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Streik
Gerät der Güterverkehr unter die Räder?

Heute Abend streiken die Lokführer und treffen damit besonders hart den Güterverkehr. Auch die Lufthansa-Piloten bestreiken in den nächsten zwei Tagen Lufthansa Cargo, also die Frachtflüge. Schlechte Aussichten für den Güterverkehr - doch ausgerechnet die Sanktionen gegen Russland könnten die Lage entspannen.

Von Felix Lincke | 07.10.2014
    Güterzuganhänger in Seevetal/Maschen (Niedersachsen) auf den Gleisen des Rangierbahnhofs
    Güterzuganhänger in Seevetal/Maschen (Niedersachsen) auf den Gleisen des Rangierbahnhofs (dpa / picture-alliance / Axel Heimken)
    Lieferengpässe seien für deutsche Unternehmen vorerst nicht zu befürchten, das verspricht der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung BGL seinen Kunden, wenn bei Lufthansa Cargo Flüge und bei der Deutschen Bahn Güterzüge ausfallen. Die gute Nachricht ist, dass Lufthansa Cargo erhebliche internationale Konkurrenz hat, sei es durch Fluggesellschaften wie Korean Airlines oder Emirates oder durch Logistikunternehmen wie Federal Express, die eigene Flotten von Frachtflugzeugen haben. Und selbst die Bahn AG ist auf der Schiene keineswegs allein unterwegs. Darauf weist Karlheinz Schmidt hin, der Hauptgeschäftsführer des BGL:
    "Es streiken ja nicht alle Piloten, es ist ja nur eine Gesellschaft. Wir haben im Güterverkehr in Deutschland nicht nur die Bahn AG: 25 Prozent des Schienengüterverkehrs machen heute Private. Wenn man heute eine eilige Luftfrachtsendung hat, dann fliegt die halt nicht mit dem Kranich, sondern mit einer anderen Gesellschaft."
    Schmidt hat allerdings auch eine schlechte Nachricht, vor allem für Kunden, die es eilig haben, könnte es teurer werden, wenn die Streiks anhalten. Deutsche Unternehmen müssten sich dann auf steigende Frachtkosten einstellen:
    "Wer dringend etwas zu versenden hat, der muss dann mit ordentlichen Preisaufschlägen rechnen, damit er seine Sendung so befördert bekommt, wie er das gewöhnt war, mit seinem alten Dienstleister."
    Vagabundierender Laderaum durch Russland-Sanktionen
    Der Verband BGL, der die LKW-Branche vertritt, hält beim Transport von Containern in den nächsten Tagen eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße für möglich, etwa wenn es zum nächsten Seehafen gehen soll und der Nachtzug nicht fährt:
    "Zum Beispiel der kombinierte Verkehr, wo wir ganze LKW-Ladungen bei der Bahn anliefern, im Fernverkehr über die Fernstrecke fahren lassen, im Schnitt 600 Kilometer weit. Das sind alles Dinge, die dann auf die Straße gehen."
    Typische Bahn-Güter, die nur im Zug transportiert werden, sind Massengüter, wie etwa Brennstoffe für Kraftwerke oder die Kesselwagen, die für die großen Tanklager unterwegs sind. Bei diesen Transporten kommt es in der Regel auf ein paar Tage nicht an. Ein weiterer Punkt ist die aktuelle Wirtschaftsflaute: weniger Aufträge für die Industrie bedeuten auf der anderen Seite Überkapazitäten bei der Spediteuren. Außerdem ist der Osthandel durch die Ukraine-Krise deutlich zurückgegangen:
    "Es gibt im Augenblick jede Menge vagabundierenden Laderaum in Europa durch die Russland-Sanktionen. Das heißt, wir werden wie ein Magnet diese frei gewordenen Kapazitäten aus dem Russlandverkehr auf den deutschen Markt saugen und die werden sich hier tummeln, und werden dafür sorgen das auch langfristig angelegte Streiks nicht so spürbar werden, als sie werden müssten, wenn dieses Zusatzangebot derzeit nicht verfügbar wäre."
    So gesehen haben die Sanktionen gegen Russland auch etwas Gutes: Sie kosten Aufträge und Wachstum, machen die deutsche Wirtschaft aber widerstandsfähiger gegen mögliche Streikausfälle in der Logistik-Kette.