August 2015. Der italienische Energiekonzern ENI macht eine ungewöhnliche Entdeckung: "Zohr", ein gigantisches Gasfeld im östlichen Mittelmeer. Mehr als 850 Milliarden Kubikmeter Gas, ein Schatz, tief unten im Meer, knapp 200 Kilometer vor der ägyptischen Küste. Ägypten darf ihn heben. Das Gasfeld liegt in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone.
Wochen des Hoffens und Bangens gingen dem Fund voraus, so heißt es in einem Werbefilm von ENI:
"I was responsible for the location of the well and during the last two weeks practically I didn’t sleep …"
Francesco Bertello, verantwortlich für die Auswahl der Bohrstelle, wusste um das hohe Risiko, bei einem Misserfolg hätte sein Konzern Unsummen buchstäblich in den Sand gesetzt. Zwei Wochen vor dem Durchbruch, erinnert er sich, habe er kaum noch schlafen können, gebannt hätten er und seine Chefs die eingehenden Daten auf dem Bildschirm verfolgt:
"Wir wussten, dass etwas Großartiges geschehen würde: 300 Meter, 400 Meter, 500 Meter, 600 Meter – ich dachte schon, die Messung würde nicht stimmen, doch dann, dann kam das Wasser, und ich war begeistert! Was für enorme Mengen an Gas! Eine Säule von 600 Metern!"
"I was responsible for the location of the well and during the last two weeks practically I didn’t sleep …"
Francesco Bertello, verantwortlich für die Auswahl der Bohrstelle, wusste um das hohe Risiko, bei einem Misserfolg hätte sein Konzern Unsummen buchstäblich in den Sand gesetzt. Zwei Wochen vor dem Durchbruch, erinnert er sich, habe er kaum noch schlafen können, gebannt hätten er und seine Chefs die eingehenden Daten auf dem Bildschirm verfolgt:
"Wir wussten, dass etwas Großartiges geschehen würde: 300 Meter, 400 Meter, 500 Meter, 600 Meter – ich dachte schon, die Messung würde nicht stimmen, doch dann, dann kam das Wasser, und ich war begeistert! Was für enorme Mengen an Gas! Eine Säule von 600 Metern!"
Mehrere spektakuläre Erdgasfunde seit 2009
Mohamed Fouad, Geschäftsführer von "Egypt Oil & Gas", der führenden Fachzeitschrift für Öl und Gas in Ägypten. Für ihn kam der Fund nicht überraschend:
"Es hat viele Studien gegeben, in den letzten zehn, fünfzehn Jahren, und sie alle haben auf die Ressourcen im Mittelmeer hingewiesen. Zohr gilt heute als zweit- oder drittgrößte Entdeckung überhaupt. Und Funde dieser Art machen eines klar: Es gibt noch viel mehr, was es zu entdecken gibt."
2009 nimmt die Gas-Saga des Mittelmeeres ihren Anfang: Sie beginnt mit der Entdeckung von "Tamar" und "Leviathan", zwei ebenfalls spektakulären Gasfeldern in der Wirtschaftszone Israels. Und mit "Aphrodite", das zu Zypern gehört. Dann folgt "Zohr", 2015. Doch damit reißen die Erfolgsmeldungen nicht ab, es kommt zu weiteren Entdeckungen, zumeist in ägyptischen Gewässern. Schätzungen gehen von mehreren Billionen Kubikmetern Gas insgesamt aus – einige Experten vermuten im Mittelmeer gar ein Drittel der Vorkommen weltweit.
"Wenn man einen Markt hat, ein Gebiet, das so klein ist und zugleich so voller Wettbewerb, dann gibt es zwei Wege: Entweder man konkurriert, und diese Art Konkurrenz endet im Konflikt – den gibt es bereits mit der Türkei. Oder aber man arbeitet zusammen und stellt sicher, dass alle davon profitieren."
"Es hat viele Studien gegeben, in den letzten zehn, fünfzehn Jahren, und sie alle haben auf die Ressourcen im Mittelmeer hingewiesen. Zohr gilt heute als zweit- oder drittgrößte Entdeckung überhaupt. Und Funde dieser Art machen eines klar: Es gibt noch viel mehr, was es zu entdecken gibt."
2009 nimmt die Gas-Saga des Mittelmeeres ihren Anfang: Sie beginnt mit der Entdeckung von "Tamar" und "Leviathan", zwei ebenfalls spektakulären Gasfeldern in der Wirtschaftszone Israels. Und mit "Aphrodite", das zu Zypern gehört. Dann folgt "Zohr", 2015. Doch damit reißen die Erfolgsmeldungen nicht ab, es kommt zu weiteren Entdeckungen, zumeist in ägyptischen Gewässern. Schätzungen gehen von mehreren Billionen Kubikmetern Gas insgesamt aus – einige Experten vermuten im Mittelmeer gar ein Drittel der Vorkommen weltweit.
"Wenn man einen Markt hat, ein Gebiet, das so klein ist und zugleich so voller Wettbewerb, dann gibt es zwei Wege: Entweder man konkurriert, und diese Art Konkurrenz endet im Konflikt – den gibt es bereits mit der Türkei. Oder aber man arbeitet zusammen und stellt sicher, dass alle davon profitieren."
Das "Eastern Mediterranean Gas Forum"
Sieben Anrainer des östlichen Mittelmeers entschieden sich dafür, zu kooperieren. Mitte Januar 2019 kommen die Energieminister von sechs Staaten zusammen: Zypern,Griechenland, Italien, Ägypten, Jordanien, Israel - und: Der Energieminister der Palästinensischen Autonomiegebiete. Sie verkünden die Gründung eines Forums: Das "Eastern Mediterranean Gas Forum". Es steht auch anderen offen, soll der Zusammenarbeit dienen, Wohlstand und Stabilität im östlichen Mittelmeerraum schaffen.
Es soll Energie bereitstellen, für die Region und darüber hinaus. Und: Es soll die Interessen seiner Mitglieder nach außen vertreten. Die vielen "Kleinen" wollen den "Großen" des globalen Gasgeschäfts begegnen können: Katar, Iran, den USA und Russland. Der Sitz des neuen Forums ist Kairo.
Die Zusammensetzung des Forums ist ungewöhnlich. Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, besucht Ägypten Anfang Februar zusammen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft:
"Ich halte die Idee dieses Gasforums für eine sehr kluge. Weil sie nämlich dazu führt, dass frühere Feinde, die noch vor wenigen Jahrzehnten Krieg geführt haben, jetzt darüber miteinander sprechen, wie sie ihren Schatz, den sie jetzt erschließen, gemeinsam so vermarkten, dass es ökologisch verträglich ist; dass es den Staats-Einnahmen nützt und gleichzeitig auch eine verlässliche Gasversorgung in anderen Teilen Europas ermöglicht."
"Ich halte die Idee dieses Gasforums für eine sehr kluge. Weil sie nämlich dazu führt, dass frühere Feinde, die noch vor wenigen Jahrzehnten Krieg geführt haben, jetzt darüber miteinander sprechen, wie sie ihren Schatz, den sie jetzt erschließen, gemeinsam so vermarkten, dass es ökologisch verträglich ist; dass es den Staats-Einnahmen nützt und gleichzeitig auch eine verlässliche Gasversorgung in anderen Teilen Europas ermöglicht."
Ägypten will Energie-Umschlagsplatz werden
Treibende Kraft für die Gründung des neuen Forums ist Ägypten. Über Jahrehat es auch seine Beziehungen zu den südlichen EU-Staaten intensiviert, zu Zypern, Italien und Griechenland.
Das Hundert-Millionen-Volk am Nil hatte einst selbst Gas exportiert, wenn auch in vergleichsweise kleinen Mengen. Der Aufstand von 2011 und die sich anschließenden politischen Unruhen führten jedoch zu einem verheerenden Niedergang der Wirtschaft. Auch der Energiesektor war davon betroffen. Gas musste infolge auf dem Weltmarkt eingekauft werden, für viele immer knapper werdende Devisen. Die Menschen litten unter Stromausfällen und Mangel an Treibstoff.
Das Hundert-Millionen-Volk am Nil hatte einst selbst Gas exportiert, wenn auch in vergleichsweise kleinen Mengen. Der Aufstand von 2011 und die sich anschließenden politischen Unruhen führten jedoch zu einem verheerenden Niedergang der Wirtschaft. Auch der Energiesektor war davon betroffen. Gas musste infolge auf dem Weltmarkt eingekauft werden, für viele immer knapper werdende Devisen. Die Menschen litten unter Stromausfällen und Mangel an Treibstoff.
Das änderte sich mit Beginn der Präsidentschaft von Abdel Fattah al-Sisi. Vor allem der Energiesektor, der im Land am Nil wegen der Förderung von Erdöl traditionell stark ist, profitierte von Strukturreformen, dem Abbau von Subventionen und der einsetzenden Liberalisierung auf dem Energiemarkt - profitierte von innovativem Denken.
Der Gasfund "Zohr" war für viele Ägypter ein sprichwörtliches "Geschenk des Himmels": 2015 entdeckt, in Windeseile erschlossen, katapultierte es das Land in kürzester Zeit energiepolitisch nach vorne. Ägypten machte sich bereits Ende 2018 von Gas-Importen unabhängig, wird wenige Monate später erneut zum Exporteur.
Doch Kairo hat Pläne, die darüber hinausgehen. Ägypten will Zentrum werden, Umschlagplatz für Gas und Energie in der Region. Maria Moraeus Hanssen ist Mitglied der Delegation von Bundesminister Altmaier. Sie hält das ambitionierte Ziel, das sich Kairo gesteckt hat, für erreichbar. Die Norwegerin, bislang Firmenchefin von DEA, der Deutschen Erdoel AG, ist heute leitende Geschäftsführerin der frisch fusionierten Wintershall DEA:
"Ich denke, Ägypten ist dafür gut ausgestattet. Es hat bereits LNG-Anlagen, die ausbaufähig sind, und es hat eine starke inländische Nachfrage, die zunehmen dürfte. Es ist also diese Balance zwischen starkem Binnenmarkt, einer Export-Infrastruktur und großen eigenen Ressourcen. Und: Kairo ist es gelungen, Verträge zu schließen und mit seinen Nachbarn übereinzukommen.
So hat sich Ägypten mit Zypern, Griechenland und Saudi-Arabien über die jeweiligen Wirtschaftszonen geeinigt. Es hat mit Zypern vertraglich den Bau einer Pipeline besiegelt, eine Pipeline, die zyprisches Gas aus "Aphrodite" zu den LNG-Anlagen an der ägyptischen Nordküste transportieren wird – Anlagen also, die Gas verflüssigen, damit für die Lagerung und für den Export per Schiff aufbereiten. Und: Ägypten ist mit Israel im Februar 2018 einen Handel eingegangen: Es kauft israelisches Gas, für 15 Milliarden US-Dollar, über eine Zeitspanne von zehn Jahren, verflüssigt es und verkauft es weiter.
EU strebt strategische Energiepartnerschaft mit Ägypten an
Tatsächlich verfügt Ägypten auch als einziges Mitglied des "Gasforums" seit Jahren über LNG-Anlagen. Seine exponierte geografische Lage und der Suezkanal dürften sich für die ambitionierten Pläne, zum Umschlagplatz für Energie zu werden, ebenfalls positiv auswirken. Maria Moraeus Hanssen, leitende Geschäftsführerin von Wintershall DEA:
"Natürlich bleibt es eine Herausforderung, sich mit möglicherweise rivalisierenden Vorstellungen anderer auseinanderzusetzen. Ganz offensichtlich hat auch die Türkei Ambitionen, eine Art "Transit-Land" für Gas zu werden. Es könnte spruchreif werden in dem Moment, in dem ägyptisches Gas oder eben Gas aus der Region nach Europa gehen soll."
Bereits im April 2017, also noch vor Beginn der ersten Gasproduktion auf "Zohr", besichtigte der Spanier Miguel Arias Canete die dazugehörigen Produktionsanlagen. Der EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie, dem Kritiker eine allzu große Nähe zur Erdölindustrie nachsagen, besuchte Ägypten, um eine Absichtserklärung zu unterzeichnen: Über eine strategische Partnerschaft im Energiesektor.
Bereits im April 2017, also noch vor Beginn der ersten Gasproduktion auf "Zohr", besichtigte der Spanier Miguel Arias Canete die dazugehörigen Produktionsanlagen. Der EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie, dem Kritiker eine allzu große Nähe zur Erdölindustrie nachsagen, besuchte Ägypten, um eine Absichtserklärung zu unterzeichnen: Über eine strategische Partnerschaft im Energiesektor.
Brüssel, so ist der Erklärung zu entnehmen, will Ägypten dabei unterstützen, zur Drehscheibe eines Gashandels zu werden. Für Europa sei das von strategischer Bedeutung. Europa könne so seine Nachfrage diversifizieren, also auf neue Anbieter zugehen. Ein symbolträchtiger Besuch. Wohl auch ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Ankara.
Februar 2019. "EGYPS", die alljährlich stattfindende internationale Petroleum Schau des Landes hat ihre Tore geöffnet, die großen Messehallen in Neu-Kairo sind gut besucht: Shell, BP, DEA, Total, Apache, Chevron und ENI, ExxonMobil, Petronas und viele andere stellen aus, werben für ihre Arbeit. Dazwischen, unübersehbar, die Länderpavillons: Chinesen, Amerikaner und Russen - einträchtig nebeneinander, erstaunlich einträchtig – angesichts der vielen Spannungen, die die Weltpolitik beherrschen.
Februar 2019. "EGYPS", die alljährlich stattfindende internationale Petroleum Schau des Landes hat ihre Tore geöffnet, die großen Messehallen in Neu-Kairo sind gut besucht: Shell, BP, DEA, Total, Apache, Chevron und ENI, ExxonMobil, Petronas und viele andere stellen aus, werben für ihre Arbeit. Dazwischen, unübersehbar, die Länderpavillons: Chinesen, Amerikaner und Russen - einträchtig nebeneinander, erstaunlich einträchtig – angesichts der vielen Spannungen, die die Weltpolitik beherrschen.
Trotz aller Euphorie und dem vermeintlich friedlichen Miteinander auf dem Messegelände ist angesichts von Wimpeln, Bannern und Fahnen doch offensichtlich: Europäer und Amerikaner zeigen deutlich mehr Präsenz. Und auf den Podien der vielen Workshops sitzen weder Russen, Iraner noch Kataris - und auch keine Türken.
Türkei wertet Forum als Provokation
Mindestens drei Konflikte zeichnen sich ab: Die Türkei, gewichtige Regionalmacht und ebenfalls Mittelmeer-Anrainer, ist dem Forum nicht beigetreten. Zu groß sind die politischen Spannungen, die sich im Verhältnis zu Ägypten und Israel aufgebaut haben. Und natürlich stört sich Ankara an der Mitgliedschaft Zyperns, spricht Nikosia ab, im Namen der ganzen Insel zu sprechen. Die sei geteilt und jegliche Abkommen, auch Lizenzvergaben, seien damit nichtig. Ankara spricht Nikosia zudem ab, seine exklusive Wirtschaftszone als "Festland" zu definieren, Zypern sei eine Insel und habe daher kein Anrecht auf die 200 Seemeilen vor seinen Küsten.
Seit Freitag unternimmt nun ein türkisches Schiff Probebohrungen rund 60 Kilometer westlich der Mittelmeerinsel Zypern – mit gefährlichen Folgen in einem seit langem schwelenden Konflikt. Am Montag veranlasste die zur EU gehörende Republik Zypern gegen die Besatzung des Schiffes internationale Haftbefehle. Auch von der EU, den USA und Israel gab es Kritik.
Symeon Kassianides ist Vorstandschef von DEFA. DEFA wickelt im Auftrag Nikosias die Gasgeschäfte für die Regierung ab. Kassianides setzt auf Pragmatismus:
"Ich meine, dass sich die Türkei nicht isolieren sollte. Aber sie tut es, und das ist taktisch sehr kurzfristig gedacht. Es ist doch ein Gebiet, in dem alle zusammen arbeiten könnten. Ich als Zyprer hoffe, dass die Vernunft siegt, man sich einigt und teilhat an den Vorzügen, die für alle zugänglich sind."
Symeon Kassianides ist Vorstandschef von DEFA. DEFA wickelt im Auftrag Nikosias die Gasgeschäfte für die Regierung ab. Kassianides setzt auf Pragmatismus:
"Ich meine, dass sich die Türkei nicht isolieren sollte. Aber sie tut es, und das ist taktisch sehr kurzfristig gedacht. Es ist doch ein Gebiet, in dem alle zusammen arbeiten könnten. Ich als Zyprer hoffe, dass die Vernunft siegt, man sich einigt und teilhat an den Vorzügen, die für alle zugänglich sind."
Israel und Palästinenser gemeinsam im Forum
Gallia Lindenstrauss und Ofir Winter arbeiten für das "Institute for National Security Studies", das der Universität von Tel Aviv angeschlossen ist. Beide haben über das neue Gasforum publiziert, und über dessen politische Implikationen. Gallia Lindenstrauss, via skype:
"Die Türkei nimmt die Kooperation im östlichen Mittelmeer als Provokation, als gegen sie gerichtet wahr, und gegen Nord-Zypern. Kurz nach der Gründung des Forums hielt sie daher ein großes Flotten-Manöver ab und demonstrierte Stärke."
"Die Türkei nimmt die Kooperation im östlichen Mittelmeer als Provokation, als gegen sie gerichtet wahr, und gegen Nord-Zypern. Kurz nach der Gründung des Forums hielt sie daher ein großes Flotten-Manöver ab und demonstrierte Stärke."
Die israelische Wissenschaftlerin sieht eine Gefahr für die Arbeit des neuen Forums. Sie geht davon aus, dass lediglich Erfolge bei der Wiedervereinigung Zyperns diese Gefahr bannen können.
Ein möglicher zweiter Konflikt ergibt sich aus der Zusammensetzung des neuen Gremiums selbst. Israelis und Palästinenser unter einem Dach - trotz aller von Gewalt geprägten Konfrontation um die Gründung eines Staates Palästina. Israel, so Ofir Winter, wolle durch eine Mitgliedschaft im neuen Forum auch seine Isolation in der Region überwinden:
"Das Gas, vielleicht ist es eines der Geheimnisse für den Erfolg des neuen Forums. Denn Gas ist sehr konkret, nicht kontrovers. Und es dient allen. Eine Kooperation fällt da leichter, obwohl sie für Israelis, Palästinenser und einige arabische Staaten nach wie vor sehr heikel ist. Aber Gas ist eine so pragmatische und praktische Angelegenheit."
Kooperation im Spannungsfeld von USA und Russland
Bleibt die Rivalität zwischen den USA und Russland, die die Arbeit des neuen Forums beeinflussen dürfte; der mögliche dritte Konflikt. Die USA sind gegen die Abhängigkeit Europas, insbesondere aber Deutschlands von russischem Gas. Sie unterstützen die Arbeit des neuen Forums, befürworten ein weiteres sehr ambitioniertes Projekt: Den Bau einer Pipeline, 1900 Kilometer lang, Kostenpunkt rund sieben Milliarden Euro, die so genannte "East Med Pipeline". Sie könnte Gas von den israelischen Gasfeldern über Zypern nach Griechenland führen, und dann – durch das europäische Netz – auch nach Deutschland.
Gallia Lindenstrauss: "Ich denke nicht, dass Russland die Arbeit des neuen Gasforums direkt behindern wird. Doch es kann seine dominante Position auf dem Markt, vor allem in Europa, nutzen und verhindern, dass die Mitglieder des Forums einen attraktiven Preis machen. Es wäre also ein Preiskrieg. Das Gas aus dem östlichen Mittelmeer dürfte teuer sein, dann nämlich, wenn Russland seine Preise senkt."
Fünfte Sitzung der Gemischten Deutsch-Ägyptischen Wirtschaftskommission. Rund 150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben sich in Kairo versammelt. Ölminister Tarek el-Molla begrüßt sein Auditorium, spricht über die Reformen in seinem Sektor.
Auch Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, ergreift das Wort. Die Veranstaltung ist informativ und die deutsche Seite wirkt interessiert, die Kooperation auszubauen, auch im Energiesektor. Nach den annoncierten Ausstiegen aus Atomenergie und Kohle wird Deutschland neue Wege gehen müssen.
Peter Altmaier: "Wir haben uns entschieden, in den letzten Wochen, dass wir zum ersten Mal in Deutschland auch Flüssiggas-Terminals bauen wollen, mindestens einen, wenn nicht auch zwei. Ich habe das mit meinem ägyptischen Kollegen diskutiert, es gibt ein großes Interesse, aber natürlich muss dieses Gas dann auch wettbewerbsfähig sein, das heißt, es muss sich preislich gegenüber anderen Angeboten behaupten können. Aber das werden wir besprechen, wenn es soweit ist."
Energiepolitische Bedeutung des östlichen Mittelmeers wird steigen
Maria Moraeus Hanssen, bislang Firmenchefin der deutschen DEA, die bereits seit 1974 in Ägypten arbeitet, ist heute leitende Geschäftsführerin der frisch fusionierten Wintershall DEA. Die Fusion macht den Konzern zum größten unabhängigen Öl- und Gasförderer Europas. Für Moraeus Hanssen steht fest: Zusätzliche Investitionen in Ägypten zahlen sich aus. Und: Nach der Fusion sind jetzt auch kostenintensive Explorationen möglich, wie etwa die von ENI im Gasfeld "Zohr". Zum Klimawandel positioniert sich Moraeus Hanssen so:
"Ich gehöre nicht zu denen, die behaupten, die Öl- und Gasindustrie existiere für immer. Wenn man aber eine schnelle, wirtschaftlich und kommerziell machbare Lösung will, dann dürfte der viel diskutierte Wechsel von Kohle zu Gas in Deutschland einen großen Unterschied machen. Wenn es gelänge, die Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke zu ersetzen, dann wäre das ein bedeutender Beitrag zur Reduktion von Co2 und Emissionen."
"Ich gehöre nicht zu denen, die behaupten, die Öl- und Gasindustrie existiere für immer. Wenn man aber eine schnelle, wirtschaftlich und kommerziell machbare Lösung will, dann dürfte der viel diskutierte Wechsel von Kohle zu Gas in Deutschland einen großen Unterschied machen. Wenn es gelänge, die Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke zu ersetzen, dann wäre das ein bedeutender Beitrag zur Reduktion von Co2 und Emissionen."
Mohamed Fouad von der Fachzeitschrift "Egypt Oil & Gas" teilt diese Meinung. Ohnehin gilt: Anders als in Deutschland gibt es aus klimapolitischen Gründen in der Region keine Kritik am Gas, nicht auf Zypern, nicht in Ägypten, nicht in Israel.
"Ich denke, wir alle bewegen uns in Richtung erneuerbare Energien, suchen dabei nach billigen, umweltfreundlichen Ressourcen. Gas kommt diese Rolle zu. Die Nachfrage nach Gas wird gravierend steigen. Und damit werden auch die Staaten am östlichen Mittelmeer an Bedeutung gewinnen.
"Ich denke, wir alle bewegen uns in Richtung erneuerbare Energien, suchen dabei nach billigen, umweltfreundlichen Ressourcen. Gas kommt diese Rolle zu. Die Nachfrage nach Gas wird gravierend steigen. Und damit werden auch die Staaten am östlichen Mittelmeer an Bedeutung gewinnen.