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Türkei und Griechenland
Was hinter dem Streit um Ägäis-Inseln steckt

Wegen einer unbewohnten Felsinsel wäre es fast schon einmal zum Krieg zwischen Griechenland und der Türkei gekommen. Doch jetzt geht es um mehr: Ankara stellt die Souveränität Griechenlands über Lesbos oder Rhodos in Frage. Während die Sorge in Athen wächst, will Ankara den Druck nutzen.

Von Susanne Güsten und Rodothea Seralidou |
Erdogan (r) und Mitsotakis bei einem Treffen in Istanbul
Der türkische Staatschef Erdogan (r) und der griechische Premierminister Mitsotakis bei einem Treffen in Istanbul im März. Seitdem gibt es zunehmend Spannungen (picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
In der Ägäis ist die Lage angespannt: Die Türkei und Griechenland streiten über den Status von Inseln im nordöstlichen Mittelmeer. In der griechischen Presse ist das seit Wochen das zentrale Thema. Gesprächsstoff auch für die Menschen auf der Straße.
Auch die 57-jährige Stamatia Stávrou beschäftigt die Auseinandersetzung. Bei über 30 Grad im Schatten hat sie in einem Athener Straßencafé Platz genommen und versucht sich mit einem eiskalten Espresso Freddo abzukühlen: „Wir machen uns ständig Sorgen. , es gibt nun mal diese Bedrohung, ich glaube aber, Griechenland balanciert das etwas aus, indem unsere Regierung sich auf die türkischen Provokationen nicht einlässt. Was wäre denn, wenn beide Länder mit Drohungen anfingen? Die Situation könnte außer Kontrolle geraten.“

Erdogans Warnung

Schon wegen einer unbewohnten Felsinsel wäre 1996 fast ein Krieg zwischen den beiden NATO-Staaten ausgebrochen. Diesmal aber geht es um sehr viel mehr: um die griechischen Inseln Lesbos, Chios, Samos und Ikaria vor der türkischen Westküste sowie die Dodekanes-Inseln, die ebenfalls nahe der türkischen Küste liegen und Griechenland gehören - die größte davon ist Rhodos. Die Türkei beschuldigt Griechenland, gegen Auflagen zu verstoßen, unter denen es die Inseln nach den Weltkriegen erhalten hatte, und stellt deshalb den griechischen Anspruch auf die Inseln in Frage.
Das sei kein Scherz, warnte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Juni und erinnerte Athen an die griechische Niederlage von 1922 im Krieg gegen die Türkei: „Ich fordere Griechenland auf, die internationalen Abkommen einzuhalten und diese Inseln nicht zu militarisieren. Ich scherze nicht, ich sage es im Ernst. Ich warne Griechenland hiermit noch einmal, Vernunft anzunehmen und auf alle Träume, Reden und Aktionen zu verzichten, die es ebenso wie vor 100 Jahren am Ende bereuen wird. Die Türkei wird auf ihre Rechte in der Ägäis nicht verzichten und sie wird von den Befugnissen Gebrauch machen, die ihr aus den internationalen Abkommen über die Demilitarisierung der Inseln zukommen.“

Worauf sich die Türkei beruft

Erdogan beruft sich auf zwei Verträge. Da ist einmal der Vertrag von Lausanne aus dem Jahr 1923, in dem die Grenzen der neuen Republik Türkei festgelegt wurden und Griechenland die Inseln Lesbos, Chios, Samos und Ikaria zugeschlagen bekam. Außerdem bezieht er sich auf den Vertrag von Paris von 1947, mit dem Italien nach dem Zweiten Weltkrieg die Dodekanes-Inseln an Griechenland abtrat. In den Verträgen wurde festgehalten, dass die Inseln entmilitarisiert werden sollten, dass Griechenland sie also nicht militärisch nutzen dürfe.
Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei
Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei (picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka)
Doch Athen habe Militär auf den Inseln stationiert und damit gegen die Verträge verstoßen, kritisiert der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu zwei Tage vor Erdogans Auftritt. „Wir protestieren gegen diese Völkerrechtsverletzung. Wir haben an die Vereinten Nationen geschrieben: Diese Inseln sind Griechenland unter bestimmten Auflagen zugesprochen worden, da sind die Verträge ganz klar. Aber Griechenland verstößt gegen die Auflagen und militarisiert die Inseln. Wenn Griechenland damit nicht aufhört, dann steht folglich die griechische Souveränität über die Inseln zur Debatte.“

Die Reaktion Griechenlands

Griechenland reagierte am 25. Mai seinerseits mit einem Schreiben an die Vereinten Nationen. Darin fordert es die Türkei auf, die Souveränität über die Ägäis-Inseln nicht in Frage zu stellen und die bestehenden Grenzen mit Griechenland zu respektieren.
Im Schreiben wiederholt Griechenland seine Sicht: dass die einzige Differenz mit der Türkei die Abgrenzung der Meereszonen beider Länder sei - des Festlandsockels und der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Zusätzlich appelliert Griechenland an die Türkei, sich ihrerseits für eine friedliche Lösung dieser offenen Frage einzusetzen, im Geiste einer guten Nachbarschaft. Doch um diesen Jahrzehnte währenden Streit rund um die Meereszonen beizulegen, müssten sich die Regierungen beider Länder erstmal in einigen grundlegenden Punkten einig werden, sagt Nele Matz-Lück, Professorin für Völkerrecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
„Die Problematik liegt darin, zu fragen, ob auch Inseln diese Meereszonen beanspruchen können. Das Seerechtsabkommen der Vereinten Nationen, sozusagen die Verfassung der Ozeane, sieht aber vor, dass auch Inseln ein Küstenmeer und auch eine Ausschließliche Wirtschaftszone und einen Festlandsockel beanspruchen können, was eben für Fischerei und Bodenschätze ausgesprochen wichtig ist. Und Griechenland geht davon aus, dass die Inseln in der Ägäis genau dies können und die Türkei verneint dieses Recht der griechischen Inseln. Entweder einigen sich die Türkei und Griechenland, das scheint im Moment unwahrscheinlich, nach den letzten ja auch verbalen Eskalationen immer unwahrscheinlicher. Die andere Möglichkeit wäre ein internationales Gericht oder Schiedsgericht. Ehrlicherweise ist dieser Weg aber genauso unwahrscheinlich“, so Matz-Lück.

Völkerrechts-Expertin: "Zwei getrennte rechtliche Situationen"

Eine Einigung und auch der Gang vor Gericht setze nämlich gute bilaterale Beziehungen und Verhandlungen voraus, was zwischen der Türkei und Griechenland nicht gegeben sei. Mehr noch: Die Türkei hat die Ebene des Streits um die Meereszonen längst verlassen. Jetzt geht es um die staatliche Souveränität über Inseln wie Rhodos, Kos, Lesbos, Chios. In der Tat sähen internationale Verträge eine Entmilitarisierung bestimmter Ägäis-Inseln vor, doch kann die türkische Forderung nach einer Entmilitarisierung der Inseln tatsächlich mit der Frage gekoppelt werden, wem die Inseln gehören?
Die Juristin Nele Matz-Lück
Die Juristin Nele Matz-Lück (picture alliance/dpa | Marcus Brandt)
Völkerrechts-Expertin Nele Matz-Lück sagt: “Ich sehe das nicht als eine Verknüpfung, dass das eine die Voraussetzung für die Überlassung ist, sondern als zwei getrennte rechtliche Situationen, nämlich einmal das Überlassen der Inseln an Griechenland einerseits und dann ein Erfordernis der Entmilitarisierung, was Griechenland gegebenenfalls gebrochen hat. Das wäre dann ein Vertragsbruch, allerdings nicht der Gestalt, dass rückwirkend die Übertragung der Inseln von Italien an Griechenland unwirksam würde.”
So sehen es auch griechische Völkerrechtsexperten. Auch wenn auf den Inseln nun Militär stationiert sei - dass die Inseln zu Griechenland gehören, könne nicht in Frage gestellt werden. Hinzu kommt: Einen Vertragsbruch könne die Türkei im Falle der Dodekanes-Inselgruppe, zu denen Rhodos gehört, gar nicht geltend machen, sagt Pétros Liákouras, Professor für Völkerrecht und Leiter des Instituts für europäische und völkerrechtliche Studien an der Universität Piräus. Denn die Türkei war an den Verhandlungen zum Pariser Abkommen zwischen den Alliierten und den so genannten „Achsenmächten“ nicht beteiligt und gehörte nicht zu den Vertragspartnern.

"Nie jemand beschwert"

Sie könne deshalb die Militarisierung dieser Inselgruppe aus völkerrechtlicher Sicht überhaupt nicht beanstanden: „Von den Vertragspartnern hat sich aber nie jemand beschwert, sogar die damalige Sowjetunion nicht oder das heutige Russland, zu dessen Gunsten nach dem Zweiten Weltkrieg die Entmilitarisierung letzten Endes vorgesehen wurde, um sicher zu stellen, dass westliches Militär auf den Inseln kein Hindernis für die russischen Schiffe bei ihrer Fahrt ins Mittelmeer sein wird. Bis heute gab es von der damaligen Sowjetunion und dem heutigen Russland überhaupt keine Beschwerde.”
Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis
Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis (picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
In der Nord-Ägäis hingegen sei der Status der Inseln Limnos und Samothràki vom Meerengen-Abkommen von Lausanne aus dem Jahr 1923 bestimmt. Das ist im Anhang des bekannten Vertrags von Lausanne enthalten. Dieses Abkommen sah zwar eine Entmilitarisierung der Meerengen vor - der Dardanellen wie auch der türkischen und griechischen Inseln drum herum, aber aus griechischer Perspektive gilt: „Dieses Abkommen wurde 1936 durch das Meerengen-Abkommen von Montreux ersetzt und da taucht das Wort Entmilitarisierung nicht mehr auf. Und dann gilt für alle griechischen Inseln auch das Recht auf Selbstverteidigung. Das kann Griechenland niemand absprechen: Den griechischen Inseln gegenüber ist eine starke türkische Armee positioniert, die Türkei droht mit einem Casus Belli, einem Kriegsgrund, sollte Griechenland sein Küstenmeer auf zwölf Seemeilen erweitern, 1974 hatten wir die türkische Invasion in Zypern. Eine Entfernung des griechischen Militärs würde bedeuten, dass die Inseln im Falle eines Angriffs schutzlos ausgeliefert wären.”
Tatsächlich hatte die türkische Regierung zunächst nichts gegen die Remilitarisierung, interpretierte die Abkommen in den Folgejahren juristisch jedoch mitunter anders. Warum die Militarisierung der griechischen Inseln der türkischen Regierung gerade jetzt aufstößt, das fragen sich auch in der Türkei viele Experten - etwa Ilhan Uzgel, Professor für internationale Beziehungen in Ankara, im regierungsunabhängigen Internetsender Medyascope.

"Eine künstliche Krise"?

„Man könnte meinen, die Inseln würden erst seit vergangener Woche militarisiert - dabei ist das ja schon seit den 1960er Jahren so. Die Türkei hat bisher nie etwas dazu gesagt, und jetzt auf einmal macht sie das zum großen Thema. Nun heißt es mit einem Mal, wir scherzen nicht, wir kommen über Nacht, und solche drohenden Sprüche. Dabei sind diese Inseln seit Jahrzehnten militarisiert. Insofern ist dies eine künstliche Krise.“
Eine künstliche Krise – aber warum hat die Türkei sie vom Zaun gebrochen? Ein Motiv lässt sich aus den Worten des türkischen Außenministers Cavusoglu heraushören, als er im Juni gegen die Militarisierung der Inseln protestiert: „Überall machen die Griechen Front gegen die Türkei. Sie setzen sich bei den Amerikanern dafür ein, dass die Türkei ihre F-16-Kampfjets nicht bekommen soll. So etwas haben wir trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit Griechenland nie getan. Sie kommen an, sie lächeln uns ins Gesicht, sie umarmen uns. Und dann drehen sie sich um und versprühen international Hass und Wut und Lügen und Unterstellungen gegen uns.“
Der türkische Außenminister spielt damit auf eine Rede des griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis vor dem amerikanischen Kongress in Washington im Mai an. Mitsotakis forderte darin, die Amerikaner sollten keine Waffen ins östliche Mittelmeer liefern – damit meinte er vor allem die F16-Kampfjets, um die sich Ankara bemüht.
Erdogan und Mitsotakis bei einem Treffen in Istanbul
Erdogan und Mitsotakis bei einem Treffen in Istanbul (picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Dieser Auftritt habe die türkische Regierung verbittert, sagt Cüneyt Özdemir, Außenpolitik-Experte beim Sender CNN-Türk, weil Mitsotakis erst ein paar Wochen zuvor in Ankara gewesen war und nichts davon gesagt hatte: „Mitsotakis ist in die Türkei gekommen. Erdogan hat ihn herzlich empfangen und gesagt, lass uns unsere Probleme unter uns lösen und keine Dritten hinzuziehen. Sie haben Hände geschüttelt, sie haben sich umarmt, dann ist Mitsotakis gegangen – und er ist geradewegs nach Amerika gefahren und hat sich über die Türkei beklagt. Er hat gefordert, dass die Türkei keine F-16-Kampfflugzeuge bekommen soll und dergleichen mehr. Darauf hat Präsident Erdogan gesagt, hey, Moment mal, so hatten wir das aber nicht besprochen.“
Mitsotakis existiere für ihn nicht mehr, hat Erdogan daraufhin erwidert – er werde nie mehr mit ihm sprechen. Der Auftritt des griechischen Premiers in Washington sei ein Auslöser für den neuen Streit in der Ägäis gewesen, meint auch Politikwissenschaftler Uzgel: „Erdogan wäre gerne selbst an Mitsotakis‘ Stelle gewesen, das wünscht er sich sehr – in Amerika vor dem Kongress zu sprechen. Doch er bekommt nicht einmal einen Termin bei US-Präsident Biden. Das spielte sicher eine Rolle: Wir werden nicht einmal ins Weiße Haus eingeladen, und der griechische Ministerpräsident darf sogar vor dem Kongress sprechen. Das hat Erdogan tief verletzt.“

Griechenlands Suche nach Verbündeten

Je mehr der türkische Präsident Erdogan Griechenland droht, desto mehr sucht der griechische Premierminister Kyriakos  Mitsotakis nach Verbündeten und drängt mit dem Problem an die Öffentlichkeit – auch, um Druck zu machen. Er wolle sich auf Erdogans Provokationen nicht einlassen und hoffe auf eine Deeskalation, beteuert er Mitte Juni in einem Interview im griechischen Staatsfernsehen: „Ich will kein Öl ins Feuer gießen. Das wäre für unsere nationalen Interessen unverantwortlich. Ich werde ruhig bleiben und die griechischen Thesen verteidigen - in jedem internationalen Forum - in der EU, in der NATO und bei meinen bilateralen Kontakten. Nicht um die Türkei zur Zielscheibe zu machen und mit dem Zeigefinger zu drohen, aber um zu erklären, warum es unter diesen schwierigen Umständen für Europa ein Problem wäre, für Europa, die NATO und die USA, wenn sich ein weiterer Krisenherd bildet auf der südöstlichen Flanke der NATO. “
Auch er wolle idealerweise die Probleme mit der Türkei bilateral lösen, doch das sei unter diesen Umständen nicht möglich. Griechenland sei auf alles vorbereitet - die griechische Bevölkerung solle sich sicher fühlen, so der griechische Premier weiter - auch dank des Rüstungsprogramms seiner Regierung. Die traditionell hohen Rüstungsausgaben Griechenlands liegen aktuell mit 3,8 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts prozentual gesehen auf Platz 1 innerhalb der NATO.
Die Bevölkerung steht größtenteils hinter dieser Rüstungspolitik. So wie der Athener Nikos Skertzos. Der 70-Jährige hat in seinem Athener Stammcafé einen Mokka-Kaffee bestellt. Damit löst er eine lebhafte Diskussion aus, ob der Kaffee türkisch oder griechisch ist. Weder noch, er sei byzantinisch, korrigiert ihn eine Frau einen Tisch weiter. Ihm sei das egal, scherzt der Rentner. Schon der Kaffee zeige: Griechen und Türken hätten viel gemeinsam.
Er würde sich ein gutes Verhältnis zwischen den zwei Ländern wünschen, aber solange das nicht geht, müsse Griechenland eben Geld für Waffen ausgeben:  „Denn im Falle eines Falles werden wir auf uns alleine gestellt sein. Ich glaube nicht, dass uns jemand ernsthaft zur Hilfe eilen wird. Außer vielleicht Frankreich, mit Frankreich haben wir ja ein Verteidigungsabkommen unterzeichnet. Die USA oder Deutschland aber würden uns bestimmt nicht helfen."
In den Teehäusern der Türkei ist Griechenland dagegen kein großes Thema, denn Griechenland rangiert hier in der Hierarchie der politischen Sorgen ziemlich weit unten, sagt Ilhan Uzgel, Professor für internationale Beziehungen in Ankara. „In der Türkei gibt es keine Angst vor Griechenland, Nicht einmal in Bodrum an der türkischen Westküste sind die Menschen von diesem Streit beunruhigt. In der Türkei denkt man nicht dauernd an Griechenland, denn die Türkei hat andere Sorgen, von den Kurdenmilizen in Syrien und Irak im Äußeren bis zur Polarisierung im Inneren.“

Innen- und außenpolitische Gründe der türkischen Regierung

Innenpolitisch passt der Streit jedoch ins nationalistische Narrativ der regierenden AK-Partei, die sich nächstes Jahr Parlaments- und Präsidentenwahlen stellen muss. Bei Konflikten mit Griechenland kann sie sich zudem auf die Rückendeckung der führenden Oppositionsparteien verlassen, der kemalistischen CHP und der nationalistischen IYI-Partei.
Auch außenpolitisch sehe die türkische Regierung einen Nutzen darin, in der Ägäis für Unruhe zu sorgen, sagt Uzgel: „Erdogan ist außenpolitisch isoliert, er bekommt in Amerika keinen Fuß auf den Boden, die Beziehungen zu Europa bekommt er auch nicht mehr flott. Deshalb zeigt er dem Westen, seht mal, ich habe die NATO-Norderweiterung blockiert, ich mache Probleme in der Ägäis, ich halte die Zypern-Frage am Kochen – er hebt also drohend die Hand. Das ist Erdogans Taktik um dem Westen zu sagen, seht mal, ich habe noch einige Trümpfe in der Hand.“
Doch auch wenn die türkische Rhetorik den Griechen derzeit Sorgen macht: Zu einer bewaffneten Auseinandersetzung werde es nicht kommen, glaubt Ilhan Uzgel, der türkische Professor für internationale Beziehungen: „Die griechische Gesellschaft ist davon überzeugt, dass die Türkei jeden Augenblick ihre Inseln besetzen könnte. Klar, unser Präsident macht ja auch solche Sprüche: Das ist überflüssig und kontraproduktiv, denn natürlich werden wir keinen Krieg gegen den NATO-Partner Griechenland führen.“
Das hoffen auch die Menschen in Griechenland. So wie die 57-jährige Stamatia Stávrou in Athen: „Zwischen unseren Völkern gibt es keinen Hass. Wir würden uns wünschen, dass auch zwischen den Staaten die Beziehungen freundschaftlicher werden, dass die Töne leiser werden, dass wir unsere Ruhe haben und Frieden.“