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Strahlender Wiederaufbau

In Japan wurde im Zement eines neu gebauten Hauses Radioaktivität in beunruhigender Höhe gefunden. Für den Baustoff wurde Material aus einem Steinbruch im Nordwesten des havarierten Atomkraftwerkes Fukushima verwendet. Der Ort wurde erst Wochen nach der Katastrophe evakuiert.

Von Peter Kujath |
    Das hätte eigentlich verhindert werden müssen. In der Präfektur Fukushima, in der auch das gleichnamige, havarierte Atomkraftwerk steht, sind bei einem im Juli errichteten Gebäude höhere, radioaktive Werte gemessen worden. Eine genauere Untersuchung hat ergeben, dass im Zement Cäsium steckt, das im März aus Fukushima 1 ausgetreten war. Die Kette lässt sich relativ leicht zurückverfolgen. Einer der Bestandteile des verwendeten Zements sind Steine aus einem Werk in Namie. Teile des Ortes im Nordwesten des Atomkraftwerkes erklärte die Regierung erst am 22. April zur Evakuierungszone. Bis dahin wurde dort regulär gearbeitet. Und da wegen der Schäden durch das Erdbeben Baufirmen eine Menge Aufträge zu erledigen hatten, hatte auch der Steinbruch in Namie viel zu tun. 5200 Tonnen sind in der Zeit geliefert worden.

    ""Ich war stolz darauf, dass ich im März und April Materialien bereitstellen konnte, die für den Wiederaufbau genutzt wurden. Ich war mir überhaupt nicht bewusst, dass die Stoffe radioaktiv belastet sein könnten","

    gestand der Chef des Werkes in einem Interview mit dem japanischen Fernsehen. Ihm ist die Unwissenheit durchaus abzunehmen. Verbindliche Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Baumaterialien gibt es bis heute nicht. Die Regierung schaffte es in den ersten Wochen nach der Atomkatastrophe nicht, die notwendigen Informationen zu nutzen. Berechnungen des computergestützten Vorhersagemodells, Speedi, wurden erst am 23. März veröffentlicht. Aber es dauerte noch einen Monat, ehe die Orte evakuiert wurden, an denen sich besonders viel Radioaktivität angesammelt hatte. Dazu gehörten auch Teile von Namie mit einer Strahlenbelastung von bis zu 100 Millisievert pro Jahr. Über die Produkte aus diesen Gegenden machte sich keiner Gedanken. Rund 200 Konstruktionsfirmen haben den Zement verwendet, der mithilfe der Steine aus Namie hergestellt wurde. Zum Teil wurden Straßen ausgebessert, Abwasserkanäle gebaut, aber auch Gebäude errichtet.

    ""Ich habe nichts davon gewusst und bin ziemlich geschockt." - "Ich mache mir schon ein wenig Sorgen, ob ich hier leben soll","

    so Bewohner eines Gebäudes in Nihonmatsu in Fukushima. Bei einer Studie über die radioaktive Belastung in der Präfektur waren die erhöhten Werte ans Licht gekommen. Die Werte im Erdgeschoss sind in etwa doppelt so hoch wie in der Umgebung und können sich auf 10 Millisievert pro Jahr addieren. Der Grenzwert für eine Evakuierung beträgt derzeit 20 Millisievert pro Jahr.

    ""Es ist schon ein wenig absurd, dass wir jetzt an einem Ort leben mit hohen radioaktiven Werten, obwohl wir ja gerade aus diesem Grund evakuiert werden mussten. Ich habe kein gutes Gefühl. Dabei habe ich mich gerade begonnen, hier sicher zu fühlen","

    so eine Bewohnerin in dem betroffenen Gebäude in Nihonmatsu, die ihre Heimat in der Nähe des havarierten Kernkraftwerks Mitte März verlassen musste. Die betroffenen Firmen haben von sich aus begonnen, ihre Kunden zu informieren, dass der Zement möglicherweise radioaktiv belastet sein könnte. Seitens der japanischen Regierung ist bisher nicht viel mehr dazu gesagt worden, als dass die Belastung keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung darstellt.