Der ukrainische Versorger Naftogas habe einen Abschlag von 786,366 Millionen US-Dollar (etwa 576,88 Millionen Euro) zur Begleichung alter Gasschulden überwiesen, teilte das Energieministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Russland beziffert die ukrainischen Schulden auf insgesamt 5,2 Milliarden US-Dollar und droht damit, den Gashahn zuzudrehen. Für heute ist eine neue Verhandlungsrunde in Brüssel geplant. Am Nachmittag will EU-Kommissar Oettinger bei einem Treffen mit Vertretern Russlands und der Ukraine seine Vermittlungsbemühungen fortsetzen.
Energie als "politische Nuklearwaffe"
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk warf Russlands Präsidenten Wladimir Putin vor, Gaslieferungen als "Waffe" einzusetzen. "Wir haben uns entschieden, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben. Und Russland verwendet Energie wieder als eine Art politischer Nuklearwaffe", warnte er in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Russland wolle "auf die gleiche Art mit der EU spielen".
Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russisches Gas in die EU. Am Montag ist in Brüssel eine neue Verhandlungsrunde geplant, ein Lieferstopp Russlands an die Ukraine würde wohl auch die Gasversorgung vieler EU-Staaten beeinträchtigen. Die Ukraine erhielt jahrelang verbilligtes Gas aus dem Nachbarland. Jazenjuk wolle die seit April deutlich erhöhten Preise "niemals" akzeptieren.
Poroschenko und Putin gemeinsam in Frankreich
Der neugewählte ukrainische Präsident Petro Poroschenko wird in dieser Woche seine ersten internationalen Auftritte absolvieren. Unter anderem trifft er am Mittwoch in Warschau auf US-Präsident Barack Obama.
Am Freitag sind beide Politiker zu der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in der Normandie eingeladen. Russlands Präsident Wladimir Putin wird ebenfalls an der Zeremonie teilnehmen. Ob es zu einem Treffen zwischen ihm und Poroschenko kommt, steht noch nicht fest. Ein solches Gespräch könnte eine Chance zur Annäherung sein, sagte Gernot Erler, Russlandbeauftragter der Bundesregierung, im Deutschlandfunk.
OSZE-Gruppen weiter in der Gewalt prorussischer Milizen
Im Osten der Ukraine kam es unterdessen erneut zu Gefechten zwischen Armee und Separatisten. Die Rebellen sollen in der Nacht zum Samstag vergeblich versucht haben, den Flughafen von Donezk zurückzuerobern. Etwa 40 Menschen sollen bei den Kämpfen getötet worden sein.
Die verschleppten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) befanden sich am Wochenende weiterhin in der Gewalt ihrer Entführer. Es bestehe kein Kontakt zu den acht Vermissten, teilte die OSZE am Samstag mit.
In response to media inquiries, we've still unable to re-establish contact w/our two missing monitoring teams in Donetsk & Luhansk oblasts— СММ ОБСЄ в Україні (@OSCE_SMM) 1. Juni 2014
Vier Beobachter werden bereits seit vergangenem Montag in der Region Donezk von Separatisten festgehalten. Am Donnerstag verlor die OSZE die Verbindung zu einer weiteren Beobachtergruppe in der Nachbarregion Lugansk; die vier Beobachter und ihr ukrainischer Übersetzer befinden sich ebenfalls in den Händen prorussischer Milizen.
(nch/dk)