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Strafverfahren gegen Infantino eröffnet
"Dieser Mann war ein enormer Stresstest für den Weltfußball"

Die Schweizer Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen FIFA-Präsident Gianni Infantino eröffnet. Hintergrund sind die geheimen Treffen zwischen Infantino und dem Leiter der Schweizer Bundesanwaltschaft, Michael Lauber. SZ-Redakteur Thomas Kistner glaubt, dass Infantino nun vor dem Aus steht.

Thomas Kistner im Gespräch mit Raphael Späth |
FIFA-President Gianni Infantino hätl beim 44. UEFA-Kongress in Amsterdam eine Rede
"Jede andere Lösung als dieser Mann ist besser, inklusive einer völlig fachfremden", meint SZ-Redakteur Thomas Kistner. (Getty Images / UEFA / Lukas Schulze)
Nach Angaben der Justizbehörden könne nun auch gegen Michael Lauber ein entsprechendes Verfahren eingeleitet werden. Bei den Vorwürfen geht es um Amtsmissbrauch, um die Verletzung von Amtsgeheimnissen sowie um Begünstigung. Die Treffen zwischen Infantino und Lauber fanden 2016 und 2017 statt. In dieser Zeit ermittelte die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen die FIFA wegen Korruption im Zuge der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar.
"Es besteht massive Verdunklungsgefahr"
Thomas Kistner von der SZ war maßgeblich daran beteiligt, diese Geheimtreffen aufzudecken. Das Strafverfahren bedeute für Infantino, dass er vor dem Aus stehe, sagt Kistner. Die Strafermittler sollten jetzt Durchsuchungen an allen relevanten Stellen in der FIFA durchführen. "Es besteht ja massive Verdunklungsgefahr". Der private Mailverkehr Infantinos mit seinem Rechtsberater Rinaldo Arnold sei bereits sehr ergiebig gewesen. "Es fehlen nur noch wenige Puzzleteile, um das Gesamtbild zusammenzusetzen."
Gianni Infantino auf dem Wahlkongress der FIFA
Dreht sich der Wind in der Schweizer Justiz?
Der umstrittene Schweizer FIFA-Ermittler Michael Lauber hat nach einem vernichtenden Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts seinen Rücktritt angeboten. Aber mit der Personalie sei es nicht getan, sagt Journalist Thomas Kistner. Nun müsse auch FIFA-Chef Gianni Infantino zur Rechenschaft gezogen werden.
Eine Zukunft ohne Gianni Infantino an der FIFA-Spitze sei der beste Weg, meint Kistner. "Jede andere Lösung als dieser Mann ist besser, inklusive einer völlig fachfremden. Dieser Mann war ein enormer Stresstest für den Weltfußball."
Entscheidung über Suspendierung noch offen
Im Falle einer Suspendierung Infantinos sei mit einem substantiellen Wandel in der FIFA zu rechnen, sagt Kistner. "Es würde ganz sicher so sein, dass der Weltfußballverband zum Stillstand käme, zu einer Besinnungspause, die ihm gut täte. Dann wäre damit zu rechnen, dass ungefähr in einem halben Jahr ein neuer Präsident bei einem Sonderparteitag gewählt wird."

Dafür muss die FIFA-Ethikkommission Infantino allerdings erst mal suspendieren. Wann die Entscheidung komme, sei noch unklar, sagt Kistner. Das hänge davon ab, ob Ethikchefin Claudia Rojas in der Lage sei, sich aus dem Kontrollgriff der FIFA zu befreien.