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Streiks bei Lufthansa und Lokführern
Stillstand auf der Schiene und in der Luft

Wer am Freitagabend mit der Lufthansa ins Wochenende fliegen will, hat allen Grund, sich zu ärgern. Von 17 bis 23 Uhr startet ab Frankfurt so gut wie nichts auf der Kurz- und Mittelstrecke. Und weil es so schön passt, geht das Streiken am Samstagmorgen gleich weiter. Dann ist die Bahn wieder dran.

Von Brigitte Scholtes |
    Es ist noch recht ruhig am Flughafen in Frankfurt. Und das, obwohl die Piloten seit 17 Uhr die Kurz- und Mittelstreckenflüge der Lufthansa, die von Frankfurt starten, bestreiken. Warum man riskiert, die Lufthansa-Kunden mit dem bis 23 Uhr angesetzten Ausstand zu verärgern, das erklärt Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit:
    "Die Verantwortung liegt aus unserer Sicht beim Lufthansa-Management, weil wir ja letzte Woche schon einen Streik hatten, es gab keinerlei Entgegenkommen seitens des Managements. Und deshalb müssen wir, sind wir gezwungen, den Druck zu erhöhen auf den Arbeitgeber, und das geht nur über Streikmaßnahmen."
    Lufthansa-Sprecherin Barbara Schädler hat jedenfalls kein Verständnis für den Streik, Lufthansa verstehe nur nicht, was die Piloten erwarteten im Streit um die Neuregelung der arbeitgeberfinanzierten Übergangsversorgung:
    "Wir möchten über viele, viele Jahre das Eintrittsalter von heute 55 auf 60 erhöhen. Bei der Germanwings und der Lufthansa Cargo hat die Lufthansa schon vor Jahren Tarifverträge abgeschlossen, wo das Eintrittsalter 60 ist. Von daher müssen wir ja wenigstens mal verstehen, warum das dann bei der Lufthansa Passage nicht passiert."
    Lufthansa wäre auch zur Schlichtung bereit nach weiteren Verhandlungen, das aber stehe noch nicht an, lehnt Cockpit-Sprecher Handwerg ab:
    "Wenn Sie jetzt in Verhandlungen gehen, und Sie wissen, dass das mit einer Schlichtung endet, dann führt das zu einer Lähmung am Verhandlungstisch. Denn Sie müssen ja davon ausgehen: Jeder Millimeter, den Sie aufgeben, das ist dann Ihre Ausgangsposition bei der Schlichtung. Also wird keine Seite sich auch nur annähernd irgendwie bewegen, sondern da kann man sich die ganzen Verhandlungen sparen. So funktioniert Tarifpolitik nicht."
    25.000 Menschen werden heute voraussichtlich ihre Flüge verpassen. Heute enden die Ferien in Hessen und in Rheinland-Pfalz, deshalb dürften vor allem rückkehrende Urlauber von dem Ausstand betroffen sein. Lufthansa. 2.200 Hotelbetten hat Lufthansa schon reserviert, außerdem buche man kostenlos auf andere Fluggesellschaften oder Busse und Bahnen um.
    Zusätzliche Mitarbeiter stünden zur Hilfe bereit, ebenso bei der Deutschen Bahn: Die setzt wegen des Ausstands bei Bedarf zusätzliche Züge ein. Morgen soll dann zwar der Flugbetrieb wieder weitgehend normal laufen. Dafür aber streiken dann die Lokführer und Zugbegleiter bei der Bahn – und zwar zwischen 6 und 9 Uhr. Die GDL, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und Cockpit hatten verabredet, nicht zeitgleich in den Ausstand zu gehen. Den Grund für den neuerlichen Streik erklärt Gewerkschaftschef Claus Weselsky:
    "Wir haben kein verbessertes Angebot. Die Bahn will mit uns nicht verhandeln über Verbesserung der Überstundensituation, nicht verhandeln über eine echte Fünf-Tage-Woche für Lokführer und Zugbegleiter. Sie lehnt es ab, wenn die GDL sich nicht vorher der EVG tarifpolitisch unterwirft. Und das heißt, dass unsere Mitglieder, unsere Lokführer dieses nicht vorhaben, und deswegen erhöhen wir den Druck über den nächsten Warnstreik."
    Die EVG, die Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft, soll nach dem Willen der Bahn als größere Arbeitnehmervertretung auch für das Zugpersonal verhandeln, die GDL nur für die Lokführer. Die Deutsche Bahn bezeichnete den Warnstreik als "völlig irrational". man sei jederzeit bereit, über alles für die Lokführer zu verhandeln, sagte Personalvorstand Ulrich Weber. Die Bahn setzt morgen mehrere hundert Mitarbeiter zusätzlich ein und schaltet eine kostenlose Service-Nummer. Weitere Informationen gibt es auf ihrer Internetseite.
    Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit aber verweist darauf, dass die Fluggäste Ausweichmöglichkeiten hätten und die meisten Urlauber wahrscheinlich ohnehin erst im Lauf des Wochenende zurückkehrten:
    "Den Piloten geht es ja um den Erhalt der arbeitgeberfinanzierten Übergangsrente für alle Piloten. Lufthansa will darauf nicht eingehen, sondern möchte, dass die seit Jahresanfang eingestellten Flugzeugführer selbst für eine Übergangsversorgung bis zum Rentenalter vorsorgen. Nur informell habe man Kontakt gehabt zu den Piloten, heißt es bei der Lufthansa. Die Fronten sind verhärtet. Pilotensprecher Handwerg:
    "Noch aber ist eine Rückkehr an den Verhandlungstisch nicht abzusehen."