Strafvollzug in Russland "In der Zone bist du ein Stück Vieh"
In Russland kommen knapp 400 Häftlinge auf 100.000 Einwohner. Das sind fünf Mal so viele wie in Deutschland. Folter, Schikane, mangelnde medizinische Versorgung - die Haftbedingungen in den "Zone" genannten Gefängnissen sind Gegenstand ständiger Beschwerden.
Viele Lager und Lagertraditionen stammen noch aus Zarenzeiten. Versuche, den Justizvollzug zu reformieren, gehen nur sehr schleppend voran. Die Wärter sind schlecht bezahlt, das fördert Korruption. Häftlinge, die arbeiten, erhalten nur wenig Lohn. Sitzt jemand in Russland im Knast, ist die Verwandtschaft damit beschäftigt, sein Überleben zu sichern – mit Essenspaketen und Geldzuwendungen.
An die Zukunft der Häftlinge nach der Entlassung denkt kaum jemand. Das Thema Resozialisierung – etwa durch das Erlernen von Berufen in der Haft - ist in Russland kaum eines, dementsprechend hoch ist die Rückfallquote: Wer einmal saß, sitzt oft wieder.
Eine Reportage in fünf Teilen.
Was russische Häftlinge vom Alltag hinter Gittern berichten Folter, Schikane, Ratten in den Zellen: Die Zustände in russischen Gefängnissen sind Dauerthema am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Besuch in einer Haftanstalt wurde unserer Reporterin nicht genehmigt - doch am Telefon schildern ihr Gefangene die schlechte Versorgungslage.
Einsatz für einen humanen Strafvollzug Ein Folter-Video aus Jaroslawl an der Wolga hat für Aufsehen gesorgt. 15 Gefängniswärter stehen nun vor Gericht. In derselben Stadt versuchen Helfer wie Julia Wachapowa, den Gefangenen das Leben zu erleichtern. Manchmal treffen Aktivisten und Strafvollzugsbeamte im Supermarkt aufeinander.
Karger Lohn für Gefangene In russischen Gefängnissen wird billig produziert. Die Löhne der Häftlinge sind niedrig, oftmals bekommen sie überhaupt nur einen Teil ausgezahlt. "Arbeiten, ehe sie dich wieder einlochen", ist die Devise der Gefangenen, die rauskommen. Denn die Rückfallquote ist hoch.
Entlassen, aber nicht frei Die "Besserungskolonien" genannten russischen Gefängnisse sollen auch die Resozialisierung der Häftlinge unterstützen. Doch diesem Anspruch wird der Strafvollzug häufig nicht gerecht. Sanja wurde nach 23 Jahren aus einem Lager entlassen und sucht noch immer seinen Platz in der Gesellschaft.
Aus der Sicht des Systems Sergej Bronnikow trainiert Häftlinge in russischen Strafkolonien im Stemmen von Kugelhanteln. Wie viele Mitarbeiter im Strafvollzug setzt er auf Disziplin. Manchen seiner Schüler hat das tatsächlich auf den richtigen Weg gebracht. Der Umgang mit Gefangenen in Russland steht dennoch in der Kritik.