Ob qualifiziert oder nicht. Ein Mietspiegel soll Mietern und Vermietern einen Überblick geben über die ortsübliche Vergleichsmiete. Doch Mietspiegel ist nicht gleich Mietspiegel. Denn der einfache Mietspiegel wird letztlich ausgehandelt. Von Vertretern der Mieter- und Vermieterverbände unter Mitwirkung der Gemeinde. Dazu ziehen sie zwar Vergleichswerte heran, hinzu kommt aber ein guter Schuss Politik, wissenschaftlich ist das nicht. Das bedeutet auch, sagt die Berliner Rechtsanwältin Beate Heilmann, wenn Mietstreitigkeiten vor Gericht gehen:
"Der einfache Mietspiegel kann vom Gericht herangezogen werden, muss aber nicht."
Etwa wenn der Richter Zweifel hat, ob er repräsentativ ist und die durchschnittliche Miethöhe tatsächlich korrekt abbildet. Dann...
"...ist es ihm, weil er eben Richter ist, freigestellt, die ortsübliche Vergleichsmiete eben durch Schätzung zu ermitteln, meistens aber haben die Richter dann doch auf ein Sachverständigengutachten abgestellt."
Das kann denjenigen, der wegen der Miethöhe vor Gericht gezogen ist, schnell anderthalb tausend Euro kosten. Plus Gerichtskosten, wenn er verliert.
Anders ist das beim qualifizierten Mietspiegel. Erklärt Oliver Lerbs, er forscht am ZEW, dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, zum Thema Wohnungsmarkt. Weil der qualifizierte Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden soll, hat er, wo es ihn gibt - anders als der einfache Mietspiegel - bei Streit vor Gericht eine Vermutungswirkung:
"Das heißt, wenn es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren kommt, dann gilt erst einmal bis zum Beweis des Gegenteiles, dass der qualifizierte Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete korrekt wiedergibt."
Aber genau bei der wissenschaftlichen Methode liegt auch die größte Schwachstelle, wie sich im Fall vor dem Charlottenburger Amtsgericht gezeigt hat. Denn Wege, die Daten zu erheben gibt es viele. Momentan werde meist auf Stichproben gesetzt, sagt Wirtschaftswissenschaftler Lerbs. Dabei wird eine Zahl von Haushalten angeschrieben, die möglichst repräsentativ sein soll.
Datensammlung nicht objektiv genug
"Ich kann im ersten Schritt schon dafür sorgen, dass jede Wohnung dieselbe Chance hat, in die Stichprobe zu gelangen. Allerdings ist es ja nun so, dass das Teilnehmerverhalten durchaus unterschiedlich sein kann."
Der Jungmanager, der gerade in eine teure Wohnung gezogen ist, hat vielleicht keine Zeit oder Lust zu antworten. Die Rentnerin, die seit vielen Jahren in ihrer noch immer günstigen Wohnung lebt, schon.
"Sie haben möglicherweise ein Selektionsproblem. Das heißt, bestimmte Wohnungen haben von vorneherein eine etwas größere Chance in die Stichprobe zu kommen."
Das verzerrt den Durchschnittswert. Besser wäre es, erläutert Lerbs, wenn...
"...sobald eine Wohnung neu vermietet wird, vom Vermieter mitgeteilt wird, wie hoch die Miete ist und welche Wohnwert bestimmenden Merkmale diese Wohnung hat."
Diese Daten geben die Eigentümer ohnehin bekannt, wenn sie Wohnung oder Haus auf ein Immobilienportal setzen. Die Bewertung der Lage, die heute in jeder Stadt anders, aber überall gleich vage vorgenommen wird, könnte mithilfe von GPS-Daten verbessert werden. Das würde die Mietspiegel bundesweit vergleichbar machen. Um diese Reform anzustoßen, ist auch die Politik gefragt. Union und SPD haben sich dieses Ziel auch in ihrem Koalitionsvertrag gesteckt. Bis es soweit ist, kann es trotzdem für manche Vermieter interessant bleiben, den örtlichen Mietspiegel anzufechten – oder nicht zu beachten, wie es manche Hausbesitzerverbände ihren Mitgliedern raten. Erläutert Rechtsanwältin Beate Heilmann:
"Wenn ich natürlich viele Wohnungen verfüge und Vergleichswohnungen habe, ist es für mich ein einfaches Mittel. Bin ich ein einzelner Wohnungseigentümer, der die Wohnung vermietet jetzt auch zu Finanzierungszwecken, dann verfüge ich gar nicht über Vergleichswohnungen."
Dann stellt sich gleich wieder die Kostenfrage. Und die Orientierung am Mietspiegel bleibt die günstigere Variante.