Auktion um Bundesliga-TV-Rechte
„Taktisch riesiger Fehler, das auszusetzen“

Eine Auktion soll klären, welche Sender wie viel Fußball-Bundesliga übertragen. Doch DAZN kritisiert einen Rechtsbruch und die DFL stoppt daraufhin das Verfahren. Ein Fehler?

Kevin Barth im Gespräch mit Sören Brinkmann | Text: Michael Borgers |
Fußball: Champions League, Atlético Madrid - Borussia Dortmund, K.o.-Runde, Viertelfinale, Hinspiele, Wanda Metropolitano. Michael Ballack, TV-Experte von DAZN für die UEFA Champions League, interviewt Dortmunds Trainer Edin Terzic (r).
DAZN überträgt nicht nur Fußball-Bundesliga, sondern hat auch internationale Spiele im Angebot, zuletzt etwa Atlético Madrid gegen Borussia Dortmund (picture alliance / dpa / Federico Gambarini)
Paket A, B, C oder D? Am Ende geht es in der Auseinandersetzung zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und den Sendern DAZN und Sky um diese Frage. Die Pakete bedeuten, welche Sender wie von einem Spieltag berichten dürfen. Nur die Konferenzen (A), die Topspiele am Samstag (C), die Sonntagsspiele (D) oder die meisten, insgesamt 196 Live-Spiele der 1. Bundesliga (B).
Aktuell ist B in der Hand von Sky, es gilt als das größte und attraktivste Paket. Und wohl genau deshalb wollte dieses Mal DAZN den Zuschlag dafür erhalten für den Zeitraum 2025/26 bis 2028/29. Übliche Verhandlungen, die alle vier Jahre stattfinden – und das in der Vergangenheit mehr oder weniger geräuschlos.
Doch nun das, die DFL stoppt die Auktion, wie zunächst die „Frankfurter Rundschau“ (FR) berichtet. DAZN attackiere den Verband und spreche von einem „Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung“, heißt es weiter. Und die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schreibt, die Fußball-Bundesliga stehe vor der „größten Finanz-Krise ihrer Geschichte“.
Und etwas ausführlicher: DAZN hatte im Wettbieten mit Sky am Montag nicht den Zuschlag erhalten, trotz des, nach Ansicht des Unternehmens, "finanziell überlegenen Angebots". Das verstoße gegen deutsches und europäisches Kartellrecht, heißt es in einem Schreiben von DAZN, aus dem die FR zitiert. Das Streaming-Unternehmen hat deshalb das Bundeskartellamt eingeschaltet, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht.

Kann das Bundeskartellamt überhaupt entscheiden?

Und was bedeutet das jetzt? Die Entscheidung der DFL, die Auktion auszusetzen, sei ein „taktisch riesiger Fehler“, sagt Mark E. Orth, Rechtsanwalt in Sportkartellrecht. Das Bundeskartellamt könne zwar urteilen, aber letztlich „nicht verbindlich sagen, wir machen das so oder so“, erklärt der Jurist gegenüber dem Deutschlandfunk. Das habe mit europäischem Kartellrecht zu tun. Orth erinnert an vergleichbare Entscheidungen in Spanien oder Frankreich in der Vergangenheit.
Am Ende müsse die Auktion wiederholt werden – doch mit besseren Angeboten für die DFL rechnet Orth dann nicht. Als Anwalt hat er selbst solche Rechtevergabeverfahren begleitet und weiß: „Eine Auktion lebt von der Unsicherheit für die Bieter.“ Doch nun wüssten Sky und DAZN ja jeweils von den Zahlen des anderen.
Die DFL wies die Vorwürfe in dem Schreiben von DAZN zurück. "Die hierin erhobenen Unterstellungen und Vorwürfe sind unzutreffend, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück", heißt es in einer Stellungnahme.

Verfahren soll fair, diskriminierungsfrei und transparent sein

Für Frederik Wiemer, ebenfalls Spezialist für Kartell- und Sportrecht, bleiben einige Unklarheiten. Etwa die, warum DAZN keine normale Bankgarantie oder eine andere ausreichende Sicherheit habe vorlegen können, oder ob die Frist zur Vorlage einer ausreichenden Sicherheit zu kurz bemessen und deshalb die Ausschreibung vielleicht nicht, wie vorgeschrieben, fair, diskriminierungsfrei und transparent erfolgt sei.
Auch fast acht Jahre nach seinem Start in Deutschland schreibt DAZN noch immer keine schwarzen Zahlen. Bislang hatte der Gründer und Besitzer des Senders, der aus der Ukraine stammende Unternehmer Leonard Blavatnik, die Verluste ausgeglichen. Doch damit sollte eigentlich Schluss sein, auch deshalb hatte der Sender seine Preise stark erhöht.
Doch eine grundlegende Frage sei, so Frederik Wiemer gegenüber dem Deutschlandfunk, ob die Vorgaben, die das Bundeskartellamt mal gemacht hat, „im Sinne von sowohl Wettbewerb als auch Verbrauchern sind“. Der Rechtsanwalt erinnert damit an das Jahr 2016, als die Behörde das Vermarktungsmodell für die Vergabe der Bundesligarechte gebilligt und sich die DLF damals erstmalig zu einem "Alleinerwerbsverbot" verpflichtet hat; was bedeutet, dass nicht ein Anbieter alleine alle Live-Spiele erstehen und verwerten darf.
Seitdem habe sich die Vergabe von Sportrechen im Bereich Fußball desaströs entwickelt. „Es ist ein ruinöser Wettbewerb zwischen den Anbietern entstanden, der auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen wird“, so Wiemer.
Um national und international alle Spiele einer bestimmten Mannschaft sehen zu können, seien inzwischen teure Abos bei zu vielen verschiedenen Anbietern nötig. Ob das wirklich im Sinne des Bundeskartellamts, das in seiner Doppelrolle Wettbewerbshüter und Verbraucherschützer ist, sei fraglich.

Experte: Ungewöhnliche Nebengeräusche

„Es ist auf jeden Fall ungewöhnlich, dass es diese Nebengeräusche gibt“, stellt Michael Schaffrath zur aktuellen Auseinandersetzung fest. Und für diese Nebengeräusche verantwortlich ist für den Münchner Sportkommunikations-Professor auch die aktuelle Führung der DFL. „Vielleicht wäre auch der Investorendeal mit einem anderen Kommunikationsverhalten anders verlaufen“, sagt Schaffrath.
Schaffrath hatte sich in dieser Woche bereits dagegen ausgesprochen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiterhin um eine Übertragung der Fußball-Bundesliga bemüht.
ARD und ZDF könnten gerne am Wettbewerb um die TV-Rechte "mitpokern, aber sie sollten dabei eine zentrale Frage beantworten", so Schaffrath im Deutschlandfunk: "Mit wie viel Gebührengeld von Millionen Haushalten will man denn die total überzogenen Spielergehälter und irrwitzigen Ablösesummen einiger hundert Fußballer mit alimentieren?"