Die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sollen mehr Geld ins Digitale investieren – das ist das Ziel des millionenschweren Förderprogramms, für das das Bundeswirtschaftsministerium zuständig ist. Noch in diesem Jahr sollen dafür 180 Millionen Euro an die Verlage gehen und später nochmal weitere 20 Millionen Euro. Dass der deutsche Staat damit erstmals direkt kommerzielle Medien unterstützen will, ist an sich eine gute Idee, findet Christopher Buschow von der Universität Weimar.
"Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn der privatwirtschaftlich organisierte Journalismus in eine tragfähige Zukunft gebracht werden soll, dass es dann Intervention der öffentlichen Hand braucht. Und hier kann die öffentliche Hand auch eine ganz wichtige Rolle spielen. Sie sollte nur eben nicht mit der Gießkanne fördern, sondern sie sollte diejenigen Projekte fördern, die die größte Chance haben, den Journalismus in eine gute Zukunft zu führen."
Prinzip Gießkanne
Die Pläne des Wirtschaftsministeriums gehen allerdings sehr in Richtung Gießkanne und richten sich auch nur an Verlage, die Zeitungen und Zeitschriften verkaufen oder kostenlose Anzeigenblätter verteilen. Denn auch wenn es offiziell um digitale Innovationen gehen soll – das Geld ist an etwas sehr Analoges geknüpft: an die Zustellung von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften. Wer eine besonders hohe Auflage hat, also viele Print-Abos verkauft, soll auch besonders viel Geld bekommen, als Ausgleich für die steigenden Zustellkosten. Ein Konstruktionsfehler, findet Buschow.
"Aus meiner Sicht müsste diese Innovationsförderung zu einer systematischen Innovationspolitik für den Journalismus in Deutschland umgestaltet werden. Das heißt, dass diejenigen Ideen gefördert werden müssten, die das größte Potenzial haben, den Journalismus in die Zukunft zu tragen. Das müsste unabhängig sein von Mediengattung, auch unabhängig von einzelnen Unternehmen. Denn man will ja nicht bedrucktes Papier fördern, sondern den demokratiepolitisch relevanten Journalismus."
Und die digitale Transformation?
Das entsprechende Konzept hat bisher allerdings nur vier Seiten. Das Wirtschaftsministerium teilt auf Anfrage des Deutschlandfunks mit, dass in den nächsten Wochen eine detailliertere Förderrichtlinie folgen soll. Außerdem ist das Ministerium inzwischen mit der EU-Kommission in Kontakt; wegen einer möglichen Notifizierung, also ob und wie die deutsche Presseförderung von der EU genehmigt werden muss.
In der Zwischenzeit haben sich allerdings auch einige Medienmacherinnen zu Wort gemeldet, die auch Geld aus dem Fördertopf haben wollen, zum Beispiel der "Arbeitskreis digitale Publisher", dem sich etwa die Online-Magazine Krautreporter, Perspective Daily und der lokale Newsletter Rums aus Münster angeschlossen haben. Initiator Christian Humborg fordert, dass auch rein digitale Angebote berücksichtigt werden.
"Wenn sich jetzt das Ministerium dem verweigert, dann kann das für mich eigentlich nur an der Spitze des Ministeriums, also in der Person von Herrn Altmaier liegen, weil ich eigentlich sonst dem Hause nicht zutrauen würde, dass sie einen solchen ordnungspolitischen Husarenritt vorschlagen, gegen jede Wettbewerbslogik, manchen Geld zu geben und anderen nicht, obwohl der einzige Unterschied ist, dass die einen noch Papier bedrucken und die anderen nicht. Was insbesondere lächerlich ist, wenn man gerade die digitale Transformation befördern will."
Auch andere wollen gefördert werden
Humborg hält das für Wettbewerbsverzerrung – und für absurd, weil gerade diejenigen ausgeschlossen würden, die sich mit digitalen Innovationen auskennen. Und auch andere Medienmacherinnen wollen gefördert werden, zum Beispiel die Straßenmagazine. Die sind nämlich gerade ohnehin dabei, stärker aufs Digitale zu setzen – und brauchen dafür finanzielle Hilfe, meint Annette Bruhns, Chefredakteurin des Hamburger Straßenmagazins "Hinz & Kunzt".
"Da schließen wir uns schon zusammen und da schielen wir natürlich auf und haben auch direkt angesprochen den Bundeswirtschaftsminister, Ihr habt da einen Topf für Verlage, vergesst die Straßenmagazine nicht. Das ist total wichtig. Das ist sozusagen für diese schwierige Digitalisierung der Bezahlbarkeit und auch des Blattes selbst, dass man sich das runterladen kann."
Noch großer Gesprächsbedarf
Und auch gemeinnützige, nicht-kommerzielle Angebote wie Netzpolitik.org, das Verbraucherportal Finanztip und die Rechercheure und Faktencheckerinnen von Correctiv wollen Geld aus der geplanten Presseförderung haben. Das Wirtschaftsministerium ist allerdings der Ansicht, dass es nicht möglich ist, den Kreis der Geld-Empfänger zu erweitern.
Im vom Bundestag beschlossenen Haushalt des Bundes sei klar festgeschrieben, dass sich die Förderung auf Abo-Zeitungen, Abo-zeitschriften und Anzeigenblätter beziehen müsse. Davon könne das Ministerium nicht einfach abweichen. Wie eng das aber tatsächlich auszulegen ist – und wer am Ende wieviel Geld bekommt, darüber wird es bis zur Ausschüttung noch großen Gesprächsbedarf geben.