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Streit um das Sportwettenmonopol spitzt sich zu

In Deutschland regelt der Glücksspielstaatsvertrag der Länder, dass nur der staatliche Wettanbieter Oddset Sportwetten anbieten darf. Auf mehreren juristischen Ebenen wie auch auf der politischen Ebene ist dieses Wettmonopol strittig.

Von Heinz Peter Kreuzer | 12.12.2009
    Klagen gegen das Verbot privater Sportwettenanbieter hat das Bundesverfassungsgericht abgewiesen. Im März 2006 hat es in einem Grundsatzurteil das staatliche Monopol auf Sportwetten indirekt festgeschrieben. Es sei zwar in seiner gegenwärtigen Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, aber die Verfassungsrichter ließen eine Hintertür offen. Um am Wettmonopol festhalten zu können, müsse mehr für die Bekämpfung der Spielsucht getan werden. Dazu gehört unter anderem eine reduzierte Werbung des staatlichen Wettanbieters Oddset. Ende 2007 verabschiedeten die Bundesländer den bis Ende 2011 gültigen Glücksspielstaatsvertrag, der das staatliche Wettmonopol festschrieb. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in dieser Woche die Rechtslage bestätigt. Dazu meint der Münchner Sportrechtler Martin Stopper.

    "Das Urteil ist natürlich dafür geeignet, das Monopol zu festigen. Das liegt daran, dass die Richter in aller Tiefe der rechtlichen Prüfung festgestellt haben, dass das Sportwettenmonopol, so wie er im Glücksspielstaatsvertrag festgesetzt ist, einerseits mit der Berufsfreiheit nach deutschem Grundgesetz aber auch nach diesen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheiten, die EU festgesetzt hat, vereinbar ist und sagt: Der Glücksspielstaatsvertrag enthält die Normen, um die Wettsucht zu bekämpfen und das ist das Hauptziel des Vertrages."

    Eine endgültige juristische Entscheidung wird Anfang kommenden Jahres vom Europäischen Gerichtshof erwartet.
    Doch Änderungen der Rechtslage kann es auch geben, weil der Staatsvertrag nicht alle Erwartungen erfüllt hat. Rückblende. Im Jahr 2006 frohlockten die Vertreter der Länder und die Landessportbünde. Sie sahen ihre Einnahmen gesichert, zu diesem Zeitpunkt nahmen die Bundesländer jährlich vier bis fünf Milliarden Euro aus den Erlösen der staatlichen Sportwetten und Lotterien ein, der Sport profitierte davon mit einer halben Milliarde Euro.
    Aber in den vergangenen Jahren hat sich das geändert. DFB-Präsident Theo Zwanziger:

    "Der Sport hat von diesen Sportwetten, deren Umsatz bei dem einzigen Wettanbieter, der zugelassen ist, immer mehr zurück geht, kaum noch etwas. Wenn es stimmt, das man einen Markt für Sportwetten in der Nähe von zwei Milliarden ansiedelt, aber Oddset nur noch 300 Millionen an Umsatz hat, dann kann man erkennen, dass etwas am Sport vorbeiläuft."

    Anwalt Martin Stopper bestätigt die Kritik des DFB-Chefs.

    "Wenn man die Bewegungen und Entwicklungen in diesem Markt beobachtet, sieht man, dass das Sportwettenmonopol einbricht, jedenfalls finanziell. Es ist so, dass weniger Leute sich an staatliche Stellen wenden, sondern an die Schattenmärkte - jedenfalls aus deutscher Sicht - im internationalen Bereich wenden und dort ihre Glücksspiele betreiben, weil dort auch bessere Quoten versprochen werden."

    Die höhere Attraktivität hat einfache Gründer. Oddset zahlt niedrigere Quoten als die Konkurrenz, da der staatliche Anbieter Lotteriesteuern in Höhe von fast 17 Prozent plus länderspezifische Abgaben leisten muss. Außerdem gibt es nur die Topwette - da muss man auf ein bestimmtes Ergebnis wetten - und die Kombiwette, bei der man auf den Spielausgang setzt, dabei muss man mehrere Begegnungen kombinieren. Bei den Privaten ist das Angebot wesentlich größer, da können Livewetten auf Einzelereignisse wie erstes Tor, dritte Ecke oder vierte Gelbe Karte einer Partie platziert werden.

    Vor diesem Hintergrund werden die Rufe nach einer Öffnung des Wettmarktes lauter. So einigte sich der Deutsche Olympische Sportbund in der vergangenen Woche auf einen liberalisierten, aber regulierten Wettmarkt. Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes:

    "Also es geht darum, dass es in der Länderkompetenz bleibt und die Länder dann beispielsweise eine Regulierungsbehörde schaffen, die dann Lizenzen prüft und vergibt und dann Lizenzgebühren erheben. Und zwar nur an zuverlässige Veranstalter, das ist das Gegenteil von dem, was in anderen europäischen Ländern passiert."

    An einer finanziellen Beteiligung der privaten Anbieter würde es nicht scheitern. Die sind seit längerer Zeit schon gesprächsbereit. Bwin-Deutschland-Chef Jörg Wacker:

    "Wir haben uns schon mehrmals dazu bereit erklärt, auch in Deutschland Abgaben zu zahlen. Wir haben mehrere Modelle vorgestellt, nach denen man Abgabenmodelle definieren könnte. Unser Vorschlag ist eindeutig, dass der Sportwettenmarkt liberalisiert wird, dass sowohl der staatliche als auch der private nebeneinander agieren können."

    Von einem liberalisierten Wettmarkt erhoffen sich vor allem die Fußballvereine höhere Erlöse aus der Werbung. Die Klubs beklagen einen Wettbewerbsnachteil in Europa, weil aufgrund des Werbeverbotes Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich verloren gehen würden. Aber Liberalisierung bedeutet nach Auffassung von Anwalt Stopper nicht gleichzeitig eine Aufhebung des Werbeverbotes:

    "Wenn der Glücksspielstaatsvertrag fällt, weil das Staatssportwettenmonopol nicht die Ziele erreicht, die man erreichen möchte, geht damit nicht automatisch einher, dass dieses auch gleichzeitig eine Regelung für die Bewerbung dieses Marktes gilt."

    Eine größere Gefahr für Wettmanipulationen befürchtet Stopper nicht. Diese seien weder in einem Monopol noch in einem geöffneten Wettmarkt zu verhindern, nur ein wenig einzudämmen.

    "Die Kontrolle ließe sich verbessern. Weil der Markt, wenn es gut überprüft wird, im Umkehrschluss zulässt, wo Manipulation und Verdachtsmomente auftauchen. Dort, wo unüblich hohe Summen gesetzt werden."

    Auf politischer Ebene regt sich jetzt ebenfalls der erste Widerstand. Das Land Schleswig-Holstein hat angekündigt, den Glücksspielstaatsvertrag zu kündigen. Begründet wurde dies von der Landesregierung mit sinkenden Einnahmen aus Lotto und Wetten. Außerdem seien private Anbieter ins Ausland abgewandert, das bedeute Verlust von Arbeitsplätzen und geringere Steuereinnahmen. Politisch gibt es jetzt zwei Möglichkeiten. Zum einen kann Schleswig-Holstein ein eigenes Gesetz erlassen. Oder drei weitere Bundesländer kündigen den Staatsvertrag. Dann könnte der bestehende Staatsvertrag nicht verlängert werden.