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Straßenreinigung
Kaugummi im Ultraschallbad

Die Dichte festgetretener Kaugummis im öffentlichen Raum kann bis zu 90 Kaugummis pro Quadratmeter betragen. Eine Menge Arbeit für Straßenreiniger. Helfen könnte eine Technik, die Brillenträger vom Optiker kennen: die Reinigung im Wasserbad per Ultraschall.

Von Nele Rößler |
    Kaugummi auf der Straße
    Ein Kaugummi auf die Straße zu spucken ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Strafe zwischen 20 und 35 Euro geahndet werden. (imago/Wim Woeber)
    Ein Oktobermorgen in Köln. Straßenreiniger entfernen vor dem Rautenstrauch-Joest-Museum für Ethnologie Kaugummis. Es ist dunkel, es ist windig, es ist kalt. Nur der Wasserstrahl, der aus dem Hochdruckreiniger kommt, ist warm. Sogar heiß.
    "Die Kaugummis werden im Moment mit 200 bar Wasserdruck und 100 Grad Celsius entfernt", sagt Peter Gilles von der Stadtreinigung. Er hält die Lanze des Hochdruckreinigers auf ein Kaugummi. Die weiße Masse geht immer mehr in die Breite, bis sie sich schließlich auflöst. Bis das Kaugummi auf dem Bürgersteig nicht mehr zu sehen ist, dauert es fast eine Minute.
    Bisher Reinigung per Hand
    "Wie Sie jetzt gesehen haben, ist das hier eine richtig aufwendige Arbeit", sagt sein Kollege Michael Jechow . Denn, Extremschmutz wie Lacke, Kaugummis und Öle müssen noch immer per Hand entfernt werden. "Eine Maschine ist schon hilfreich, aber das Passende ist wohl noch nicht erfunden worden."
    Das will ein Team der Technischen Hochschule Köln gemeinsam mit einem Reinigungsunternehmen ändern. Professor Axel Wellendorf, Experte für Maschinenbau an der TH Köln:
    "Wir wollen die herkömmlichen Straßenreinigungsmaschinen schon für Extremschmutz, normalerweise eine Bürsten- oder Hochdruckreinigung, noch ergänzen mit einer Ultraschallreinigungseinheit."
    Ein altes Prinzip
    Ultraschall reinigt Oberflächen auch von schwer zu entfernenden Schmutzpartikeln. Die Industrie nutzt das Prinzip schon lange, um Bauteile zu reinigen.
    "Das sind meistens Wasserbäder, wo man dann Bauteile reinlegt. Mit Ultraschallwellen werden die Bauteile gereinigt."
    Neben der mechanischen Reinigung durch die Ultraschallwellen säubert Ultraschall durch Kavitation, auch mikroskopischer Dampfschlag genannt. Kavitation findet statt, weil der Druck in dem Ultraschallbad sich durch die Ultraschallwellen stark verändert. Es entstehen Gasblasen, die implodieren. Dabei kommt es zu Strömungen, die Geschwindigkeiten von bis zu 400 km/h haben. Sie treffen auf die zu reinigende Oberfläche. Dadurch wird auch auf Mikroebene gereinigt. Kavitation funktioniert aber nur unter einer Bedingung: Die zu reinigende Oberfläche ist von Wasser umgeben. Brillenträger kennen das Verfahren vom Besuch beim Optiker: Dort wird die Brille in ein Wasserbad gelegt und mit Ultraschall gereinigt.
    Wasserbad auf die Straße
    "Wir wollen das gleiche Prinzip nehmen, aber umkehren. Dass wir also ein Wasserbad auf die Straße bringen und mit Ultraschall die Straße beschießen."
    Das heißt: Weil die Straße nicht in das Wasserbad passt, muss das Wasserbad auf die Straße kommen. Damit das passiert, wollen die Forscher ein auslaufsicheres Becken auf den Boden setzen.
    "Asphalt ist meist uneben, ist auch grob und da halt eine dichte Wassersäule draufstehen zu lassen ist nicht trivial, ist schon ganz schön anstrengend, dass das Wasser halt nicht immer raus läuft."
    Axel Wellendorf denkt, dass die Abdichtung des Beckens gut mit einer Hochdruckdichtung funktionieren sollte. Dafür muss ein permanenter Luftstrom da sein. Und der Luftdruck muss höher sein, als der Wasserdruck.
    Reinigung mit wesentlich weniger Energie
    "Was wir uns vorstellen, ist so ein Becken mit einem doppelten Boden. In dieser Doppelwand haben wir einen Luftdruck der nach unten bläst und diese Kante halt schützt, dass das Wasser drin steht und nicht nach außen kann."
    Eingebaut werden soll das Becken in Maschinen der Firma, mit der die TH Köln zusammen arbeitet. Sie sehen aus wie Mini-Lkw. Ihr Vorteil: Bürsten und Hochdruckreinigung der Spezialmaschine können so mitgenutzt werden. Durch die Ultraschallreinigung können dann die Bürsten mit wesentlich weniger Energie Schmutz entfernen. Axel Wellendorf fasst die Effekte der Ultraschallbehandlung zusammen:
    "Einmal hat es den Effekt, dass wir mit diesen energiereichen Wellen tatsächlich Schmutz entfernen können. Der nächste Effekt ist, in diesem Wasserbad haben wir auch Lösungsmittel, und bei klebrigen Substanzen wie jetzt bei dem Kaugummi ist es auch wichtig, dass das in diese klebrige Substanzen reinkommt. "
    Ausweitung der Möglichkeiten denkbar
    Denn durch Ultraschall vermischen sich auch verschiedene Substanzen besser. Außerdem wird der Bodenbelag auch leichter von Ölen gereinigt:
    "Man braucht auch viel Energie um Öle in Wasser aufzulösen und das wiederrum begünstigt auch Ultraschall."
    Langfristig kann Wellendorf sich auch vorstellen, dass die Technik für die Entfernung von Graffiti auf Zugwaggons eingesetzt wird. Bei der momentanen Reinigung mit Lösungsmitteln wird dabei nämlich auch immer der Zugkörper beschädigt. Bis das Produkt marktreif ist, dauert es aber auch für die Straßenreinigung noch. Bis dahin macht die Kaugummi-Entfernung viel Arbeit, sagt Michael Jechow von der Stadtreinigung Köln:
    "Schade, dass die Leute die Kaugummis auf die Straße werfen. Es gibt ja auch genug Mülleimer, wo die Kaugummis reingeworfen werden könnten, das wär nicht schlecht."