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Streit um Glyphosat
Umweltinstitut München fordert weiterhin generelles Verbot

Laut einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung gibt es keine Hinweise, dass das umstrittene Herbizid Glyphosat krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung hat. Das Umweltinstitut München e.V. hält die Untersuchung für problematisch.

Von Anja Nehls |
    Allein in Deutschland wurden im Jahr 2012 knapp 6000 Tonnen des Wirkstoffs Glyphosat verkauft. In einer Umfrage unter deutschen Landwirten gaben drei Viertel der Befragten an, glyphosathaltige Mittel zu spritzen.
    Glyphosat ist ein Herbizid, also ein Unkrautvernichtungsmittel, das hochwirksam ist sagt Dr. Andreas Hensel der Präsident des Institutes für Risikobewertung.
    "Weil das ein Aminosäureabkömmling ist, also ein Eiweißabkömmling, der in dem Organismus der Pflanze dazu führt, dass ein ganz bestimmter Stoffwechselprozess unterbrochen wird und die Pflanze stirbt eben ab, wenn dieser Stoff in die Pflanze hineingelangt und die Pflanze Wachstum hat."
    Besonders gerne wird das Glyphosat in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut eingesetzt. Das Saatgut ist dann dagegen resistent und alles andere, was auf dem Feld wächst, stirbt ab. Glyphosat ist, wie die meisten Unkrautvernichtungsmittel – hochumstritten. 2002 ist es in der EU erstmals zugelassen worden. Die EU lässt nun turnusmäßig alle Stoffe, die als unsicher gelten neu bewerten und hat das Bundesinstitut für Risikobewertung damit beauftragt, eine Analyse der Gesundheits- und Umweltrisiken zu erstellen. Dazu wurden neue Studien unter anderem an Ratten und Kaninchen ausgewertet. Ergebnis: Es gibt keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat.
    Das Umweltinstitut München e.V. findet das lächerlich, denn herangezogen worden seien nur Studien, die die Industrie in Auftrag gegeben hat, sagt Melanie Eben vom Umweltinstitut München. Ihr Institut hat andere wissenschaftliche Studien ausgewertet:
    "Also die haben genau das Gegenteil aufgezeigt, dass es sehr wohl Krebserzeugend sein kann, dass es sehr wohl fruchtschädigende Eigenschaften hat, dass es sich auch auf die Reproduktion negativ auswirkt, es hat extreme Fehlbildungen zur Folge, also es ist krebserzeugend, man sieht Kinder mit Deformationen, mit riesigen Tumoren. Also das vom Tisch zu wischen und zu sagen es ist alles im grünen Bereich und zu sagen der Wirkstoff Glyphosat hat keinerlei Auswirkungen, das kann man so definitiv nicht stehenlassen."
    Vor ökologischen Risiken warnt auch das Umweltbundesamt. Glyphosat trage zur Verarmung der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlichen Gebieten bei, weil Vögeln wie der Feldlerche indirekt die Nahrungsgrundlage entzogen werde.
    Gerade Tierfutter zum Beispiel Sojaschrot wird zu fast 100 Prozent unter Einsatz von Glyphosat produziert. Deshalb sind vom Bundesinstitut für Risikobewertung auch Kühe untersucht worden. Wenn eine Kuh 15 kg am Tag futtert, nimmt sie 1 mg Glyphosat auf, sagen die Wissenschaftler. Davon scheidet sie 70 Prozent über Kot und Harn wieder aus. Der Rest könnte zum Beispiel in der Milch landen, aber das hält Gerhard Breves von der Tierärztlichen Hochschule Hannover für ungefährlich:
    "Der nächste Kandidat, der hier untersucht werden sollte, ist ganz sicher die Milch. Wenn diese 300 Mikrogramm komplett über die Milch ausgeschieden würden, dann hieße das bei einer Milchleistung von ca. 30 Litern pro Tag, dass da eine Glyphosatkonzentration wäre in einem Liter Milch von ca. 10 Mikrogramm. Und das ist fernab einer Dosierung, die in irgendeiner weise in toxikologischer Hinsicht relevant ist."
    Das Umweltinstitut München fordert ein generelles Verbot von glyphosathaltigen Pflanzengiftenund einen Verkaufsstopp an Privatpersonen. Die Umweltminister der Länder haben von der Bundesregierung gefordert Glyphosat in Haus und Kleingarten zu verbieten.
    Das Bundesinstitut für Risikobewertung kam aber zu dem Ergebnis, dass Glyphosat nach wie vor alle Kriterien erfüllt, die das EU-Recht an Pflanzenschutzmittelwirkstoffe stellt. Der entsprechende Bericht wird jetzt an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weitergeleitet.