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Streit um geplante Beimischung von Biokraftstoff in Benzin

Bioethanol wird aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Weizen oder Zuckerrohr, gewonnen. Dieser Biokraftstoff soll nach dem Willen der Bundesregierung dem Benzin beigemischt werden, um dadurch die CO-2-Bilanz der Autos zu verbessern. Als diese Pläne bekannt wurden, gab es Bedenken, ob denn alle Autos dieses Gemisch auch vertragen. Nach einer ersten vorläufigen Erhebung des Automobilclubs ADAC wäre diese Beimischungspflicht problematischer als gedacht.

Von Philip Banse | 28.03.2008
    Es könnte durchaus ein größeres Problem sein, wenn denn stimmt, was der ADAC herausgefunden haben will: Der Automobilclub hat bei den Autoherstellern nachgefragt: Wie viele Autos würden es nicht vertragen, wenn dem Benzin - wie geplant - zehn Prozent Bioethanol beigemischt werden? ADAC-Sprecher Otto Saalmann:

    "Nach intensiven Recherchen und nach mehrmaligem Nachfragen bei den Herstellern haben wir bisher herausgefunden, dass etwa 3,12 Millionen PKW und Motorräder diese zehnprozentige Beimischung von Bioethanol nicht vertragen. Und rund vier Millionen Fahrzeugen liegen noch keine Aussagen vor, es ist also zu befürchten, dass die Zahl weiterhin steigt. "

    Von diesen über drei Millionen Autos kämen gut 300.000 von deutschen Herstellern, den Rest produzieren ausländische Konzerne. Über drei Millionen Autos also, die Schaden nehmen könnten, wenn sie Benzin mit Bioethanol tranken - das wären über sieben Prozent der Autos in Deutschland und weit mehr Problemfälle, als das Bundesumweltministerium bisher annimmt. Die entscheidende Beimischungs-Verordnung liegt derzeit auf Eis, eben weil das Ministerium prüfen will, wie viele Autos Probleme mit dem CO2-ärmeren Bioethanol-Benzin hätten. Dazu hat die Auto-Industrie versprochen, bis Ende dieses Monats genau aufzulisten, welche Autos kein Bioethanol vertragen. Ende des Monats heiße 31. März, sagte ein Ministeriums-Sprecher, die drei Tage wolle man noch abwarten und vorher keine Stellungnahme zu den ADAC-Zahlen abgeben. Der ADAC geht jedoch davon aus, dass die erwarteten offiziellen Zahlen der Auto-Industrie nicht von den jetzt veröffentlichen Zahlen des ADAC abweichen werden:

    "Das was wir hier recherchiert haben, das sind die Zahlen. Und die sind ja noch nicht einmal endgültig. Wir schätzen, dass da eher noch mehr Fahrzeuge dazu kommen."

    Bundesumweltminister Gabriel hatte bereits angekündigt: Wenn statt Hunderttausender auf wider Erwaten Millionen Autos in Deutschland Bioethanol nicht vertragen, werde er die Bioethanol-Strategie überdenken, die Beimischungs-Pflicht sei dann eventuell vom Tisch. Das geht dem Verkehrsclub Deutschland zu weit, VCD-Sprecher Daniel Kluge:

    "Wenn es tatsächlich so ist, dass drei Millionen Fahrzeuge dieses Bioethanol nicht vertragen, ist es noch einmal ein zusätzliches Argument, die Biokraftstoff-Strategie der Bundesregierung zu überarbeiten. Aus unserer Sicht muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass nur so viel Bioethanol dem Sprit beigemischt wird, wie erstens umwelt- und sozialverträglich erzeugt wurde und zweitens die Fahrzeuge technisch nicht gefährdet."

    Der ADAC fordert, nicht schon ab 2009 Bioethanol dem Benzin beizumischen, sondern erst 2012, so Sprecher Otto Saalmann:

    "Wir bleiben aber auch dabei, dass der Fahrzeughersteller, die Mängel, die auf die Verwendung von Bioethanol zurück zu führen sind, trägt und auch die Beweislast, dass Schäden nicht durch Bioethanol entstanden sind, sollte beim Hersteller liegen."

    Wenn also ein altes Auto, das angeblich Bioethanol verträgt, liegen bleibt, müsste demnach der Autohersteller nachweisen, dass der Schaden nicht durch das beigemischte Bioethanol entstanden ist - diese Forderung gilt im Umweltministerium als unrealistisch. Sollte die Bundesregierung bei ihrem Plan bleiben, Benzin Bioethanol beizumischen, müssten Besitzer älterer Autos, die das nicht vertragen, Super Plus tanken, den Super Plus soll auch weiterhin ohne Bioethanol verkauft werden. Eine Tankfüllung Super Plus ist aber rund sieben Euro teurer. Das sei nicht akzeptabel, so Daniel Kluge vom Verkehrsclub Deutschland.

    "Wir können auf gar keinen Fall dieses Problem auf dem Rücken der Verbraucher austragen. Es ist keine Lösung, dass die Autoindustrie jetzt sagt: Na, dann tankt jetzt Super Plus. Dieser Kraftstoff ist deutlich teurer, das ist sicher nicht die Lösung. Die Autoindustrie muss selber durch technische Maßnahmen und auch Garantien für die Verbraucher dieses Problem in den Griff kriegen."