Von “Bad Blood” - bösem Blut, singt Taylor Swift in ihrem aktuellen Song. Mit dem Titel könnte man auch ziemlich gut Swifts Verhältnis zu Musik-Streaming-Diensten beschreiben. Deren Geschäftsmodell funktioniert ähnlich wie bei einer Bibliothek mit Millionen von Titeln: Die Nutzer kaufen die Songs nicht, aber sie können sie abspielen, solange sie den monatlichen Beitrag von ein paar Euro bezahlen. Doch viele Künstler klagen, dass sie mit dem Streaming kaum Geld verdienen. Über Spotify, einen der bekanntesten der Dienste, hat sich Taylor Swift offenbar so sehr geärgert, dass sie im November ihre gesamte Musik daraus zurückzog. Und bei der Verleihung der American Music Awards dankte sie demonstrativ den Fans, die ihr Album gekaufthatten - damit hätten sie gezeigt, dass Musik einen Wert habe und am besten als ganzes Album konsumiert werde.
Swift bekam für ihren Schritt viel Applaus von anderen Künstlern - doch Spotify-Chef Daniel Ek antwortete in einem Online-Artikel, dass seine Firma an eine Top-Künstlerin wie Taylor Swift sechs Millionen Dollar pro Jahr an Tantiemen zahle. Fraglich ist aber, wie viel von diesem Geld die Plattenfirmen einstreichen und wie viel tatsächlich bei den Künstlern landet - gerade bei solchen, die nicht so bekannte Namen haben.
Jedenfalls macht auch Spotify nicht den großen Reibach: Gerade hat die Firma ihre Geschäftszahlen veröffentlicht - und im vergangenen Jahr zwar den Umsatz auf mehr als eine Milliarde Euro gesteigert - doch gleichzeitig macht Spotify große Verluste, und die waren mit 165 Millionen Euro sogar fast doppelt so groß wie im Jahr davor.
Halten also in der Musikbranche einfach zu viele die Hand auf - auf dem Weg zwischen Künstler und Publikum?
Der Rapper und Musikproduzent Jay Z scheint dieser Ansicht zu sein - er wolle den Lauf der Geschichte ändern, sagte er, als er im März einen eigenen Streaming-Dienst mit dem Namen "Tidal" startete. Er hatte dafür publikumswirksam nicht nur seine Frau Beyonce, sondern auch andere befreundete Popgrößen wie Madonna und Rihanna auf die Bühne gebeten. Alicia Keys verkündete stolz den Start der ersten weltweiten Musik-Plattform, die den Künstlerngehöre.
Playlisten, die von Menschen gepflegt werden
Allerdings war das Publikum nicht ganz so begeistert wie die Künstler selbst - die 20 Euro Monatsgebühr für Tidal verschreckten viele mögliche Kunden, und die zugehörige App ist in der Rangliste der am meisten heruntergeladenen iPhone-Programme inzwischen auf Platz 903 gerutscht - Spotify liegt auf Platz 13. Die Revolution ist also ausgeblieben - könnte nun aber von einer Firma kommen, die die Musikindustrie vor knapp 15 Jahren schon einmal komplett umgekrempelt hat, mit einem MP3-Spieler namens iPod und dem iTunes Store, in dem man Musik nicht mehr auf CD, sondern gleich direkt als Datei aus dem Internet kaufen konnte.
Apple-Chef Tim Cook hat voriges Jahr drei Milliarden Dollar für die Firma Beats ausgegeben. Denn er sieht, die besten Zeiten hat der iTunes Store hinter sich: Seit zwei Jahren sind die Umsatzzahlen rückläufig - die Leute streamen, statt zu kaufen. Beats ist bekannt für seine Kopfhörer und für seinen Streamingdienst. Sie hätten sich unglaublich talentierte Leute ins Haus geholt, sagte Cook über den Beats-Zukauf. Er setzt auf einen Faktor, den man eigentlich eher vom Radio oder aus Clubs kennt - den DJ: "Manche denken, diese Streamingdienste sind alle gleich - aber ich habe den von Beats mit anderen verglichen und fand die Abfolge der Songs bei Beats viel besser. Sie haben verstanden, wie wichtig es ist, dass die Playlists von Menschen gepflegt werden."
Inzwischen hat Apple sein Personal weiter aufgerüstet und unter anderem Zane Lowe engagiert, einen der Top DJs der BBC. Die Gerüchteseiten im Netz gehen fest davon aus, dass Apple seinen neuen Streamingdienst auf der Entwicklerkonferenz WWDC nächsten Montag präsentiert. Und so wartet im Moment eine ganze Branche darauf, dass der Apple-Chef mal wieder die berühmen Worte sagt, dass er da noch eine Sache zu zeigen habe. "One more thing".