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Strafzölle
Winzer fürchten um US-Geschäft

Die USA sind das wichtigste Exportland für deutsche Weine. Die neuen US-Strafzölle in Höhe von 25 Prozent treffen nun aber auch die deutschen Winzer. Bislang fangen die Winzer gemeinsam mit den Exportpartnern die Teuerungen selbst auf, mittelfristig fürchten sie aber um den US-Absatzmarkt.

Von Anke Petermann | 29.10.2019
Gelbe Weinbergreihen im Herbst bei Piesport / Mosel
US-Strafzölle für EU-Länder treffen auch die deutschen Weinbauer (www.imago-images.de)
Er überwacht im Keller die Gärung des 2019er Jahrgangs, sie kümmert sich um den Absatz des Weins: So die Arbeitsteilung im Doppel-Weingut Schneider Müller im rheinhessischen Nierstein südlich von Mainz. Im Fokus des Marketings: die USA. 30 Prozent ihrer Weine exportiert sie dorthin, sagt Ursula Müller:
"Für uns sind die USA ein stark gewachsener Markt, wir exportieren schon ungefähr 30 Jahre dorthin, immer mit dem gleichen Importeur, und haben dort Stück für Stück den Markt bearbeitet. Viele Reisen, viele Besucher, die wir hier verköstigt haben, Weinproben vor Ort, immer wieder erzählt von unserem Produkt, unseren Weinen, unserer Gegend, unseren Böden, und so ist es dann eben Stück für Stück gewachsen. Also ein hoher Input, der da stattgefunden hat, um einen gewissen Marktanteil erreicht zu haben."
Strafzölle belasten USA-Geschäft
Unter normalen Umständen wäre Ursula Müller demnächst erneut in die die USA gereist. Doch das steht angesichts der Strafzölle nun in Frage.
"Es ist eine Kostenfrage. So eine Reise kostet Geld, und wenn der Markt strauchelt - und das wird er tun, wenn die Weine 25 Prozent teurer werden oder auf der anderen Seite hohe Rabatte fällig sind - dann muss man ganz klar jeden Kostenblock in Frage stellen."
Die Strafzoll-Krise hat die Handelspartner dies- und jenseits des Atlantiks bislang nicht auseinanderdividiert: mit den "Rabatten", von denen die Winzerin spricht, haben sie gemeinschaftlich zumindest eine Übergangslösung ersonnen, um Märkte zu halten.
Kooperation mit den Handelspartnern
"Wir versuchen im Moment, mit allen Partnern in unserer Exportkette diese 25 Prozent zu schultern, sodass der Kunde am Regal oder im Restaurant kaum Preiserhöhungen spürt. Für uns war es wichtig, dass, bevor nicht alle Entscheidungen getroffen sind - und im Januar gibt es ja dann noch mal Gespräche - dass man so lange versucht, Listungen, Platzierungen zu halten. Die sind lange erarbeitet, lange erkämpft. Mit 25 Prozent Preiserhöhung wird aber kein Restaurant oder kein Händler sagen: Wir halten euch. Sondern man muss jetzt versuchen, diese 25 Prozent erstmal einzukalkulieren, dass es am Regal eben der gleiche Preis bleibt."
Tauglich als erste Hilfe, das sieht auch Monika Reule so, Geschäftsführerin des Deutschen Weininstituts im rheinhessischen Bodenheim:
"Nur - langfristig müssen die Winzer natürlich auch von ihren Weinen leben und auch die Exporteure beziehungsweise die Importeure dieser Weine, und sie können da nicht aus eigener Tasche drauf zahlen, damit die Weine auf dem preislichen Niveau bleiben, auf dem sie bisher waren, also das ist sicherlich nur eine kurzfristige Lösung."
Hoffen auf Verhandlungslösung
So lange man noch auf eine Verhandlungslösung in Gesprächen Anfang des Jahres hoffen kann. Und zwar, so präzisiert Ursula Müller, eine Lösung, die innerhalb der Flugzeugbau-Sparte bleibt und fremde Branchen nicht berührt. In jedem Fall aber, so meint Weininstituts-Chefin Reule:
"Jeder Erzeuger, der in die USA exportiert, ist gut beraten, sich zu überlegen, wie er den eventuell entstehenden Schaden ausgleichen kann. Und dann kann man den Betrieben eigentlich nur raten: Sucht euch andere Exportmärkte und versucht euch dort ein weiteres Standbein aufzubauen."
Ursula Müller vom Weingut Schneider Müller in Nierstein prognostiziert: "Na, das Problem ist ja, wenn es bei den 25 Prozent bleibt, werden sich das alle überlegen - und das wird natürlich auch Folgen für die anderen Märkte haben, da wird es einen größeren Preiskampf geben. Von daher ist das für uns natürlich ein Thema, wir wollen uns breiter aufstellen, und das machen wir."
Suche nach neuen Absatzmärkten
In Skandinavien und Osteuropa hat Ursula Müller schon neue Kunden gewonnen.
"Aber es wäre schön, wenn der amerikanische Markt weiterhin attraktiv für alle bleibt."
Ausgleichszahlungen zu verlangen, wie manche Winzer das jetzt tun, scheint weder Monika Reule vom Deutschen Weininstitut noch der Co-Chefin des Weinguts Schneider Müller zielführend.
"Es ist für uns alle dann am Ende nur ein riesengroßer bürokratischer Aufwand. Wir wollen ja eigentlich unseren Wein verkaufen und damit unser Geld verdienen."
Dass Rieslinge vom berühmten Roten Hang in Nierstein Amerikanern weiterhin schmecken, daran hat die Winzerin keinen Zweifel.
"Leichte Weine, relativ alkoholarm, und trotzdem mit unglaublich viel Extrakt und Geschmack."
Doch ob sie für US-Läden, Restaurants und Konsumenten bezahlbar bleiben - das entscheidet die Politik.