Im Eingang der Redaktion in der Hamburger Innenstadt ist ein langer Kaffeetresen aufgebaut, mit bunten Tassen und großen Thermoskannen darauf. Im Raum verteilt an Bistrotischen stehen und sitzen etwa 30 Verkäufer, meist Männer in dicken Jacken oder Anoraks. Rechts an der Wand ein weiterer Tresen, über den stapelweise das Monatsmagazin geht.
22 Euro in Münzen rattern durch eine Zählmaschine. 1,10 Euro kostet das Magazin den Verkäufer. Für 2,20 kann er es auf der Straße weiterverkaufen. Der Gewinn gehört ihm.
Vom Tresen fällt der Blick durch ein breites Fenster direkt in das Büro von Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter, seit 23 Jahren dabei. Er unterstützt die Verkäufer bei der Wohnungssuche, hilft bei Stress mit dem Amt und würdigt auch die kleinen Schritte, die ehemalige Obdachlose, Alkohol- und Drogensüchtige durch den Zeitungsverkauf gehen.
22 Euro in Münzen rattern durch eine Zählmaschine. 1,10 Euro kostet das Magazin den Verkäufer. Für 2,20 kann er es auf der Straße weiterverkaufen. Der Gewinn gehört ihm.
Vom Tresen fällt der Blick durch ein breites Fenster direkt in das Büro von Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter, seit 23 Jahren dabei. Er unterstützt die Verkäufer bei der Wohnungssuche, hilft bei Stress mit dem Amt und würdigt auch die kleinen Schritte, die ehemalige Obdachlose, Alkohol- und Drogensüchtige durch den Zeitungsverkauf gehen.
"Es ist wichtig zu sehen, wenn jemand seine Zähne sanieren lässt, dass es schon ein super Erfolg ist."
"Würde und Geld direkt auf die Hand"
Mit am Tisch sitzt Chefredakteurin Birgit Müller. Die beiden tauschen sich ständig aus. Das journalistische Produkt "Hinz & Kunzt" und die Lobby- und Sozialarbeit dahinter ließen sich nicht trennen, sagt Müller. Sie hat die Zeitung vor 25 Jahren mitgegründet.
"'Hinz und Kunzt' ist angetreten, um dem Verkäufer Würde und Geld direkt auf die Hand zu geben. Und das andere ist, dass wir ein Sozialmagazin für Hamburg sein wollen, Greenpeace fürs Soziale. Und zwar eben auch dadurch, dass wir direkte Hilfe bieten, mit Cash, mit Sozialarbeit und Kontakt."
"'Hinz und Kunzt' ist angetreten, um dem Verkäufer Würde und Geld direkt auf die Hand zu geben. Und das andere ist, dass wir ein Sozialmagazin für Hamburg sein wollen, Greenpeace fürs Soziale. Und zwar eben auch dadurch, dass wir direkte Hilfe bieten, mit Cash, mit Sozialarbeit und Kontakt."
Die Probleme der Verkäufer spiegeln sich im Blatt wider: Schwerpunkte sind Obdachlosigkeit, Armut, Zuwanderung, schlecht bezahlte Arbeit und fehlende oder überteuerte Wohnungen.
Recherchen mit Bezug zur Lebenswelt der Obdachlosen
Die rund 530 Verkäufer sind für die Redaktion auch Informanten, die mit ihren Erzählungen am Kaffeetresen oder bei Sozialarbeiter Karrenbauer selbst Recherchen anstoßen.
"Über Nacht wurden die Mülleimer hier mal ausgewechselt in der Innenstadt. Das haben auch Wohnungslose nachts mitbekommen. Das sind Hochleistungsmülleimer, die die siebenfache Menge des Mülls, solargesteuert und gepresst..., wunderbare Geschichte. Aber: Die Obdachlosen oder arme Leute konnten keine Flaschen mehr sammeln."
"Hinz & Kunzt" berichtete, andere Medien griffen das Thema auf.
"Und da wurde der Druck so massiv, dass überall Pfandregale aufgebaut wurden."
"Hinz & Kunzt" berichtete, andere Medien griffen das Thema auf.
"Und da wurde der Druck so massiv, dass überall Pfandregale aufgebaut wurden."
Journalismus mit konstruktivem Ansatz
Doch funktioniert das, Journalismus, der deutlich Position bezieht? Müller stellt klar, dass sich die Redaktion an handwerkliche Standards hält.
"Wir haben natürlich unsere Erfahrungen, aber stellen auch immer die Gegenseite dar. Unser ganz wichtiges Kapital, was wir haben, ist unsere Glaubwürdigkeit."
In einem Punkt unterscheide sich "Hinz & Kunzt" aber von anderen Medien.
"Wir haben natürlich unsere Erfahrungen, aber stellen auch immer die Gegenseite dar. Unser ganz wichtiges Kapital, was wir haben, ist unsere Glaubwürdigkeit."
In einem Punkt unterscheide sich "Hinz & Kunzt" aber von anderen Medien.
"Wir sind nicht angetreten, um Skandale zu suchen, sondern um Lösungen zu suchen."
Die Zeitung ist damit auch eine Vorreiterin des konstruktiven Journalismus, der in Deutschland noch kaum verbreitet ist.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Standing, unsere Beliebtheit daher rührt, obwohl wir ein Projekt sind, das sich um Menschen kümmert, die am Rande der Gesellschaft stehen, denen es schlecht geht, dass wir ein positives Projekt sind."
Die Zeitung ist damit auch eine Vorreiterin des konstruktiven Journalismus, der in Deutschland noch kaum verbreitet ist.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Standing, unsere Beliebtheit daher rührt, obwohl wir ein Projekt sind, das sich um Menschen kümmert, die am Rande der Gesellschaft stehen, denen es schlecht geht, dass wir ein positives Projekt sind."
120 Stammkunden
Abschaffen aber konnte "Hinz & Kunzt" die Obdachlosigkeit nicht. Das Problem wachse sogar.
"Unser Erfolg liegt auf einer anderen Ebene: Wer Obdachlosigkeit in dieser Stadt nicht ernst nimmt, und dafür gab es schon einige politische Beispiele, der hat es hier schwer."
"Unser Erfolg liegt auf einer anderen Ebene: Wer Obdachlosigkeit in dieser Stadt nicht ernst nimmt, und dafür gab es schon einige politische Beispiele, der hat es hier schwer."
Als lebendes Mahnmal dafür steht Uwe Dierks direkt unter dem Rathaus, am Ausgang der U-Bahnstation. Der 74-Jährige ist der dienstälteste Verkäufer, seit Ausgabe Nummer eins dabei.
Er schätze an dem Job, "dass ich auf ehrlichere Art und Weise mein Geld verdiene, als so".
Dierks hält demonstrativ die Hand auf. Als Verkäufer ist er anerkannt, die Passanten grüßen ihn, etwa 120 Stammkunden habe er. Zweimal schon war er selbst auf dem Titel von "Hinz & Kunzt":
"Ich musste Autogramme schreiben."
Für eine Fotoreportage auf Helgoland und mit dem Bundesverdienstkreuz der Chefredakteurin am Revers. Zum Jubiläum rechnet er schon fast routiniert mit einer weiteren Auszeichnung:
Dierks hält demonstrativ die Hand auf. Als Verkäufer ist er anerkannt, die Passanten grüßen ihn, etwa 120 Stammkunden habe er. Zweimal schon war er selbst auf dem Titel von "Hinz & Kunzt":
"Ich musste Autogramme schreiben."
Für eine Fotoreportage auf Helgoland und mit dem Bundesverdienstkreuz der Chefredakteurin am Revers. Zum Jubiläum rechnet er schon fast routiniert mit einer weiteren Auszeichnung:
"Dann krieg ich auch ne Ehrung dann wieder wohl."