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Straßenradsport
Drei traditionelle Frühjahrsrennen wegen Coronavirus abgesagt

Das Coronavirus beeinflusst jetzt auch den italienischen Straßenradsport. Drei traditionelle Frühjahrsrennen sind abgesagt worden: das Lehmstraßenrennen Strade Bianche, die Fernfahrt Tirreno-Adriatico und auch der Frühjahrsklassiker Mailand–Sanremo. In anderen Ländern finden Straßenrennen weiter statt.

Von Tom Mustroph |
Radrennen Mailand-Sanremo 2019: der französische Fahrer Julian Alaphilippe (r.) bei einem Ausreißversuch.
Wenn Frühlingsklassiker im Herbst stattfinden - das Coronavirus erreicht den Straßenradsport (AFP/Tim De WAELE)
"Es gab nicht die Bedingungen, die die Regierung gefordert hat. Und deshalb wurde die Entscheidung gemeinsam mit den Verantwortlichen getroffen. Es ist eine Entscheidung, die leider gar nicht anders ausfallen konnte", teilte telefonisch Mauro Vegni, Renndirektor aller drei Rennen, mit. Vegni hatte bis zuletzt gehofft, doch noch einen Weg zu finden.
"Es sind ja nicht nur wir, die entscheiden. Wäre es nach uns gegangen, hätten wir das Rennen durchgeführt. Aber es entscheiden eben auch die anderen Gremien. Es gibt ein Gesetz der Regierung, und man muss eben auch respektieren, was die Regierung sagt."
Ausschlaggebend für die Absage war nicht nur die Ansteckungsgefahr. "Hinzu kommt das Problem, im Falle von Stürzen kaum in die Krankenhäuser zu kommen. Im Moment sind die total überlastet", meinte Renndirektor Vegni.
Teams werden neu ausgerichtet
Die Absagen erreichten die Teams teilweise erst vor Ort. Team Bora hansgrohe mit Superstar Peter Sagan war bereits in Siena eingetroffen. Dort sollten am Samstag die Strade Bianche stattfinden. Jens Zemke, sportlicher Leiter von Bora hansgrohe:
"Wir haben uns am Donnerstag noch die letzten 80 Kilometer der Rennstrecke angeschaut und haben bis zur definitiven Absage alles so gemacht, als würde das Rennen wirklich stattfinden. Speziell für die Fahrer tut es mir sehr leid, weil sie doch sehr viel harte Arbeit in die Vorbereitung gesteckt haben und wir mit einem hochmotiviertem Team am Start gestanden hätten."
Coronavirus
Coronavirus (imago / Science Photo Library)
Während die Behörden die italienischen Rennen abgesagt haben, finden in anderen europäischen Ländern noch Straßenrennen statt. Bora hansgrohe schickt nun ein verstärktes Team nach Frankreich.
"Unsere Teamführung hat sofort reagiert und das Team neu ausgerichtet. Da die Situation in Frankreich und Belgien nicht ganz so brenzlig ist, werden wir nun zwei starke Mannschaften dorthin entsenden. Das eine ist ein Rennen in Belgien, der Grand Prix de Monseré. Die sind wohl der große Gewinner von der Absage von Strade, da nun etliche WorldTour-Teams bei dem kleinen Rennen dort am Start stehen werden. Und wir schicken natürlich unsere Top-Besetzung zu Paris-Nizza." Am Sonntag ist dort Start.
Auf den Weg nach Frankreich machte sich auch der Berliner Radprofi Roger Kluge. Er ist allerdings auf alle Eventualitäten eingestellt. "Ich wäre bereit für Paris–Nizza, ich könnte mir aber auch vorstellen, wenn das abgesagt wird oder wir als Team nicht starten sollten, dass ich ins Trainingslager gehe oder eben zu Hause bin und hier für mich trainiere. Das wäre für mich weniger schlimm."
Profis dürfen selbst entscheiden, ob sie antreten wollen
Bis zum Schluss wird wohl offen bleiben, ob die Fernfahrt durch Frankreich tatsächlich stattfindet. Denn von sich aus haben bereits einige WorldTour-Teams auf alle Rennen im März verzichtet. Team Ineos mit dem vierfachen Tour de France-Sieger Chris Froome legt nach dem Tod von Sportdirektor Nicholas Portal eine Pause ein, Team Astana ebenfalls, auch das australische Team Mitcheton Scott. Und CCC mit dem Berliner Simon Geschke bleibt aus eigenem Entschluss ebenfalls der Fernfahrt durch Frankreich fern.
In den Teams, die teilnehmen, ist es den einzelnen Profis freigestellt, ob sie antreten wollen. Roger Kluge, für Team Lotto Soudal unterwegs: "Es wird im Team besprochen, beraten und Entscheidungen abgewartet, ob und wer sich in der Lage fühlt, Radrennen zu fahren. Das Team hält es im Moment ganz offen. Und jeder kann individuell entscheiden, ob er fahren will oder nicht, ob er sich wohl fühlt in der Situation."
Weil niemand einschätzen kann, wie sich die Situation entwickelt, werden im Kopf auch schon Geisterrennen durchgespielt. "Entlang einer Rennstrecke Zuschauer fernhalten wird schwierig. Da müsste man eine ganze Menge mehr Polizisten oder freiwillige Helfer an den Start kriegen", meint Roger Kluge. Bezogen auf Paris–Nizza vermutet er:
"Wahrscheinlich werden sie die Buszonen, die sonst immer beim Start und Ziel verfügbar und zugänglich sind für die Fans im Radsport, einfach zumachen."
Renndirektor Mauro Vegni bangt derzeit um das Saisonhighlight in Italien, den Giro d’Italia im Mai. Sollte sich die Situation nicht grundlegend ändern, ist auch der in Gefahr. Vegnis Wunsch für die schon ausgefallenen Rennen: "Wir wollen die Rennen veranstalten, ganz klar. Jetzt muss man mit dem Kalender sehen, was geht und was nicht machbar ist."
Frühjahrsrennen im Herbst vielleicht, wenn die Ausbreitung des Virus das erlaubt. Das große Virus-Durcheinander hat auch den Radsport erreicht.