"Man sieht nicht, wie das Kraut wächst. Über Nacht ist es da."
Klare, einfache Sätze zu Beginn dieses Romans. Es ist, wie es ist. Punkt. Schramm, Mitte, Ende 50 und Lehrer für Mathematik, Physik und Erdkunde, interessiert sich für Ursache und Wirkung, für Erklärungen und die Möglichkeiten, einzugreifen. Er ist früh aufgestanden und will am Abend wenigstens die Ritzen zwischen den Platten der Garagenauffahrt von Unkraut befreit haben. Als Ausdruck eines kleinbürgerlichen Ordnungssinns ließe sich dieses Ansinnen denunzieren. Aber es geht ihm – wie auch der Autorin – um Gestaltung, um Klarheit und Schönheit. Nina Bußmann benötigt dazu Distanz, deshalb schreibt sie über eine Figur, mit der sie auf den ersten Blick nichts gemeinsam hat.
"Natürlich sieht es erstmal einfacher aus, über das Ich zu schreiben oder ich zu sagen, und dann muss man auch nicht groß nach den Erfahrungen suchen, die hat man ja alle schon gemacht. Und das, was ich schwierig finde, ist, dass es dann von diesem Icherzähler aus meinem Leben zu einem Text wird. Und das war ja der Versuch hier."
Einen Tag in den "Großen Ferien" – so auch der Titel – schildert die 1980 geborene Nina Bußmann in ihrem Debüt, das von einem beeindruckenden Willen zur Form geprägt ist. Erzählen erste Romane oft von Adoleszenz, erster Liebe, dem Aufbruch ins Leben, rückt die Autorin ihren Helden biografisch möglichst weg von eigenem Erleben und kommt dabei den Fragen, mit denen sie sich beschäftigt, um so näher: Wie ist man geworden, was man ist? Welche Gelegenheiten wurden verpasst? Ist das Leben wie es ist oder kann man ihm eine andere Richtung geben?
"Das hatte beim Schreiben auch etwas sehr hilfreiches. Ich habe mich einfach freier gefühlt als wenn ich über mich oder über eine Figur geschrieben hätte, die ich gesagt hat und auch ich hätte sein können."
Schramm wohnt in seinem Elternhaus. Am Abend will der Bruder zu Besuch kommen. Mit ihm will er sich aussprechen, denn irgendetwas etwas hat den Eigenbrötler aus der Bahn geworfen. Von einer "Geschichte" möchte Schramm nichts wissen, so heißt es, "auch nicht, wie es rasch üblich geworden ist, von einer 'Angelegenheit'. Allerhöchstens von einem Vorkommnis." Ein Schüler, Außenseiter wie er selbst, hatte sich in den Pausen meist zu ihm in die Karten-Sammlung zurückgezogen, lieber mit ihm geschwiegen als mit Kameraden auf dem Schulhof getobt. Doch plötzlich war alles anders. Mittlerweile ist der Schüler in der Psychiatrie. Was wirklich geschehen ist, eine Ohrfeige, lediglich eine erhobene Hand – der Leser bekommt höchstens eine Ahnung davon. Mit der Schulleiterin, mit Kollegen oder seiner Referendarin hat Schramm nicht darüber gesprochen. Mit dem Bruder will er es tun, doch schon oft sind ähnliche Versuche ins Leere gelaufen.
"Es wird geschwiegen und er schweigt ja auch bewusst, weil alles, was er sagen würde, immer wieder falsch ausgelegt werden würde. Also sagt man überhaupt nichts. Das wird zwar auch falsch ausgelegt, aber das ist nicht so schlimm wie das Erlebnis, dass einem tatsächlich das Wort im Mund rumgedreht wird oder verkürzt wird oder abgeschnitten wird. Er verweigert die Aussage."
Was für ein Bild entwirft man von sich und wie lässt sich das kommunizieren? Warum ist Schramm, den es in die Welt hinaus gezogen hat wie seinen Bruder, zu Hause hocken geblieben, warum ist er Lehrer geworden? Was ist in seinem Leben geschehen, dass es schließlich auf dieses "Vorkommnis" vor den Ferien hinausgelaufen ist? Schramm sucht nach der Wahrheit. Er schweigt nicht, weil er etwas für sich behalten will. So gärt es in ihm. Während er mit Akribie dem Unkraut zu Leibe rückt, bereitet er sich innerlich auf den Abend mit dem Bruder vor, kreisen die Gedanken in seinem Kopf. So wenig er nach außen und mit anderen spricht, so machtvoll und ohne Unterbrechung redet es in ihm.
"Die Situation ist klar. Er wird nicht mehr zurückkehren, das sagt er auch ganz am Anfang und das darf man ihm wahrscheinlich auch glauben. Und warum dann immer noch so viel geredet werden, sind diese dummen Versäumnisse, dass er, was er hätte sagen müssen oder jetzt vielleicht sagen wollen würde, nicht sagen konnte, als es die Gelegenheit gegeben hätte jeweils, weil ihm niemand zugehört hat, weil er nichts gesagt hat, weil das Gespräch nicht gesucht hat und darum arbeitet es eben immer noch weiter in ihm. Er redet ja nicht nur mit sich selbst, er geht ja immer wieder diese Situationen durch um dann zumindest in Gedanken zu sagen, was zu sagen gewesen wäre. Weil es eben ja doch um dieses Bedürfnis geht, irgendwie Ordnung zu schaffen, damit alle am Ende doch das Richtige denken, damit er ihnen das Richtige gesagt hat, wie es wirklich gewesen ist und sie dann nicht mehr ein falsches Bild von ihm haben."
Kai Weyand beleuchtet in seinem Roman "Schiefer eröffnet Spanisch" die Bedingungen, unter denen ein mit viel Enthusiasmus gestarteter Lehrer auf der ganzen Linie scheitert. Benedikt Wells erzählt in "Becks letzter Sommer" von der bitteren Erkenntnis, wenn die Träume und Pläne der Jugend zerbröselt sind und es spät ist. Nina Bußmann erzählt von dem Streben nach Klarheit und Wahrheit, dem Willen, anderen die Welt und sich selbst zu erklären, den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Junge Autorinnen und Autoren wählen die Perspektive eine älteren Figur, um schon einmal in die Zukunft zu schauen: Wie stellen sich die Fragen, die mich heute beschäftigen, dar, wenn ich zwanzig Jahre älter bin und zurückblicke? Gelingt es Schramm, sich aus seiner ausweglosen Situation zu befreien? Oder scheitert das Gespräch mit dem Bruder ein weiteres Mal? Der Roman endet, bevor der Bruder eintrifft. Aber im Innern, für sich selbst, beharrt Schramm beinahe trotzig auf seiner Chance, was dem Buch eine untergründige, aber wirkungsmächtige Spannung verleiht. Immer wieder führen seine Gedanken ihn fort in die Kindheit, zu vielen kleinen Begebenheiten mit seinem Vater, seiner Mutter, seinem Bruder, ohne dass das große Ganze klarer wird. Im inneren Monolog, in einer sparsamen und schnörkellosen Sprache reizt die Autorin die Situation aus, zieht sie den Leser in den Sog einer Erfahrung, die beinahe jeder kennt: Dieses Drehen und Wenden einer "Angelegenheit" in schlaflosen Nächten, bis für einen selbst alles geklärt ist – mit dem Risiko allerdings, dass die eigene Version der Wahrheit von anderen nicht geteilt werden würde. Handelt der Roman am Ende von der Unmöglichkeit der Wahrheit, von der Sinnlosigkeit einer Suche, die ins Leere führen muss?
"Es wird ja auch ohne Ende geredet. Wir reden ja alle und reden, es redet im Kopf und wenn das total sinnlos wäre, dann hätte man das ja sein gelassen. Aber man wird eben nicht rausfinden, wie diese Geschichte wirklich war. Es lässt einem keine Ruhe, das nicht rausfinden zu können – es spielen ja auch die Naturwissenschaften eine gewisse Rolle, wo es vermeintlich so ist, dass man tatsächlich Gewissheiten erlangen kann. Aber wer sich ein bisschen länger damit beschäftigt hat, weiß ja dann auch, dass gerade in der Physik alle Modelle nicht hinreichen, die Wirklichkeit zu beschreiben, und dass es trotzdem weiter gemacht wird. Wenn ich jetzt sagen sollte, worum geht es in diesem Buch, würde ich doch noch lieber sagen, es geht da um diese Beharrlichkeit oder um die Leidenschaft, das rauszufinden, auch wenn es keinen Zweck hat oder kein Ergebnis zu Tage fördert."
Nina Bußmann hat einen Sisyphos zum Helden gewählt. Der Felsblock rollt den Hang wieder hinunter. Doch bei aller Ungewissheit, ob er das "Vorkommnis" in der Schule erklären kann und aus seiner Zwickmühle herauskommt, bleibt die Kraft der einzelnen Versuche, bleiben die kleinen, erzählbaren Mosaiksteine seines Lebens. Vielleicht ist es das, was auch Literatur leisten kann. So handelt Nina Bußmann in diesem ausgefeilten und bravourösen Debüt auch von der Notwendigkeit und den Möglichkeiten literarischen Sprechens:
"Es bedeutet, dass da eben ein anderer Raum entsteht als der, den ich sehe, wenn ich auf die Straße gehe, diesem falschen Reden zu entgehen oder sich wenigstens damit auseinanderzusetzen. Das ist wahrscheinlich ein konzentrierteres Sprechen, das nicht oder wenn, dann anders, ins Leere läuft als diese Versuche, sich darauf zu einigen, wie es gewesen ist. Vielleicht ist das ja etwas, was sogar als kleine Hoffnung aufscheint, dass man nie die große Geschichte erzählen kann, wie alles geworden ist, aber alle diese kleinen Dinge, die nicht die Hauptsache sind, können schon erzählt werden. Und es ist ja umgekehrt genauso schwer, nicht zu erzählen."
Nina Bußmann: "Große Ferien"
Roman, Suhrkamp 2012, 200 Seiten, EUR 17,95
Klare, einfache Sätze zu Beginn dieses Romans. Es ist, wie es ist. Punkt. Schramm, Mitte, Ende 50 und Lehrer für Mathematik, Physik und Erdkunde, interessiert sich für Ursache und Wirkung, für Erklärungen und die Möglichkeiten, einzugreifen. Er ist früh aufgestanden und will am Abend wenigstens die Ritzen zwischen den Platten der Garagenauffahrt von Unkraut befreit haben. Als Ausdruck eines kleinbürgerlichen Ordnungssinns ließe sich dieses Ansinnen denunzieren. Aber es geht ihm – wie auch der Autorin – um Gestaltung, um Klarheit und Schönheit. Nina Bußmann benötigt dazu Distanz, deshalb schreibt sie über eine Figur, mit der sie auf den ersten Blick nichts gemeinsam hat.
"Natürlich sieht es erstmal einfacher aus, über das Ich zu schreiben oder ich zu sagen, und dann muss man auch nicht groß nach den Erfahrungen suchen, die hat man ja alle schon gemacht. Und das, was ich schwierig finde, ist, dass es dann von diesem Icherzähler aus meinem Leben zu einem Text wird. Und das war ja der Versuch hier."
Einen Tag in den "Großen Ferien" – so auch der Titel – schildert die 1980 geborene Nina Bußmann in ihrem Debüt, das von einem beeindruckenden Willen zur Form geprägt ist. Erzählen erste Romane oft von Adoleszenz, erster Liebe, dem Aufbruch ins Leben, rückt die Autorin ihren Helden biografisch möglichst weg von eigenem Erleben und kommt dabei den Fragen, mit denen sie sich beschäftigt, um so näher: Wie ist man geworden, was man ist? Welche Gelegenheiten wurden verpasst? Ist das Leben wie es ist oder kann man ihm eine andere Richtung geben?
"Das hatte beim Schreiben auch etwas sehr hilfreiches. Ich habe mich einfach freier gefühlt als wenn ich über mich oder über eine Figur geschrieben hätte, die ich gesagt hat und auch ich hätte sein können."
Schramm wohnt in seinem Elternhaus. Am Abend will der Bruder zu Besuch kommen. Mit ihm will er sich aussprechen, denn irgendetwas etwas hat den Eigenbrötler aus der Bahn geworfen. Von einer "Geschichte" möchte Schramm nichts wissen, so heißt es, "auch nicht, wie es rasch üblich geworden ist, von einer 'Angelegenheit'. Allerhöchstens von einem Vorkommnis." Ein Schüler, Außenseiter wie er selbst, hatte sich in den Pausen meist zu ihm in die Karten-Sammlung zurückgezogen, lieber mit ihm geschwiegen als mit Kameraden auf dem Schulhof getobt. Doch plötzlich war alles anders. Mittlerweile ist der Schüler in der Psychiatrie. Was wirklich geschehen ist, eine Ohrfeige, lediglich eine erhobene Hand – der Leser bekommt höchstens eine Ahnung davon. Mit der Schulleiterin, mit Kollegen oder seiner Referendarin hat Schramm nicht darüber gesprochen. Mit dem Bruder will er es tun, doch schon oft sind ähnliche Versuche ins Leere gelaufen.
"Es wird geschwiegen und er schweigt ja auch bewusst, weil alles, was er sagen würde, immer wieder falsch ausgelegt werden würde. Also sagt man überhaupt nichts. Das wird zwar auch falsch ausgelegt, aber das ist nicht so schlimm wie das Erlebnis, dass einem tatsächlich das Wort im Mund rumgedreht wird oder verkürzt wird oder abgeschnitten wird. Er verweigert die Aussage."
Was für ein Bild entwirft man von sich und wie lässt sich das kommunizieren? Warum ist Schramm, den es in die Welt hinaus gezogen hat wie seinen Bruder, zu Hause hocken geblieben, warum ist er Lehrer geworden? Was ist in seinem Leben geschehen, dass es schließlich auf dieses "Vorkommnis" vor den Ferien hinausgelaufen ist? Schramm sucht nach der Wahrheit. Er schweigt nicht, weil er etwas für sich behalten will. So gärt es in ihm. Während er mit Akribie dem Unkraut zu Leibe rückt, bereitet er sich innerlich auf den Abend mit dem Bruder vor, kreisen die Gedanken in seinem Kopf. So wenig er nach außen und mit anderen spricht, so machtvoll und ohne Unterbrechung redet es in ihm.
"Die Situation ist klar. Er wird nicht mehr zurückkehren, das sagt er auch ganz am Anfang und das darf man ihm wahrscheinlich auch glauben. Und warum dann immer noch so viel geredet werden, sind diese dummen Versäumnisse, dass er, was er hätte sagen müssen oder jetzt vielleicht sagen wollen würde, nicht sagen konnte, als es die Gelegenheit gegeben hätte jeweils, weil ihm niemand zugehört hat, weil er nichts gesagt hat, weil das Gespräch nicht gesucht hat und darum arbeitet es eben immer noch weiter in ihm. Er redet ja nicht nur mit sich selbst, er geht ja immer wieder diese Situationen durch um dann zumindest in Gedanken zu sagen, was zu sagen gewesen wäre. Weil es eben ja doch um dieses Bedürfnis geht, irgendwie Ordnung zu schaffen, damit alle am Ende doch das Richtige denken, damit er ihnen das Richtige gesagt hat, wie es wirklich gewesen ist und sie dann nicht mehr ein falsches Bild von ihm haben."
Kai Weyand beleuchtet in seinem Roman "Schiefer eröffnet Spanisch" die Bedingungen, unter denen ein mit viel Enthusiasmus gestarteter Lehrer auf der ganzen Linie scheitert. Benedikt Wells erzählt in "Becks letzter Sommer" von der bitteren Erkenntnis, wenn die Träume und Pläne der Jugend zerbröselt sind und es spät ist. Nina Bußmann erzählt von dem Streben nach Klarheit und Wahrheit, dem Willen, anderen die Welt und sich selbst zu erklären, den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Junge Autorinnen und Autoren wählen die Perspektive eine älteren Figur, um schon einmal in die Zukunft zu schauen: Wie stellen sich die Fragen, die mich heute beschäftigen, dar, wenn ich zwanzig Jahre älter bin und zurückblicke? Gelingt es Schramm, sich aus seiner ausweglosen Situation zu befreien? Oder scheitert das Gespräch mit dem Bruder ein weiteres Mal? Der Roman endet, bevor der Bruder eintrifft. Aber im Innern, für sich selbst, beharrt Schramm beinahe trotzig auf seiner Chance, was dem Buch eine untergründige, aber wirkungsmächtige Spannung verleiht. Immer wieder führen seine Gedanken ihn fort in die Kindheit, zu vielen kleinen Begebenheiten mit seinem Vater, seiner Mutter, seinem Bruder, ohne dass das große Ganze klarer wird. Im inneren Monolog, in einer sparsamen und schnörkellosen Sprache reizt die Autorin die Situation aus, zieht sie den Leser in den Sog einer Erfahrung, die beinahe jeder kennt: Dieses Drehen und Wenden einer "Angelegenheit" in schlaflosen Nächten, bis für einen selbst alles geklärt ist – mit dem Risiko allerdings, dass die eigene Version der Wahrheit von anderen nicht geteilt werden würde. Handelt der Roman am Ende von der Unmöglichkeit der Wahrheit, von der Sinnlosigkeit einer Suche, die ins Leere führen muss?
"Es wird ja auch ohne Ende geredet. Wir reden ja alle und reden, es redet im Kopf und wenn das total sinnlos wäre, dann hätte man das ja sein gelassen. Aber man wird eben nicht rausfinden, wie diese Geschichte wirklich war. Es lässt einem keine Ruhe, das nicht rausfinden zu können – es spielen ja auch die Naturwissenschaften eine gewisse Rolle, wo es vermeintlich so ist, dass man tatsächlich Gewissheiten erlangen kann. Aber wer sich ein bisschen länger damit beschäftigt hat, weiß ja dann auch, dass gerade in der Physik alle Modelle nicht hinreichen, die Wirklichkeit zu beschreiben, und dass es trotzdem weiter gemacht wird. Wenn ich jetzt sagen sollte, worum geht es in diesem Buch, würde ich doch noch lieber sagen, es geht da um diese Beharrlichkeit oder um die Leidenschaft, das rauszufinden, auch wenn es keinen Zweck hat oder kein Ergebnis zu Tage fördert."
Nina Bußmann hat einen Sisyphos zum Helden gewählt. Der Felsblock rollt den Hang wieder hinunter. Doch bei aller Ungewissheit, ob er das "Vorkommnis" in der Schule erklären kann und aus seiner Zwickmühle herauskommt, bleibt die Kraft der einzelnen Versuche, bleiben die kleinen, erzählbaren Mosaiksteine seines Lebens. Vielleicht ist es das, was auch Literatur leisten kann. So handelt Nina Bußmann in diesem ausgefeilten und bravourösen Debüt auch von der Notwendigkeit und den Möglichkeiten literarischen Sprechens:
"Es bedeutet, dass da eben ein anderer Raum entsteht als der, den ich sehe, wenn ich auf die Straße gehe, diesem falschen Reden zu entgehen oder sich wenigstens damit auseinanderzusetzen. Das ist wahrscheinlich ein konzentrierteres Sprechen, das nicht oder wenn, dann anders, ins Leere läuft als diese Versuche, sich darauf zu einigen, wie es gewesen ist. Vielleicht ist das ja etwas, was sogar als kleine Hoffnung aufscheint, dass man nie die große Geschichte erzählen kann, wie alles geworden ist, aber alle diese kleinen Dinge, die nicht die Hauptsache sind, können schon erzählt werden. Und es ist ja umgekehrt genauso schwer, nicht zu erzählen."
Nina Bußmann: "Große Ferien"
Roman, Suhrkamp 2012, 200 Seiten, EUR 17,95