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Streiks und Proteste
Frankreich begehrt zunehmend auf

Das Streikland Frankreich kommt nicht zur Ruhe: Nach der Gewalt bei Protesten gegen die geplante Arbeitsrechtsreform, Ärger bei Protesten von Studenten und der gewaltsamen Auflösung einer Gewerkschaftsaktion hat nun die Gewerkschaft CGT zum Streik bei den Pariser Verkehrsbetrieben aufgerufen - nur wenige Tage vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft im Land.

    Ein Demonstrant rennt durch eine Wolke von Tränengas.
    Bei einer Demonstration in der vergangenen Woche kam es zu Auseinandersetzung zwischen Polizei und den Demonstranten - die Polizei setzte Tränengas ein. (AFP/Lionel Bonaventure)
    Es begann mit der geplanten Arbeitsrechtsreform der sozialistischen Regierung von Präsident Francois Hollande und Ministerpräsident Manuel Valls. Diese sieht unter anderem eine Lockerung des Kündigungsschutzes sowie eine Aufweichung der 35-Stunden-Woche vor, um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das wollten Gewerkschaften sowie Schüler- und Studentenverbände nicht hinnehmen. Sie wehrten sich mit Demonstrationen, bei denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam.
    Tränengas gegen Aktivisten
    Vor einigen Tagen dann begannen Aktivisten der kommunistischen Gewerkschaft CTG damit, Raffinerien zu besetzen. Am Montag waren sechs von acht Raffinerien des Landes von den Aktionen betroffen, 20 Prozent der Tankstellen waren nach Angaben des Verkehrsstaatssekretärs Alain Vidalies geschlossen oder hatten große Versorgungsschwierigkeiten. Heute räumte die französische Polizei dann die Blockade einer Raffinerie und eines Treibstofflagers in der Nähe von Marseille. Die Beamten setzten Tränengas gegen die Gewerkschaftsaktivisten ein, die die Zugänge in Fos-sur-Mer blockierten. Die Behörden begründeten das harte Vorgehen mit Widerstand: Die Aktivisten hätten Polizisten mit Wurfgeschossen angegriffen und Paletten sowie Reifen angezündet, sagte der Polizeipräfekt dem Sender BFMTV.
    Polizisten nehmen einen Aktivisten fest, der sich wehrt.
    Polizisten nehmen einen Aktivisten an der Raffinerie Fos sur mer nahe Marseille fest. (dpa/picture alliance/MAXPPP/Frederic Speich )
    Streiks während der EM?
    Auch bei den Sozialisten stößt das Vorhaben parteiintern auf heftigen Widerstand - Abgeordnete des linken Parteiflügels kritisieren die Reform als zu unternehmerfreundlich und als arbeitnehmerfeindlich. Das Gesetz war am 12. Mai bereits in erster Lesung angenommen worden - mit einer Sonderprozedur ohne Abstimmung hatten Hollande und Valls das Vorhaben durch die Nationalversammlung geboxt. Die in der Verfassung verankerte Prozedur ebnet zugleich den Weg für einen Misstrauensantrag gegen die Regierung. Bei einem Scheitern des Antrags gilt die Gesetzesvorlage automatisch als angenommen - genau so geschah es am 12. Mai. Damit ist das Gesetz aber noch nicht durch: Ab dem 13. Juni wird sich der Senat damit beschäftigen. Das letzte Wort hat dann wieder die Nationalversammlung.
    Und nun zieht am Horizont weiteres Ungemach für die Regierung auf: Die Gewerkschaft CGT hat ab dem 2. Juni Streiks bei den Pariser Verkehrsbetrieben angekündigt, die täglich mehr als acht Millionen Menschen befördern. Nur gut eine Woche später, am 10. Juni, beginnt in Frankreich die Fußball-Europameisterschaft. Tausende Fans werden dazu in der Hauptstadt erwartet. Das nächste Verkehrschaos wäre vorprogrammiert.
    (cvo/tgs)