Die EU-Kommission macht Druck: Wenige Tage vor der Klimakonferenz in Kattowitz legt sie eine langfristige Strategie vor, die das Ziel einer klimaneutralen EU bis zum Jahr 2050 festschreibt. Klimaneutral, das heißt, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden dürfen, als durch natürliche oder künstliche Kohlenstoff-Speicher aufgenommen werden können. Bis dahin dürfte es ein langer Weg werden, das muss EU-Kommissionsvize Maros Sevcovic auch mit Blick auf bisherige Klimaziele zugeben:
"Die Maßnahmen, die wir jetzt schon eingeführt haben, die werden auch nach 2030 noch wirken, aber sie werden nur zu einer Reduktion von 60 Prozent bis 2050 führen. Das ist für die EU zu wenig, um zu den Zielen von Paris, die Erderwärmung zu reduzieren, beizutragen."
Damit die Erderwärmung auf unter zwei Grad, besser nur 1,5 Grad begrenzt werden soll, muss also mehr unternommen werden. Die Kommission skizziert Szenarien für mehrere Sektoren. Was also ließe sich in der Landwirtschaft, im Verkehrswesen, bei der Gebäudedämmung verändern, um Klimaneutralität zu schaffen?
Die Kommission moniert, dass gegenwärtig fossile Energien wie Erdöl für mehr als 75 Prozent der Treibausgasemissionen in der EU sorgen. Im Jahr 2050 wäre daher denkbar, dass mehr als 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen.
Schwerpunkt "Gebäudedämmung"
Als Schwerpunkt auf dem Weg zur Klimaneutralität wird die "Gebäudedämmung" genannt. Im Jahr 2015 hätten Gebäude mehr als 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausgemacht. Gegensteuern ließe sich zum Beispiel mit "smart building"-Systemen, also intelligenten Gebäude-Einrichtungen, die den Strom nach Bedarf regulieren können.
Die EU-Kommission rechnet außerdem vor, dass jährlich aktuell zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Strom und Energieinfrastruktur gesteckt würden. Dieser Beitrag müsste auf bis zu 2,8 Prozent klettern. Das wären dann bis zu 575 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben im Jahr; Geld, das vor allem aus der Wirtschaft kommen soll.
Die Kommission sieht ihr Strategiepapier als Impulsgeber für eine tiefgreifende, wirtschaftliche Transformation, die sozial gerecht ausgestaltet werden soll und auf sinkende Gesundheitskosten und neue Arbeitsplätze setzt. Klimakommissar Miguel Arias Canete zeigt aber auch die Grenzen des neuen Vorschlags auf:
"Die Strategie sieht nicht vor, neue Maßnahmen einzuleiten, auch sollen die Klimaziele von 2030 nicht revidiert werden. Wir wollen die Richtung der Klimapolitik und einen Rahmen vorgeben, für eine langfristige Strategie, die helfen soll, die Klimaziele von Paris umzusetzen."
Kritik vom WWF
Die Klimaziele von Paris einzuhalten; das scheint allerdings schon jetzt mit den mittelfristigen Zielen der EU schwierig zu werden. Der Umweltverband WWF kritisiert, wenn die EU bei den bisherigen Zielen und Maßnahmen für 2030 stehen bleibt, dann würde sie bis 2050 nur 60 Prozent einsparen können. Bis 2030 ist bislang vorgesehen, die C02-Emissionen um mindestens 40 Prozent zu senken.
Jo Leinen, SPD-Europaabgeordneter, findet den neuen Klimaplan der EU-Kommission grundsätzlich gut, sieht aber auch Nachbesserungsbedarf: "Die Transformation müsse auch neue Arbeitsplätze organisieren." Er mahnt die frühzeitige Bereitstellung von Maßnahmen und Mitteln an.
Rebecca, Harms, Umweltpolitikerin der Grünen im Europaparlament,zur Klimakonferenz sieht in dem Vorschlag zwar einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Sie warnt allerdings, dass wirklich schwierige Maßnahmen zum Klimaschutz nicht auf die Zeit nach 2030 verschoben werden sollten. Mit dieser so wörtlich "Verzögerungstaktik" seien die Pariser Klimaziele nicht zu erreichen. Der umweltpolitische Sprecher der
Christdemokraten im Europaparlament, Peter Liese, findet, die Kommission habe konkret dargelegt, wie ihr Ziel ohne Verlust von Arbeitsplätzen und sogar mit zusätzlichem Wachstum erreicht werden könne.
Christdemokraten im Europaparlament, Peter Liese, findet, die Kommission habe konkret dargelegt, wie ihr Ziel ohne Verlust von Arbeitsplätzen und sogar mit zusätzlichem Wachstum erreicht werden könne.
Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten werden in den kommenden Monaten Stellung zu dem Strategiepapier der Kommission nehmen. Die Herausforderung wird sein, ob die Staats- und Regierungschefs die neue Strategie einstimmig beschließen.
Spätestens im Jahr 2020 muss die EU die finale Strategie an die UN übermitteln, wie es im Pariser Abkommen von den Vertragsstaaten eingefordert wird.