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Sexueller Kindesmissbrauch
Wie Ermittler im Internet vorgehen

Gerade bei sexuellem Kindesmissbrauch und Bildern davon im Internet fordert die Gesellschaft, dass die Täter hart bestraft werden. Doch welche Daten braucht die Polizei für eine effektive Strafverfolgung?

Von Ann-Kathrin Jeske | 20.10.2022
Symbolfoto zum Thema Kindesmissbrauch und Internetpornografie: Die Hände eines Mannes an einer Tastatur, daneben eine zerbrochene Kinderpuppe.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird über das Netz produziert und vertrieben – wo aber ist das richtige Maß zwischen Strafverfolgung und dem Schutz der Privatsphäre aller? (picture alliance / Felix Vogel)
Triggerwarnung: Der folgende Beitrag enthält Beschreibungen sexualisierter Gewalt, die verstörend und retraumatisierend wirken können.
„Der Kollege macht mir die Handyaufbereitung auf.“

Emmaly Baecker leitet das Dezernat 137 des Berliner Landeskriminalamts. Zuständigkeit: KiPo – Delikte im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Kinderpornografie, das sind Straftaten, die Kinder in sexualisierten Posen oder den sexuellen Missbrauch an ihnen auf Bildern und Videos zeigen.

„Was sind das? 377.000 Bilder?“

„Ja, steht da. Wird auch so sein. Das scrollt man schon eine ganze Weile.“

Die seltene Gelegenheit, eine Kriminalhauptkommissarin bei ihrer Arbeit aufzusuchen. Emmaly Baecker ist dabei, dass Smartphone eines Tatverdächtigen auszuwerten. Links auf dem Bildschirm kann Baecker sich durch die Apps auf dem Smartphone des mutmaßlichen Täters klicken – WhatsApp, ebay-Kleinanzeigen, seine Kontakte. Rechts ploppen die dazugehörigen Inhalte auf. Unter anderem 377.058 Bilddateien – darunter auch Bilder, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen.

„In dem Fall sehen Sie hier ein kleines Mädchen beim vollzogenen Oralverkehr, völlig unstrittig. Dann ein kleiner … das ist ein kleiner Junge, zirka fünf, sechs Jahre alt, auch beim Oralverkehr an einem erwachsenen Mann. Und hier sehen wir auch den Missbrauch eines kleinen Mädchens, sowohl oral als auch vaginal. Das Mädchen dürfte auch maximal im Grundschulalter sein.“

Ist das Sammeln von Daten ohne Tatverdacht rechtswidrig?

Schwere Straftaten und Bilder davon, die es nicht geben dürfte. Dieser gesellschaftliche Konsens dürfte in kaum einer anderen rechtspolitischen Frage so groß sein wie bei sexueller Gewalt gegen Kinder – die auch für das Netz produziert, im Netz vertrieben, angeschaut und geteilt wird. Doch gerade, weil die Einigkeit so groß ist, wird das Thema genutzt, um damit Politik zu machen. Mehr Geld und technische Mittel, mehr Befugnisse für die Ermittlungsbehörden, mehr Daten – das lässt sich besonders gut fordern, wenn es um den Schutz von Kindern geht.

„Wir brauchen maximalen Ermittlungsdruck. Daher müssen wir auch für die notwendigen Ermittlungsinstrumente sorgen. Die Speicherung der Daten, mit denen wir Täter identifizieren können, ist unbedingt erforderlich.“

Erklärte jüngst Bundesinnenministerin Nancy Faeser, nachdem der Europäische Gerichtshof die deutsche Vorratsdatenspeicherung – also das Sammeln von Daten ohne Tatverdacht – für rechtswidrig erklärt hatte. Wo also ist das richtige Maß zwischen effektiver Strafverfolgung und dem Schutz der Privatsphäre aller? Diese Frage wird häufig diskutiert, selten aber wird sich angeschaut, wie die Kriminalpolizei in solchen Fällen überhaupt ermittelt – und wo es hakt.

USA: Software durchsucht automatisch Videos und Bilder

„Die meisten Verfahren, die wir momentan in Bearbeitung haben, kommen über das sogenannte NCMEC, über das ‚National Center for Missing and Exploited Children‘. Klingt recht holprig, ist eine NGO aus den USA. Dort ist es so, dass die Provider verpflichtet sind, ihre Datenflüsse auf Spuren von Kinderpornographie und Jugendpornografie hin zu filtern. Und jegliches kinderpornografische Bild, was dort eben irgendwie über einen amerikanischen Dienst versendet wird, sei es Gmail oder Instagram, Facebook, löst dort einen sogenannten NCMEC-Report aus.“

Die US-Internetkonzerne nutzen also eine Software, die automatisiert die Kommunikation der User auf Bilder und Videos durchsucht, in denen Kindern sexuelle Gewalt angetan wird. Das National Center for Missing and Exploited Children, eine halbstaatliche Organisation, die unter anderem von der US-Regierung finanziert wird, schickt diese Daten nach Deutschland an das Bundeskriminalamt. Vom BKA gehen sie an die Polizeidienststellen der Länder. Was für Informationen bekommt die Ermittlerin auf diese Weise?

„Zum einen natürlich die auslösende Datei, die wir uns als Erstes anschauen, um zu sagen: ‚Gehen wir da mit, ist das Kinderpornographie? Ja, ist es, gut. Sie sehen hier, dass der ermittelnde Provider in dem Falle Snapchat ist und dann werden mitgeteilt, die Zeit, wann da was passiert ist. Und wir bekommen die Daten, die der User bei Snapchat über sich angegeben hat.“

Emmaly Baecker blättert durch eine Ermittlungsakte. Die Ermittlerin sieht den User-Namen, den sich der mutmaßliche Täter bei Snapchat gegeben hat. Das von ihm angegebene Geburtsdatum und seine E-Mail-Adresse.

„Das muss nicht unbedingt stimmen. Man kann ja durchaus im Internet auch schwindeln.“

Hier aber wirken E-Mail-Adresse und Username so, als könnte der Täter seinen Klarnamen angegeben haben. Erhärtet sich dieser Verdacht, übergibt die Ermittlerin den Fall der Staatsanwaltschaft, die bei Gericht einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss beantragt.

Neue alte Debatte über Vorratsdatenspeicherung

Verfügen die Ermittlungsbehörden also längst über genügend Daten, um Tatverdächtige zu identifizieren? Oder fehlen in entscheidenden Situationen doch immer wieder wichtige Informationen?

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur deutschen Vorratsdatenspeicherung ist die alte Debatte über ein Zuviel oder Zuwenig an Datenschutz wieder neu in Gang gekommen. Das Gericht hatte die deutsche Regelung zwar für europarechtswidrig erklärt, der Bundesregierung aber Spielraum für eine Neuregelung gelassen.
„Die einen sagen, ohne Vorratsdatenspeicherung würden Kindesmissbrauch und ähnlichen Straftaten Tür und Tor geöffnet werden. Und das andere Lager sagt: Mit Vorratsdatenspeicherung kommen wir in eine Totalüberwachung und eine Vollüberwachung des gesamten Kommunikationsverhaltens der Bürgerinnen und Bürger hinein.“

Alvar Freude war Sachverständiger in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Bundestags und ist heute beim Landesdatenschutzbeauftragten in Baden-Württemberg angestellt. Der Datenschutzexperte prägt die Debatte seit Jahren mit.

„Beides sind Extrempositionen, die nur sehr begrenzt stimmen und deswegen sollte man sich anschauen, auf welche Teile der zu speichernden Daten denn die jeweiligen Aussagen passen.“

Wie Quick-Freeze und IP-Adressen Ermittlern helfen

In der aktuellen Debatte geht es um ganz bestimmte Daten, die sogenannten ‚IP-Adressen‘. Nur für diese Daten erlaubt der EuGH eine Vorratsdatenspeicherung. Grundsätzlich ist es also verboten, die Daten von Bürgerinnen und Bürgern anlasslos zu speichern, also ohne, dass es den Verdacht einer Straftat gibt. Anders bei den IP-Adressen. Das sind Zahlenabfolgen, mit denen zugeordnet werden kann, von welchem Internetanschluss sich eine Person eingeloggt hat. Im Fall von Emmaly Baecker hätte der Ermittlerin die IP-Adresse vor allem dann weitergeholfen, wenn sich der Tatverdächtige nicht mit seinem Klarnamen, sondern mit einem Fake-Profil bei Snapchat angemeldet hätte. Dann käme sie ohne die IP-Adresse häufig nicht weiter, erzählt die Ermittlerin. Auch heute schon fragt sie in solchen Fällen beim Internetanbieter ab, welcher Kunde hinter dieser IP-Adresse steckt. Allerdings sind die Internetprovider nicht gesetzlich verpflichtet, die Daten für eine gewisse Zeit zu speichern. Es ist also Zufall, ob die IP-Adresse zum Zeitpunkt der Abfrage noch gespeichert ist oder nicht. Ein Nicht-Löschen, ein Einfrieren der Daten, wozu die Bundesregierung unter dem Stichwort ‚Quick-Freeze‘ gerade einen Referentenentwurf erarbeitet, hält Baecker deshalb für sinnvoll.

Wie sehr Quick-Freeze in der Praxis tatsächlich hilft, dürfte allerdings vor allem davon abhängen, wie genau das Verfahren ausgestaltet wird – vor allem, ob weiter auf die zufällige Speicherung durch Unternehmen gesetzt wird oder sie verpflichtet werden, IP-Adressen beispielsweise eine Woche zu speichern. Beides ist de facto eine Vorratsdatenspeicherung. Allerdings eine, die der Datenschutzexperte Alvar Freude für einen gangbaren Kompromiss hält.

„Der wesentliche Grund dafür ist, dass damit keine Vollüberwachung des Nutzerverhaltens im Internet möglich ist, sondern dass man damit nur im Nachhinein feststellen kann, dass eine bestimmte Person zum Beispiel einen bestimmten Inhalt auf einer Webseite gepostet hat beziehungsweise ein Anschlussinhaber.“

Was eine "Chat-Kontrolle" bringen würde

Deutlich kritischer wird unter Datenschutzaspekten derzeit eine ganz andere Regelung diskutiert. Die EU-Kommission will eine Verordnung zur sogenannten Chat-Kontrolle auf den Weg bringen. Der Vorschlag der Kommission wurde im Oktober zunächst im Ausschuss für Bürgerliche Freiheit, Justiz und Inneres des Europaparlaments vorgestellt und diskutiert (*). Die Regelung hat es in sich: Die Chat-Kontrolle würde dazu führen, dass die gesamte Online-Kommunikation aller EU-Bürgerinnen und -Bürger auf kinderpornografisches Material hin durchsucht würde. E-Mails, WhatsApp Nachrichten, Tiktok-Videos, Kommunikation über Dating-Portale – alles würde anlasslos gescannt.

„Unsere Forderung ist ganz eindeutig: Es darf keine Überwachung von völlig unverdächtigen Menschen und der gesamten Bevölkerung geben.“

Erklärt Patrick Breyer, Abgeordneter im Europäischen Parlament für die Piratenpartei.

„Allenfalls darf sich so was beziehen auf Personen, die einen Grund dafür gegeben haben, überwacht zu werden mit richterlicher Anordnung, also gezielte Überwachung.“

Doch genau diese Reduktion auf gezielte, personenbezogene Überwachung sieht die EU-Verordnung – anders als der Vorschlag zum deutschen Quick-Freeze Verfahren – nicht vor. Grüne und FDP waren in Deutschland deshalb von Beginn an gegen die Chat-Kontrolle, während Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD anfangs durchaus Sympathien für die Regelung hatte. Faeser lieferte noch im September ein Argument, das erklärt, warum so viele EU-Staaten die Chat-Kontrolle befürworten:

„Ich finde, da sollten wir uns auch ein Stück weit ehrlich machen. Wir können nicht aus anderen Ländern Daten nehmen, aber, wenn wir in Deutschland zulässige Methoden haben, um Daten zu erwerben und dazu die Freiheitsrechte wahren können, dann ist das sicherlich die bessere Alternative als Daten nur noch aus dem Ausland zu nutzen.“

Europa ist abhängig von US-Hinweisen

Worauf Faeser anspielt: Vom Prinzip her ist die sogenannte Chat-Kontrolle das Pendant zu den NCMEC-Reports aus den USA. So, wie die US-Organisation ‚National Center for Missed and Exploited Children‘ dem BKA heute Hinweise auf Bilder und Videos von sexuellem Kindesmissbrauch von US-Internetunternehmen liefert, will auch die EU Unternehmen dazu verpflichten. Denn: Auf eben solche Hinweise, die NCMEC-Reports, stützen die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland aktuell einen Großteil ihrer Ermittlungen. Das erklärten auf Anfrage des Deutschlandfunk ausnahmslos alle 16 Landeskriminalämter.

Momentan ist die Abhängigkeit in Europa von US-Hinweisen also groß. Ist es da nicht richtig – oder, wie die Bundesinnenministerin sagt, „ehrlich“, eine Regelung zu finden, die Unternehmen in Europa in die Pflicht nimmt? Nein, sagt der Europaabgeordnete Patrick Breyer, weil man mit der Chat-Kontrolle organisierte Täternetzwerke gar nicht erreiche.

„Wir wissen zum Beispiel aus dem Fall Boystown, dass die Beteiligten an diesem Kinderporno-Ring so vorgegangen sind, dass sie Videos und Bilder strafbaren Inhalts in ein Archiv verschlüsselt haben, das hochgeladen haben auf einen kommerziellen Speicherdienst und dann quasi den Link dorthin mitsamt Passwort geteilt haben in geschlossenen Foren.“

Solche Links würden von der Chat-Kontrolle aber nicht erkannt, weil der Link eben keinen direkten Bild- oder Videoinhalt enthält.

„Deswegen läuft die Chat-Kontrolle total leer gegen die Methoden, die tatsächlich von den organisierten Verbrechern hier eingesetzt werden.“

Breyers Vorwurf: Mit der Chat-Kontrolle finde man vor allem Täter, die im Umlauf befindliches Bild- und Videomaterial besitzen und verbreiten würden, komme aber nicht an die Hintermänner, die das Material herstellen und den Missbrauch an den Minderjährigen begehen. Stimmt das?

NRW: Kampf gegen Kinderpornografie als Schwerpunkt

Nachgefragt bei der Zentralen Auswertungs- und Sammelstelle Kinderpornografie im Landeskriminalamt NRW. Hier wurden unter anderem die riesigen Datenmengen der großen Missbrauchsfälle von Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster ausgewertet. Doch Leiter Sven Schneider bleibt, wie viele Ermittlerinnen und Ermittler, vage.

„Im Großen und Ganzen ist es so, dass wir natürlich als Polizei auch im Darknet unterwegs sind, wie ja auch in den einschlägigen Foren sind und dort auch, ja, das Monitoren.“

Immerhin gilt das Land NRW in Deutschland als Vorreiter. 2019 hatte die Landesregierung den Kampf gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch zum kriminalstrategischen Schwerpunkt erhoben und steckt seitdem viel Geld in den Bereich.  

„Wir haben seit 2019 natürlich unser Personal fast verfünffacht. Also in den letzten drei, dreieinhalb Jahren setzen wir sowohl im Landeskriminalamt als auch in den Kreis-Polizeibehörden fast das Fünffache an Personal ein.“

Trotzdem kann Sven Schneiders Team momentan nicht mehr an der Aufdeckung großer Kinderpornografie-Ringe mitarbeiten. Aktuell sind seine 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derart ausgelastet mit der Verarbeitung der NCMEC-Hinweise, dass für andere Ermittlungen keine Zeit mehr bleibt. Denn die Hinweise werden immer mehr. Waren es deutschlandweit 2021 mehr als 80.000, wird für 2022 ein neuer Rekord von 120.000 Hinweisen erwartet. Wenn nun auch noch die Chat-Kontrolle per EU-Verordnung eingeführt würde, dürfte die Datenmenge noch einmal zunehmen. Sven Schneider befürwortet sie trotzdem, weil er sich durch ein geplantes EU-Zentrum, das die Daten an die Mitgliedsstaaten weiterreichen soll, Erleichterung erhofft.

Klassische Ermittlungsarbeit nicht zu ersetzen

Dennoch bleibt die Frage, ob diese aus Chats gewonnenen Hinweise auch zu den Herstellern von Kinderpornografie und zu den Tätern des sexuellen Missbrauchs führen würden. Der Kriminologe Thomas Rüdiger von der Hochschule der Polizei in Brandenburg ist skeptisch:

„Die, die wirklich gut und effektiv ihre Maßnahmen behindern, die Strafverfolgung, die kriegt man mit den gegenwärtigen Mechanismen sowieso nicht, die kriegst du fast immer nur mit klassischen kriminalistischen Ermittlungsmethoden, zum Beispiel im Darknet, in dem man Zugang zu diesen Netzwerken in irgendeiner Form bekommt und das dann aufrollt.“
Vor allem, indem sich verdeckte Ermittler in entsprechenden Foren einloggen und dort virtuell erstelltes Material tauschen, um Kontakte in die Szene zu knüpfen. Das ist oft langwierige, zähe Ermittlungsarbeit. Wie viele verdeckte Ermittler im Internet unterwegs sind, wie viele im Darknet oder geschlossenen Foren in sogenannten anlassunabhängigen Internetrecherchen ermitteln, lässt sich allerdings nicht sagen. Die Landeskriminalämter machen hierzu keine Aussagen. Es dürfte aber nur ein kleiner Teil sein, weil die Bearbeitung der NCMEC-Reports den Großteil der Ermittlungsarbeit ausmacht. Anstelle von noch mehr Daten durch die Chat-Kontrolle fordert der Cyberkriminologe Thomas Rüdiger deshalb bessere Programme zur Datenverarbeitung und mehr verdeckte Ermittler für den Digitalbereich.

Fehlende Medienkompetenz bei Kindern: "Schulhofpornografie"

Ein weiterer Hinweis darauf, dass organisierte Kriminelle mit den NCMEC-Hinweisen nur selten gefunden werden: Unter den Tatverdächtigen sind immer mehr Minderjährige. Kriminalhauptkommissarin Emmaly Baecker spricht von sogenannter „Schulhofpornografie“.  

„Da ist keine pädosexuelle Orientierung dahinter, sondern ein sehr, sehr abwegiger und schräger Humor und fehlende Medienkompetenz und das ist wirklich für uns eine wahre Plage inzwischen, diese Verfahren zu bearbeiten, weil das uns eigentlich von denen abhält, hinter denen wir gerne hinterher sind.“
In Chat-Gruppen schicken sich Kinder und Jugendliche immer häufiger Bilder und Videos, die Kindesmissbrauch zeigen. Meist ohne zu wissen, dass sie sich dabei strafbar machen, wenn sie über 14 Jahre alt sind. Das Problem ist groß: Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik geht hervor, dass inzwischen 54 Prozent der Tatverdächtigen von Kinderpornografie-Delikten im Internet minderjährig sind. Der Grund für diese Entwicklung ist eine Strafrechtsverschärfung, die der Bundestag 2021 auf den Weg gebracht hat. Seither ist das Herstellen, der Erwerb, das Verbreiten und der Besitz von Kinderpornografie ein Verbrechenstatbestand. So sagt es der Gesetzestext. Die Staatsanwaltschaft darf solche Fälle anders als vorher kaum noch einstellen.

Alle – Ermittlerinnen, Kriminologen und Datenschutzexperten – fordern deshalb einstimmig mehr Prävention. Wenn Kinder und Jugendliche sich untereinander Bildmaterial von Kindesmissbrauch schickten, zeige das ein fehlendes Bewusstsein für das Unrecht, das dort passiert.

Cyberkriminologe Thomas Rüdiger verweist auf einen weiteren Umstand:

„Das heißt, mit dem Ansteigen der Kinder und Jugendlichen als Tatverdächtige ist auch naheliegend, dass die Aufklärungsquote entsprechend ansteigt. Weil ein 15-Jähriger ist vermutlich einfacher zu überführen als ein 54-Jähriger, der im Darknet entsprechende Maßnahmen betreibt.“

2021 lag die Aufklärungsquote statistisch bei 92 Prozent. Bei 54 Prozent minderjährigen Tatverdächtigen ist das keine besonders aussagekräftige Zahl. Fraglich bleibt vor allem, ob und in welcher Zahl die eigentlichen Hintermänner aufgespürt und vor Gericht gestellt werden konnten.
(*) In einer ersten Fassung war vermerkt, dass das EU-Parlament der Verordnung bereits zugestimmt habe. Es wird jedoch noch darüber verhandelt.