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Streit um deutsch-türkische Privatuniversität in Izmir

Um Faruk Sen, den ehemaligen Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien, gibt es erneut Verwirrung. Die FDP-Landtagsfraktion in Düsseldorf moniert, dass Sen für seinen neuen Auftrag, eine deutsch-türkische Universität in Izmir aufzubauen, von der NRW-Landesregierung weiterhin sein altes Gehalt plus 500.000 Euro extra bekommt. Genau das bestreitet aber die CDU/FDP-Regierung.

Armin Himmelrath im Gespräch mit Jürgen Zurheide |
    Armin Himmelrath: Große Aufregung in Nordrhein-Westfalen: Der abgesetzte Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, soll angeblich nicht nur sein Gehalt bis zum Jahresende weiter beziehen, sondern auch noch zusätzlich 500.000 Euro von der Landesregierung bekommen, damit er eine private deutsch-türkische Universität in Izmir aufbaut. Das behauptet jedenfalls die FDP-Landtagsfraktion, während die CDU/FDP-Landesregierung genau das bestreitet. Faruk Sen war durch einen umstrittenen Vergleich zwischen der Judenverfolgung und der heutigen Situation der Türken in Europa in die Kritik geraten. Jürgen Zurheide in Düsseldorf, die FDP unterstellt da ja handfeste Mauscheleien zwischen dem Wissenschaftler und der Landesregierung. Zu Recht?

    Jürgen Zurheide: Also, das scheint mir ein wenig überzogen, was die FDP da im Moment veranstaltet. In der Tat gibt es diesen Brief von Christian Lindner, dem FDP-Generalsekretär, gleichzeitig Mitglied des Landtages, an das zuständige Ministerium, an Armin Laschet, den Minister. Und da heißt es: Wir tragen das überhaupt nicht mit, dass da rund 500.000 Euro, so zumindest die Rechnung der FDP, für jemanden ausgegeben werden, den wir doch eigentlich in die Wüste geschickt haben. Das ist der erste Vorwurf. Und der zweite: Die FDP sagt dann: Egal wie, direkt oder indirekt, dieses Geld nun aus dem Landeshaushalt kommt, wir sehen überhaupt nicht und fragen uns in welchem Interesse, nordrhein-westfälischen Interesse, ist es denn eigentlich, wenn da in der Türkei eine solche deutsche Universität aufgebaut wird? Das sind die beiden Kernvorwürfe. Die sind seit gestern bekannt. Und eigentlich könnte man ja annehmen, dass innerhalb einer Koalition man dann mindestens zu einer gemeinsamen Sprachregelung kommt. Aber ich habe soeben noch mal bei der FDP nachgefragt, da ist nun überhaupt nichts klar, und man ist offensichtlich bisher nicht bereit, diesen Kompromiss, den Herr Laschet auf der einen Seite und Faruk Sen auf der anderen Seite ausgehandelt haben, so mitzutragen.

    Himmelrath: Dazu müsste man vielleicht auch mal gucken, was hat Faruk Sen denn eigentlich vor in der Türkei? Was ist das für ein Projekt, um das es da geht?

    Zurheide: Da wird seit knapp zwei Jahren drüber geredet und diskutiert. Man muss die Ausgangslage, Herr Himmelrath, in der Türkei kennen. Es gibt, wenn ich die Zahlen jetzt richtig präsent habe, 2,3 Millionen Abiturienten, aber nur für jeden Zehnten einen Studienplatz an einer staatlichen Universität. Weil das so ist, ist da eine große Nachfrage, und da gibt es jede Menge englischsprachige Universitäten, auch eine französischsprachige, aber da bleibt immer noch eine gewaltige Lücke. Da war die Idee, und das ist ja möglicherweise nicht ganz falsch und dumm, dass man auch eine deutschsprachige Universität gründet, und Faruk Sen als jemand, der ja zwischen den Welten seit einiger Zeit pendelt, hatte die Idee, das in Izmir zu machen. Und genau dieses Projekt soll er nun weiter unterstützen.

    Und jetzt muss man vielleicht noch mal aufschlüsseln, was er denn eigentlich bekommt. Im Kern haben sich Herr Laschet und er ja nur darauf geeinigt, dass die fristlose Kündigung vom Tisch kommt. Das war der erste Punkt. Klammer auf: Man muss da vielleicht wissen, dass die juristische Möglichkeit, diese fristlose Kündigung auch wirklich durchzusetzen, dass sie nicht so ganz groß gewesen wäre, denn Faruk Sen hatte einen unbefristeten Vertrag. Insofern hat Herr Laschet da, ich glaube, eher klug gehandelt, indem er gesagt hat: Wir lassen den Vertrag zunächst mal wieder so, allerdings kommt er nicht zurück an die alte Stelle, ins Zentrum für Türkeistudien, da sorgen wir für einen Neuanfang, aber er kann sich dann sozusagen im Auftrag des Landes intensiv um dieses Projekt der deutschen Universität in der Türkei kümmern.

    Zweitens: Aus dem Zentrum sollen ihm zwei Kräfte zur Verfügung gestellt werden. Insofern ist das nicht Landesgeld, sondern aus dem Zentrum werden diese Kräfte zur Verfügung gestellt. Das Einzige, worüber man diskutiert vonseiten der Landesregierung mit Faruk Sen: Ist das Ganze nun bis zum 30.6.2010 befristet oder möglicherweise bis zum Ende des Jahres? Er bekommt also auch keine Abfindung, sondern sein normales Gehalt geht weiter. Dazu kommt eine kleinere Entschädigung für andere Dinge wie Kosten, die er dann hat. Also, ob deshalb die Summe von 500.000 stimmt, würde ich jetzt nicht so ganz schnell unterschreiben, aber richtig ist, da fließt noch einiges Geld und darüber wird gestritten.