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Streit über kleineren Vorstand bei der Commerzbank

Die Commerzbank hat nicht gerade eine Erfolgsbilanz vorzuweisen in den zurückliegenden Jahren. Die Zahl der Mitarbeiter wurde mehrmals verringert, und nun soll auch der Vorstand kleiner werden. Doch dieser Plan von Vorstandschef Martin Blessing wird von vielen Seiten kritisiert.

Von Brigitte Scholtes |
    Der Aufsichtsrat der Commerzbank hat einer Verkleinerung des Vorstands zugestimmt. Das soll "in absehbarer Zeit" geschehen, hieß es in einer Mitteilung des Geldhauses. Eigentlich hatte das Kontrollgremium heute schon konkrete Entscheidungen treffen sollen, doch aus dem Umfeld des Aufsichtsrats hieß es, dessen Vorsitzender Klaus-Peter Müller habe dies von der Tagesordnung genommen, offenbar auf Druck der Arbeitnehmerseite. Gehen sollen zwei der derzeit neun Mitglieder, im Vorfeld hatte es geheißen, man wolle sich von den für die Abwicklungssparte zuständigen Managern Jochen Klösges und Ulrich Sieber trennen. Sieber aber ist gleichzeitig Arbeitsdirektor. Und er weiß aus seinem Bereich, dass man Verträge nicht so einfach kündigen darf, wie er vor einigen Monaten schilderte:

    "Selbstverständlich halten wir uns an geschlossene Verträge mit unseren Kunden, werden aber jede Gelegenheit nutzen, um mit dem Kunden eine schnellstmögliche Reduktion einvernehmlich zu behandeln."

    Schnell möchte auch Vorstandschef Martin Blessing eine einvernehmliche Lösung: In den nächsten Wochen nämlich sollen für die Führungsstruktur konkrete Personalentscheidungen getroffen werden, hieß es in einer hausinternen Mitteilung, die dem Deutschlandfunk vorliegt. Offenbar ist das Management weiter entschlossen, sich von Klösges und Sieber zu trennen. Doch nun müssen erst einmal die Juristen schauen, wie sie dies einvernehmlich regeln können. Zunächst hatte es geheißen, die Abfindung vor allem von Klösges werde zu hoch ausfallen, weil sein Vertrag erst vor einem Jahr bis 2017 verlängert worden war.

    Da die Commerzbank wesentlich kleiner sei als noch vor einigen Jahren, müsse sich das auch in der Führungsstruktur widerspiegeln, verteidigt Blessing die Strategie des Vorstands. Die Führungsgremien waren seit der Übernahme der Dresdner Bank Anfang 2009 aufgebläht. Das Geldhaus trennt sich bis 2016 von 5200 Mitarbeitern, nachdem es in den vergangenen Jahren schon 9000 Stellen gestrichen hatte.

    Auch die Führungsebenen unterhalb des Vorstands sollen ausgedünnt werden: elf der 55 Führungskräfte der zweiten Ebene sollen in den nächsten Wochen gehen, einige der 400 Mitarbeiter der dritten Ebene bis zum Jahresende.

    Ob das an den Kapitalmärkten wieder Vertrauen schafft, ist fraglich. Die Aktionäre haben schon längst die Geduld mit Vorstandschef Martin Blessing verloren, wie auf der Hauptversammlung im April deutlich wurde:

    "Es muss der Vorstand weg, ganz einfach. Jedenfalls erwarte ich mir einen besseren Vorstand und Aufsichtsrat als der vergangene Blessing. Denn das war ja ein Schuss in den Ofen."

    Und auch Analysten wie Steffen Bongardt von Independent Research hielten einen Schnitt nicht für falsch:

    "Ich glaube, dass das Vertrauen in den letzten Monaten bei der Commerzbank schon gelitten hat und ein Neuanfang mit bestehendem Personal mit Sicherheit schwieriger ist als vielleicht noch mal einen neuen Schnitt zu machen, mit neuen Personen das Geschäft neu auszurichten und da versuchen, auch eine neue Strategie zu entwickeln und dann gegebenenfalls auch wieder die Glaubwürdigkeit des Kapitalmarkts zu erlangen."

    Der Druck auf Blessing dürfte anhalten. Morgen legt die Bank die Zahlen für das zweite Quartal vor. Die dürften wiederum nur mager ausfallen. Eine Trendwende erwarten Analysten davon nicht.