Das Erstaufnahme-Lager in Traiskirchen, 20 Kilometer von Wien entfernt. Für knapp über 1.000 Menschen ist es zugelassen. Mehr als 4.000 Flüchtlinge leben aber hier. Es gibt nicht genug Platz für alle – viele müssen in Zelten oder Postbussen nächtigen – Amnesty International kritisiert die Zustände. Auch Andreas Babler, sozialdemokratischer Bürgermeister der Kleinstadt ist empört.
Dafür wäre das Bundesland Niederösterreich zuständig, regiert von den Konservativen. Seit Monaten wird die heiße Kartoffel Flüchtlinge zwischen Ländern, Gemeinden und der Wiener Regierung hergeschoben. Um das per Verfassungsgesetz zu ändern, hat die Große Koalition die Grünen ins Boot geholt, um nun per Dekret die Flüchtlinge verteilen zu können. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von den Konservativen ist zufrieden.
Das sogenannte Durchgriffsrecht sieht eine Quote vor: Gemeinden von mehr als 2.000 Einwohnern sollen bis zu 1,5 Prozent Flüchtlinge aufnehmen – bezogen auf die Einwohnerzahl. Europaweit hat Österreich derzeit eine der höchsten Pro-Kopf-Asyl-Quoten. 35.000 Menschen haben hier 2015 bisher Asyl beantragt. Helene Schwarz, Bürgermeisterin der Marktgemeinde Sooß bei Wien mahnt europäische Solidarität an.
Sozialdemokraten fordern kritische Selbstreflexion
Kritik am Durchgriffsrecht kommt von den Landeshauptmännern der Bundesländer Tirol und Burgenland. Auch die Rechtspopulisten von der FPÖ toben, Parteichef Strache kündigt ein Volksbegehren an.
Ein Anti-Asyl-Volksbegehren wäre das Letzte, was Österreich jetzt braucht, kritisiert die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, Gerda Schaffelhofer. Das werde eine ausländerfeindliche Stimmung nur anheizen, glaubt sie. Wegen der Flüchtlinge ist Österreich auch von außen unter Druck: Bayern kritisiert, die Alpenrepublik winke die Flüchtlinge nur durch. Österreichs Innenministerin wies den Vorwurf zurück.
"Wo aber kommen dann täglich um die tausend Flüchtlinge her, die in Bayern landen? Sie kommen mit dem Zug – über die Brenner-Route. Oder über die Balkan-Route, via Ungarn. Österreichs Polizei räumt ein, mit der Situation überfordert zu sein. Laut denkt auch sie über die zeitweise Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach.
Kriegsflüchtlinge versus Wirtschaftsflüchtlinge – dieses Gegensatzpaar bemühen derzeit Europas Politiker in ihrer Rhetorik. Statt Stimmung gegen die Migranten zu machen, sollten sie selbstkritisch auch einmal über die Ursachen der Flüchtlingswelle nachdenken, meint der sozialdemokratische Bürgermeister von Traiskirchen, Babler.