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Strategiewechsel in Afghanistan
Trump stellt politische Lösung in Frage

Das war nicht nur ein Wechsel in Tonlage und Haltung des Präsidenten. Das war auch die Ankündigung eines strategischen Wechsels im Afghanistan-Konflikt und im Umgang mit den Anrainern Pakistan und Indien.

Von Thilo Kößler |
    US-Präsident Donald Trump während seiner Rede zu Afghanistan in Fort Myer.
    US-Präsident Donald Trump während seiner Rede zu Afghanistan in Fort Myer. (dpa-Bildfunk / AP / Carolyn Kaster)
    Donald Trump spielte auf den Konflikt hinter den Kulissen des Weißen Hauses an, als er erklärte, sein erster Impuls mit Blick auf den Afghanistan-Konflikt sei es gewesen, die amerikanischen Truppen vom Hindukusch komplett abzuziehen. Er habe sich dann jedoch von seinem Militär überzeugen lassen, ihrem Rat zu folgen. Damit grenzte sich Trump nicht nur von seinem eigenen Wahlversprechen ab, sondern auch von den Positionen seines am Freitag gefeuerten Chefstrategen Steven Bannon.
    Der Plan sieht einen forcierten militärischen Einsatz der Vereinigten Staaten in Afghanistan vor, der möglicherweise auch beinhaltet, das Truppenkontingent aufzustocken. Konkrete Zahlen nannte Trump aber nicht – auch dies aus strategischen Gründen, wie er sagte: Es sei kontraproduktiv, Einzelheiten des geplanten Einsatzes zu nennen – ab sofort würden Details wie Truppenstärken, Kampforte oder Einsatzfristen nicht mehr mitgeteilt.
    Trump erklärte, ein schneller Rückzug aus Afghanistan sei mit ebenso vorhersehbaren wie inakzeptablen Risiken verbunden – es würde ein Machtvakuum entstehen, das unweigerlich von den radikal-islamischen Taliban ausgenutzt werden könnte.
    Terroristen töten ist das einzige Ziel
    Trump schilderte die Sicherheitslage in Afghanistan als prekär – nirgendwo sonst gebe es mehr islamistische Terrororganisationen und Aktivisten als in Afghanistan und Pakistan. Deshalb müsse eine nachhaltige und erfolgversprechende Strategie darauf abzielen, die unmittelbare Nachbarschaft Afghanistans mit einzubeziehen. Es sei höchste Zeit für Pakistan, seine Kooperationsbereitschaft bei der Terrorbekämpfung unter Beweis zu stellen.
    Trump kündigte an, auch den gesamten strategischen Ansatz des Nation-Buildings, also die Bemühungen um einen Aufbau der Zivilgesellschaft, einzustellen – Millionen von Dollar seien dafür sinnlos ausgegeben worden, sagte Trump. Er verfolge nur ein einziges Ziel: Terroristen zu töten, so wörtlich.
    Irgendwann könne in Afghanistan vielleicht eine politische Lösung erreicht werden, die Elemente der Taliban enthalte, wie Trump formulierte – aber niemand wisse, wann oder ob es überhaupt jemals geschehe.
    Die Rede stieß zunächst im militärischen Umfeld des Präsidenten auf Zuspruch. Der Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan, Nicholson, erklärte, nun könne den Taliban militärisch Einhalt geboten werden – sie könnten diesen Konflikt nicht mehr für sich entscheiden. Für die Republikaner begrüßte Paul Ryan die Entscheidung des Präsidenten. Die 25-minütige Rede Trumps, die er Wort für Wort vom Teleprompter ablas, zielte ganz offensichtlich auch darauf ab, die innenpolitischen Auseinandersetzungen der vergangenen Tage nach den Unruhen in Charlottesville vergessen zu machen. Trump appellierte vor dem Hintergrund der äußeren Bedrohung durch den Terror an die Einheit des Landes. Er grenzte sich darüber hinaus von eigenen isolationistischen Positionen aus dem Wahlkampf ab und betonte, dass die neue Afghanistan-Strategie das Ergebnis intensiver gemeinsamer Beratungen gewesen sei. Kurzum: In diesem Fall kein Alleingang des Präsidenten.