbewusstsein führen. Dann kommt man eines Tages vielleicht doch auf die Idee, dass man gar nicht Deutscher zweiter Klasse ist, sondern nur ein etwas anderer Deutscher mit einem anderen Werdegang. Das ist das eine Thema. Die Probleme liegen ein bisschen im anderen Bereich, nämlich im sozialen und im ökonomischen. Und der Haupthammer, der natürlich auch auf Gemüter drückt und dann auch diese Einstellung ‚wir sind Deutsche zweiter Klasse’ mit prägt, das ist natürlich die Massenarbeitslosigkeit.
Finthammer: Ich schaue gerade mal auf diese Fragen, die Sie angesprochen haben. Der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans Werner Sinn, fordert ja in seinem in dieser Woche erschienenen neuen Buch ‚Ist Deutschland noch zu retten?’ vor allem radikale Kürzungen bei den Löhnen und Gehältern in den neuen Ländern – aus einem einfachen Grund, weil die ja durch die bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union von zwei Seiten her in die Zange genommen werden: Einerseits der hochproduktive Westen – da gibt es immer noch massive Unterschiede – und auf der anderen Seite die Niedriglohnkonkurrenz, etwa aus Polen oder Tschechien. Und für Sinn gibt es da nur quasi einen einzigen Weg: Nicht mehr Transferzahlungen, sondern mehr Markt, auch niedrige Löhne. Ist das nicht eine Beschreibung, die angemessen ist und auf die die Politik Antworten geben muss?
Stolpe: Das sind Überlegungen, die ganz abstrakt unter Weglassung dessen, was verabredet worden ist und dessen, was die Menschen betrifft und dessen, was auch verfassungsrechtliche Verpflichtungen zur Gestaltung der Lebensverhältnisse in Deutschland ist, steht. Gut, solche Meinungen können geäußert werden, sicher muss man das auch diskutieren. Aber die Weichenstellungen sind ja andersrum erfolgt.
Finthammer: Aber Herr Stolpe, Sie haben vorhin als Beispiel auch schon die neue Mindestlohnregelung für das ostdeutsche Baugewerbe ins Feld geführt. Da sind ja niedrige Tariflöhne verabredet worden – als Beispiel auch, um konkurrenzfähige Arbeitsplätze halten zu können. Ist es nicht ein Schritt, dem weitere folgen müssten?
Stolpe: In Bereichen einfacherer Tätigkeit, und das ist zum Teil im Bau ja so, keineswegs überall, aber zum Teil im Bau ist jetzt schon der Konkurrenzdruck da. Da braucht man ebenfalls nicht den 1. Mai des nächsten Jahres, sondern da sind jetzt schon die Anbieter, übrigens auch aus dem westlichen Europa, unterwegs, aus Portugal, aus Irland und anderen Regionen. Und das hat natürlich mit verursacht, dass zum Beispiel in Ostdeutschland über 150.000 Bauarbeiter arbeitslos sind, weil das mit dem Lohngefüge nicht mehr zusammenpasst. Das kann unter Umständen auch bei anderen Branchen eine Rolle spielen. Aber die Tatsache, dass wir in vielen industriellen Bereichen in den letzten Jahren auch eine Art technologische Revolution vollzogen haben, also eine totale Modernisierung der Industrieanlagen, ob das in der starken und durchaus wettbewerbsfähigen chemischen Industrie ist oder in der Energiewirtschaft oder in der Stahlindustrie, auch in weiten Bereichen des Maschinenbaus – das hat es mit sich gebracht, dass dort Dinge geleistet werden, die in den – nach meiner festen Überzeugung – nächsten zehn Jahren in den östlichen Nachbarländern noch nicht erbracht werden können. Denken Sie nur an die Stahlindustrie. Die ostdeutsche Stahlindustrie ist eine Hochleistungsindustrie – etwa im Flachstahlbereich, Edelstähle werden dort geliefert. Und die Lieferung von Autoblechen Richtung Osten, aus Ostdeutschland heraus, ist eine zwingende Notwendigkeit für das, was dort zum Beispiel in Polen aufgebaut wird, weil die polnische Stahlindustrie sicher noch viele Jahre braucht, um in gleicher Qualität liefern zu können. Das ist aber nicht nur unsere Nische, sondern unser Vorsprung, den wir auch nutzen müssen. Bei einfachen Aufgaben wird es schwer sein, ist es jetzt schon schwer, und da wird man unter Umständen nachsteuern müssen.
Finthammer: So wichtig und richtig diese Nischen sind: Dennoch, das flächendeckende Engagement, das flächendeckende Wirtschaftswachstum in den neuen Ländern fehlt noch. Und da gibt es ja auch die Forderung einiger ostdeutscher Ministerpräsidenten, die neuen Länder zu sogenannten ‚Sonderwirtschaftsgebieten’ mit speziellen Ausnahmen und Förderrichtlinien zu erklären. Sollte man so etwas, angesichts der anhaltenden Abwanderung der Menschen aus den neuen Ländern, nicht in Angriff nehmen?
Stolpe: Der Gedanke wird ja durchaus ernsthaft überlegt. Wir haben da immer nur unsere Probleme, wenn es darum geht, was das konkret heißt. Also, wenn damit gemeint ist, dass das Arbeitsrecht aufgehoben werden soll, dann darf man natürlich nicht außer Acht lassen, dass wir weiterhin Tarifrecht haben, das heißt, wir brauchen Partner mit dabei. Das kann dann punktuell durchaus geschehen oder branchenorientiert durchaus geschehen, wie es jetzt bei der Bauwirtschaft erfolgt ist. Aber wenn es dann darum geht, wo die nächsten Punkte sind, die man ins Auge fasst, also gibt es überhaupt die Möglichkeit, dass Länder für sich außer Kraft setzen können – Bundesrecht dann –, stehen einige Juristen schon richtig Kopf. Und dann besteht einfach die Gefahr, dass man da Monate oder noch länger darüber vertut und inzwischen nichts leistet. Ich setze mehr darauf, dies durchzuführen, was jetzt schon geht. Und da ist unser Hauptproblem die große industrielle Lücke, die wir im Osten haben. Wir haben Anfang der 90er Jahre ja aus verschiedensten Gründen eine massive De-Industrialisierung erlebt, wir haben zum Glück einige Kerne erhalten und modernisiert, wie vorhin schon angedeutet, aber wir haben viel, viel verloren. Und auch Mittelständler, Dienstleister aller Art, Zulieferer brauchen ja Kerne, die sie beliefern. Deshalb muss Vorrang haben, dass wir die Fördermittel erhalten dafür, dass wir auch die Europamittel erhalten, damit Industrieansiedlungen erfolgen können, so wie es bis in die letzten Tage hinein ja geschieht, damit Arbeitsplätze neu entstehen.
Finthammer: Herr Stolpe, bleiben wir bei der Industrie, schauen wir auf Ihre Hightechvariante und deren Schwierigkeit, nämlich die LKW-Maut. Noch immer gibt es keinen Termin für den Start, noch immer werden die Bälle da hin- und hergeschoben. Haben Sie denn gar kein Druckmittel in der Hand, um das Konsortium endlich auf Trab zu bringen?
Stolpe: Der entscheidende Punkt ist ja die Technik, und ich werde darauf verzichten, jetzt selber die On Bord Units zu entwickeln oder die Software darzustellen. Die Lieferverpflichtung liegt ja ganz eindeutig bei den Partnern. Die Partner hatten sich verpflichtet, am 31. August zu beginnen. Wir haben jetzt zweierlei vereinbart, was ich auch für ganz wichtig halte – einmal gemeinsam uns anzusehen, wie kriegen wir die Technik weiter, so dass dann ein regulärer Probebetrieb starten kann und danach dann ein unabhängiger Gutachter sagen kann: ‚Ihr könnt beginnen mit der Maut-Erhebung, das ist also verlässlich und geht nicht auf dem Buckel der Transporteure’. Und das zweite ist, dass wir aufgrund der Terminverschiebung und der anderen Folgen der Veränderung durch die Nichteinhaltung der Verträge jetzt eine Vertragsanpassung vornehmen müssen, einschließlich der offenen Fragen, die natürlich mit Einnahmeausfällen und ähnlichem zusammenhängen.
Finthammer: Sie haben dem Konsortium bei der Anhörung am vergangenen Mittwoch im Verkehrsausschuss gezielte Fehlinformationen vorgeworfen. Können Sie denn einmal genauer sagen, in welchen Punkten Sie und die Öffentlichkeit da getäuscht wurden?
Stolpe: Ich habe den Begriff ‚Täuschung’ nicht gebraucht, weil das dann auch schon ganz in die Nähe von rechtswidrigem Verhalten kommt. Ich habe einfach nur an die Tatsache erinnert, dass – nicht das Konsortium in Bausch und Bogen –, aber dass mindestens durch Erklärungen Verantwortlicher dort immer wieder gesagt worden ist, obwohl schon im Binnenverhältnis klar war, dass es schwierig oder unmöglich wird – immer wieder gesagt worden ist: Am 31.08. startet das System. Da haben wir uns darauf verlassen, verlassen müssen, weil man ja mit einem Partner vertraglich gebunden ist. Und wir haben dann erst durch die Erhebungen unserer Techniker, durch die Erhebung des Bundesamtes für Güterverkehr, eindeutig herausgefunden, dass das gar nicht funktionieren kann. Und dann erst ist das ganze Termingefüge ins Trudeln gekommen. Ich bin weiterhin dran interessiert, mit diesem Partner zusammenzuarbeiten, und ich gehe davon aus, wir werden das technische System lösen. Es ist – so sagen es auch alle europäischen Nachbarn und die Europäische Kommission – es ist das zukunftsfähige Mauterfassungssystem. Und ich gehe auch davon aus, dass wir in dem Vertrag zusammenbleiben können in den nächsten Jahren, um hier die LKW-Maut in Deutschland erheben zu können.
Finthammer: Dennoch, es gibt ja weitere defizile Fragen. Etwa im Blick auf die Verträge und die Haftungs- und Entschädigungsfragen schienen Sie ja bislang die besseren Karten zu haben. Am letzten Donnerstag aber hat sich das Konsortium bereiterklärt, die Verträge vor dem Bundestagsausschuss nun offenzulegen, aber auch zugleich mitgeteilt, die Fragen von Haftung und Schadensersatz seien darin eindeutig und klar geregelt. Hat denn die Bundesregierung einen rechtssicheren Anspruch, oder wird das letztlich doch eine Frage der juristischen Interpretation werden?
Stolpe: Alles sind Fragen der juristischen Interpretation. Jeder behauptet zunächst – und das Konsortium muss das ja geradezu im eigenen Interesse tun –, dass es die guten Karten hat. Wir sind ja keine Schwärmer und Phantasten, sondern wir haben durchaus Möglichkeiten, die mit in diese sicher nicht ganz einfachen Verhandlungen mit eingebracht werden können. Ich bin dennoch der Überzeugung, dass wir zum Schluss ein Einvernehmen erreichen werden und dass auch die Bundesseite dabei nicht schlecht aussehen muss.
Finthammer: Wird sich der Verkehrsausschuss bereits in der kommenden Woche mit den Verträgen befassen?
Stolpe: Ich hoffe ja, weil wir jetzt die Zustimmung haben – auch von unseren Vertragspartnern – zur Einsichtnahme in die Verträge. Wir hatten da ja keine Bedenken. Und damit kann also, glaube ich, dieser Diskussionspunkt ausgeräumt werden. Es werden da sicher die wechselseitigen Interpretationen beginnen, und alle werden bemüht sein, darzustellen, wie gut oder wie weniger gut der Vertrag ist. Parallel dazu, und das ist für mich das Entscheidende, laufen die Bemühungen um eine Vertragsanpassung. Und die werden nicht einfach, aber in denen werden wir unsere Vorstellungen deutlich mit einbringen.
Finthammer: Von der Frage hängt ja auch entscheidend ab, wie Sie die Ausfälle kompensieren können, die dann ja monatlich anfallen. 156 Millionen Euro sind ja gewiss kein Pappenstiel, und bis zum Start m kommenden Frühjahr kommt ja da schnell über eine Milliarde Euro zusammen. Müssen Sie da nicht Verkehrsprojekte stoppen, oder wollen Sie das über Schuldenfinanzierung auffangen?
Stolpe: Wir haben zunächst mal eine Vorsorge-Verabredung mit dem Finanzminister getroffen mit der klaren Aussage, dass wir keine Infrastrukturvorhaben stoppen werden. Dennoch haben wir auch kein Geld zu verschenken und wir werden natürlich bei all den Überlegungen, die jetzt anstehen, zusehen müssen, dass wir dann auch auf Sicht hin die nötigen Mittel zur Verfügung haben werden. Gerade deshalb wird ja die LKW-Maut eingeführt.
Finthammer: Der Bund kann ja, so heißt es jedenfalls, Mitte Dezember aus den Verträgen aussteigen, wenn die Funktionsfähigkeit des Systems technisch nicht gewährleistet werden sollte. Ist das für Sie eine wirklich ernst zu nehmende Option?
Stolpe: Das ist nicht mein Wunsch, aber es ist ein Recht, das wir haben und das wir, wenn in Abwägung aller Umstände es sich als sinnvoll erweist, auch wahrnehmen müssten. Mein Wunsch ist es nicht, weil ich glaube, wir könnten durchaus mit dieser Technik und mit diesen Partnern eine verlässliche Maut-Erhebung für LKW’s in Deutschland einführen.
Finthammer: Spielen wir das mal durch. Müssten wir dann mit einem ‚Bundesmautamt’ rechnen, kurz – mit einer Verstaatlichung des Maut-Systems? Oder hätten Sie andere Mitspieler, die gegebenenfalls einsteigen würden?
Stolpe: Sie meinen, wenn wir das selber machen würden"
Finthammer: Ja.
Stolpe: Gut, also da müsste man nicht phantasieren, da gibt es verschiedene Varianten, Sie haben sie selber eben schon genannt. Aber mein Wunschtraum ist es nicht.
Finthammer: Dies noch, Herr Stolpe: Gibt es für Sie überhaupt noch einen realistischen Termin, an dem die Maut eingeführt wird?
Stolpe: Ich habe da meine ganz klare Vorstellung, ich habe mir nur abgewöhnt, darüber zu reden. Meine Vorstellung hat sich auch ergeben aus Gesprächen mit den Partnern, aber ich habe leider bitter lernen müssen, dass bei dem ersten Versuch, einen Ausweichtermin zu nennen – nämlich den 2. November –, ich zum Schluss allein auf weiter Flur stand und ganz Deutschland glaubte, der Stolpe kriegt die Maut-Geräte nicht richtig gebaut.
Finthammer: Also, das zweite Quartal im kommenden Jahr wäre dann der einzig realistische Termin?
Stolpe: Ich habe eine etwas andere Vorstellung, aber ich überlasse die Benennung des Termins dem Lieferanten.