Die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in der AfD spitzt sich zu. Erneut kritisiert vorwiegend westliches Spitzenpersonal die Flügel-Leitfigur Björn Höcke. Parteiprominenz aus der Strömung, die sich selbst als bürgerlich-konservativ sieht, fordert den Rechtsaußen und Thüringer Landesvorsitzenden diesmal heraus. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" rufen mehrere Landesvorsitzende und Bundes-Vize Höcke auf, sich bei der nächsten Abstimmung für den Bundesvorstand zur Wahl zu stellen. Sie reagieren damit unter anderem auf dessen Ankündigung auf dem sogenannten Kyffhäuser-Treffen. Bei der Veranstaltung des rechtsnationalistischen Flügels am vergangenen Wochenende hatte Höcke gerufen:
"Dann werde ich (mich) zum ersten Mal mit großer Hingabe und mit großer Leidenschaft der Neuwahl des Bundesvorstandes hingeben. Und ich kann euch garantieren, ich kann euch garantieren, dass dieser Bundesvorstand, in dieser Zusammensetzung nicht wieder gewählt wird."
Zu den heutigen Herausforderern gehören die Landes-Vorsitzenden von Hessen, Rheinland-Pfalz und Berlin sowie die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kai Gottschalk und Georg Pazderski. Laut der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" hoffen sie, dass Höcke mit einer Bewerbung um ein Spitzenamt scheitern würde. In diesem Sinn zitiert die Zeitung etwa den Rheinland-Pfälzer Uwe Junge. Klaus Herrmann, einer der beiden hessischen Spitzenleute, betont, Höcke habe die Machtfrage gestellt. Nun müsse er den Mut haben, sich zu stellen. Und zwar als Vorsitzender, nicht nur als Beisitzer. Ob Höcke kandidieren will, ist offen. Teilweise wird gemutmaßt, er ziehe es vor, dass sich andere Führungsfiguren des Flügels zur Wahl stellen.
Kritik an Höckes Kurs
Inhaltliche Kritik an Höckes Kurs oder an dem des rechtsnationalistischen Flügels üben sie in der Zeitung nicht. Schon in den vergangenen Tagen war Kritik an Höcke laut geworden. Gut 100 Unterzeichner eines Aufrufs wollten ihn in die Schranken weisen, auch sie überwiegend aus dem Westen, teilweise personengleich zur heutigen Wortmeldung. Auch da ging es mindestens vielen der Unterzeichner und im Text selbst nicht um Inhalte. Im Gegenteil sagte Parteivize Gottschalk in dieser Woche im Deutschlandfunk:
"Als Rassist sehe ich ihn nun wahrlich nicht. Aber was ich sehe ist, dass er sich mit dem Flügel in die West-Belange ganz massiv einmischt."
Und nach regelmäßigen Inszenierungen unter anderem mit Video, Musik und Fahnen:
"Mich stört Pathos. Das passt einfach nicht mehr in die Zeit."
Der Vorwurf lautet: Höcke beschränke sich nicht auf sein Amt als Thüringer Landesvorsitzender, stattdessen versuche er, über den Flügel bundesweit Einfluss zu nehmen. Tatsächlich sind die Landesverbände in Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein tief gespalten, in Nordrhein-Westfalen wurde der Riss in der vergangenen Woche manifest, als die Mehrheit des Vorstands um den gemäßigt auftretenden Helmut Seifen zurücktrat, die Abwahl des Restvorstands aber mangels Zweidrittelmehrheit scheiterte. Seifen über seine Vorstandskollegen im Deutschlandfunk:
"Die Loyalität dieser beiden gehörte einem Landesfürst, der nicht in Nordrhein-Westfalen beheimatet ist. Und da muss man auch irgendwann die Reißleine ziehen."
Einfluss von Höcke
Wie groß der Einfluss des Flügels ist, wird unterschiedlich eingeschätzt - eine offizielle Mitgliedschaft gibt es nicht. Sicher ist: Höckes Einfluss im Osten ist groß.
"Höcke, Höcke, Höcke."
Das wurde gestern wieder deutlich, beim brandenburgischen Wahlkampfauftakt der Partei in Cottbus. Am Abend wird es in Sachsen weitergehen. In beiden Ländern ist die AfD stark - stärker als in Höckes eigenem Land Thüringen, wo sie klar hinter der CDU liegt. Die beiden Bundesvorsitzenden positionieren sich in dem Streit vorsichtig. Auf unterschiedliche Weise. Er kritisiere Höcke intern, nicht öffentlich, so Jörg Meuthen. Der nach dem Kritikbrief der gut 100 dem ZDF sagte:
"Dieser Unmut ist mir nachvollziehbar."
Und dann gestern in Cottbus von Spaltung nichts wissen wollte.
"Vergesst das, Ihr Traumtänzer. Wir lassen uns nicht spalten. Wir werden euch diesen Gefallen niemals tun, so sehr ihr es euch auch ersehnt."
Während Alexander Gauland engen Kontakt zum Flügel hält. Allerdings zu verbaler Mäßigung aufruft. Entscheidend für den Kurs der Partei wird der Parteitag sein - Ende des Jahres, nach drei Wahlen im Osten, die mit die Weichen stellen werden.