So hörte sich die DDR vor 25 Jahren an, kurz nach dem Mauerfall.
Wer damals von Rostock nach Dresden fuhr oder von Erfurt nach Frankfurt an der Oder, holperte über zerbröselte Schlaglochpisten. Die Innenstädte zerfielen, Fassaden bröckelten. Industrie-Monster wie die Leuna-Werke verpesteten die Umwelt, in den Kombinaten zischte es aus allen Rohren und Ventilen.
Heute, 25 Jahre später, blüht in den ehemaligen Chemieregionen sommers der Raps, Autobahnen sind saniert, ICEs surren übers Land. Finanziert wurde das durch milliardenschwere Investitionen. Aus dem Solidarpakt etwa, der ausschließlich dem Aufbau Ost gewidmet ist, erhält beispielsweise das Land Sachsen-Anhalt zwischen 2005 und 2019 mehr als 16 Milliarden Euro.
"Und das ist gut investiertes Geld, weil es ja dem Osten die Chance gibt, eben immer weiter ranzukommen," sagt Sachsen-Anhalts Finanzmister Jens Bullerjahn von der SPD. Lächelnd rechnet er vor, dass Sachsen-Anhalt im Jahr 2006 noch 1,26 Milliarden Euro aus dem Solidarpakt erhielt, 2019 werden es nur noch 330 Millionen sein. Danach wird der Solidarpakt auslaufen. Die Unterstützung der schwachen Länder dürfe damit aber auf keinen Fall enden, sagt Bullerjahn:
"Wir haben bei der Wirtschaftskraft, bei der Finanzkraft enorme Abstände noch. Wir haben durch rückgehende Bevölkerung natürlich eine ganz andere Belastung auf der Einnahmeseite wie die Länder, die sowieso schon wirtschaftlich stark sind und zusätzliche Einwohner kriegen."
Um die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern geht es morgen bei einem Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder. Die Interessen prallen frontal aufeinander, eine Einigung ist nicht in Sicht. Nur so viel ist klar: Der Solidarpakt endet 2019. Den Solidaritätszuschlag aber, der von allen Bürgern als Ergänzungsabgabe auf die Steuerschuld gezahlt wird, soll es weiterhin geben. Über die Verteilung der Milliarden aber wird heftig gestritten.
Im Fortschrittsbericht Aufbau Ost für das Jahr 2013 hat Jens Bullerjahn noch einmal aufgeführt, wohin die Mittel des Solidarpaktes in Sachsen-Anhalt zuletzt flossen: Mehr als 330 Millionen wurden etwa in den Straßenbau investiert, 21 Millionen gingen für die Altlastensanierung drauf. Forschungszentren wie das Magdeburger Institut für Kompetenz in Automobilität oder das Chemisch-Biotechnologische Prozesszentrum Leuna erhielten 23 Millionen Euro.
"Die Zeiten der Demut sind vorbei"
Jens Bullerjahn reichen diese Summen aber dennoch nicht. Als Beispiel berichtet er von seiner Heimat, dem Mansfelder Land, wo nach der Wende der Kupferschieferbergbau zusammenbrach - eine 800-jährige Bergbautradition. Tausende Menschen verloren damals ihre Arbeit. Die Region leidet bis heute unter dem Strukturwandel.
"Ich will das nicht schlimmreden. Weise nur darauf hin, es geht bei der Diskussion jetzt seit Monaten nicht darum, wie wir die Starken und die Reichen besänftigen, sondern wie wir es hinkriegen, ohne die zu überlasten, dass wir mehr Anschluss finden. Auch in den nächsten 10, 15 Jahren."
Jens Bullerjahn hat ausgerechnet, dass Sachsen-Anhalt über 2019 hinaus etwa 300 bis 400 Millionen Euro Zuschuss pro Jahr braucht. Und er setzt auf die Solidarität des Bundes und der stärkeren Bundesländer:
"Die Zeiten der Demut sind vorbei. Aber die Frage des korrekten Miteinanderumgehens, das ist angebrochen. Da weiß ich, wo das Geld herkommt. Werde mich dafür auch immer anständig bedanken, wenn man das hören möchte. Aber ich werde nicht betteln."
Der Magdeburger Politologe Wolfgang Renzsch nickt. Er berät Bullerjahn in finanzpolitischen Fragen. Renzsch fordert mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der Neuen Länder eine komplette Neusortierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
"Also, was ich haben möchte, ist den Länderanteil an der Einkommens- und Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer nach Einwohnern zu verteilen. Damit alle Länder - bezogen auf den Einwohner - dieselbe Ausgangsbasis haben."
Das jetzige System begünstige diejenigen Länder mit Unternehmenssitzen beziehungsweise den DAX-Konzernzentralen, weil dort auch die meisten Steuern flössen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes sage daher nichts darüber aus, wo tatsächlich die fleißigen Menschen zuhause seien, pointiert Politologe Wolfgang Renzsch.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff von der CDU sieht es ähnlich. Ohne finanzielle Unterstützung gehe es nicht:
"Entscheidend ist für uns, dass sich strukturelle Nachteile, die sich historisch ergeben haben, ausgleichen. Bis in das Steuersystem hinein, bis in die Steuerverteilung hinein."
Ein gerechtes Finanzsystem zwischen den Ländern und zwischen Bund und Ländern - danach wird also gesucht.
"Wie könnte eine Einigung aussehen? Das wissen wir noch nicht."
Winfried Kretschmann war am Ende des Tages entwaffnend ehrlich. Stundenlang hatte der baden-württembergische Ministerpräsident am vorletzten Donnerstag in Potsdam am Konferenztisch gesessen. Zusammen mit den anderen Ministerpräsidenten ging es um die Suche nach einer gemeinsamen Linie für die Gespräche über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen. Das Treffen mit der Kanzlerin und dem Bundesfinanzminister will schließlich gut vorbereitet sein. Doch Kretschmanns Antwort verriet schon in der vorletzten Woche: Auch wenn die 16 Länder geschlossen gegenüber dem Bund auftreten wollen - unter einen Hut zu bringen sind ihre Interessen nur schwer. Die Zukunft des Soli ist dabei nur ein Streitpunkt.
Ein gigantisches Verschiebemanöver
Seit 1991 zahlen Ost- und Westdeutsche den Solidaritätszuschlag: Zunächst waren es - befristet auf ein Jahr - 3,75 Prozent. 1995 wurde der Soli dann unbefristet wieder eingeführt und 1998 auf 5,5 Prozent festgesetzt - als Zuschlag auf die Lohn- und Einkommensteuer und bei Unternehmen auf die Körperschaftssteuer. Die Einnahmen stehen allein dem Bund zu und dienen - anders als viele Steuerzahler glauben, nicht nur dem Aufbau Ost.
Den unterstützt der Bund über den Solidarpakt II - noch bis 2019 mit insgesamt 157 Milliarden Euro. Aus dem Solidaritätszuschlag nimmt er im gleichen Zeitraum 210 Milliarden Euro ein.
Weil die Einnahmen aus dem Soli die Ausgaben für den Aufbau Ost übersteigen, geht es nun um die Frage, was aus ihm wird.
Mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen steht ein gigantisches Verschiebemanöver an: Bis 2019 müssen die Finanzströme grundsätzlich neu geregelt werden. Es ist das größte Reformprojekt dieser Wahlperiode, es geht um sehr viel Geld und der Soli ist eine Art Zünglein an der Waage.
"Na ja - also beim Soli geht es um 15 bis 16 Milliarden. Insgesamt müssen wir uns über Verteilung von 640 Milliarden Euro unterhalten. Das heißt, selbst wenn die Länder sich einig sind, wie es mit dem Soli weitergeht, heißt das noch lange nicht, dass wir das als Bund gut finden und noch lange nicht, dass wir uns über die 640 Milliarden verständigt haben."
Damit beschreibt Ralph Brinkhaus, stellvertretender Fraktionschef der Union, die Mammutaufgabe, vor der Bund und Länder stehen. Es geht um zwei Kernfragen. Erstens: Mit wie vielen Milliarden unterstützt der Bund künftig Länder und Kommunen? Das ist der vertikale Finanzausgleich.
Die andere Frage lautet: Wie unterstützen sich die Länder zukünftig untereinander? Und zwar im sogenannten horizontalen Finanzausgleich. Dreh- und Angelpunkt sind dabei die Jahre 2019 und 2020.
2019 enden - erstens - der Solidarpakt und damit die Finanzhilfen des Bundes für die neuen Länder. Diese bestehen auf eine Anschlussregelung, denn trotz Aufbau Ost haben sie noch lange nicht mit den alten Ländern gleichgezogen, betont auch Erwin Sellering, sozialdemokratischer Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern:
"Unsere Wirtschaftskraft ist einfach nicht so. Wir sind sehr gut vorangekommen, aber ein Aufholprozess zu den anderen, das ist nicht so, weil deren Wirtschaftskraft ausreicht, um uns weiter davonzueilen. Und deshalb werden wir weiter Unterstützung brauchen."
2019 läuft - zweitens - auch der horizontale Länderfinanzausgleich aus. Derzeit zahlen drei Geberländer - Bayern, Baden-Württemberg und Hessen - in diesen Topf ein, aus dem 13 Nehmerländer Geld erhalten. Für die Zeit danach pochen die drei Geberländer auf niedrigere Zahlungen beziehungsweise auf eine Reform des Systems.
"Wenn ich mehr Steuern einnehme, muss ich fast alles abgeben, wenn ein Nehmerland mehr einnimmt, kriegt es weniger vom Länderfinanzausgleich - das ist doch ein absolut bescheuertes System. Das ist intransparent, das verstehen nur noch wenige Leute und so was ist in der Demokratie nicht gut und darum kann man es ändern," sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen.
Zusätzlicher Druck: Schuldenbremse aus dem Grundgesetz
Trotz der rustikalen Wortwahl: Baden-Württemberg schloss sich nicht den anderen Geberländern Bayern und Hessen an, die 2013 beim Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht haben. Verhandeln müssen wir sowieso, sagt Kretschmann, um die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ab 2019 auf neue Füße zu stellen. Und das gehe eben besser, wenn man nicht gegeneinander klagt.
"Jetzt in Verhandlungen muss man Kompromisse machen, das muss man vor Gericht in keiner Weise. Insofern haben wir uns nichts vergeben, und wenn wirklich alles richtig scheitern sollte, können wir immer noch klagen."
Die Interessen des Landes Baden-Württemberg blieben in jedem Fall gewahrt, denn auch das Land habe beim Verfassungsgericht in Karlsruhe eine Stellungnahme abgegeben.
Die Debatte um den Finanzausgleich hat aber längst auch andere Länder auf den Plan gerufen:
"Das Ziel ist für NRW, dass wir mehr von dem behalten, was bei uns erwirtschaftet wird. Wir bleiben solidarisch, aber wir wollen mehr behalten von dem, was bei uns erwirtschaftet wird," betont Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft seit Wochen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Damit sind es schon vier Länder, die weniger in den Länderfinanzausgleich einzahlen wollen.
Für zusätzlichen Druck sorgt dabei - drittens - die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz. Kein Land, egal ob reich oder arm, darf ab 2020 noch neue Schulden machen.
Um eine Lösung zu finden, wollen Bund und Länder in zwei Schritten vorgehen: Zunächst wollen sie die vertikalen Zahlungen vom Bund auf die Länder neu aushandeln, danach wollen die Länder im zweiten Schritt untereinander den genauso strittigen horizontalen Finanzausgleich neu regeln.
"Wenn wir die vertikalen Fragen geklärt haben mit dem Bund, wird auch eine horizontale Einigung unter den Ländern möglich sein," verspricht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, SPD. Eigentlich sollten die vertikalen Zahlungen des Bundes an die Länder morgen beim Treffen der Länder mit dem Bund unter Dach und Fach gebracht werden. Hier kommt nun der Soli ins Spiel. Von seiner Abschaffung redet niemand mehr, längst ist klar, dass der Soli oder etwas Ähnliches auch nach 2019 erhoben wird. Das hat Angela Merkel auch am Wochenende noch einmal betont:
"Das haben wir im Übrigen vor den Wahlen gesagt: Wir wollen keine Steuererhöhung, aber wir können auf bestehende Einnahmen auch nicht einfach verzichten. "
Eine lange Liste von Einzelwünschen
Doch weil der Bund mit dem Soli mehr einnimmt als er für den Aufbau Ost noch ausgibt, verlangen die Länder, dass der Bund künftig abgibt. Zumindest darauf haben sich die Ministerpräsidenten zuletzt in Potsdam verständigt:
"Wir haben uns heute geeinigt, dass wir alle dafür sind, dass das Aufkommen des Soli auch nach 2020 weiter gebraucht wird. Das sind 8 bis 10 Milliarden Euro, das ist die Summe, die die Länder vom Bund einfordern, um zu einer Lösung kommen zu können," sagt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Acht bis zehn Milliarden Euro - das entspricht ab 2020 ziemlich genau der Hälfte von dem, was der Soli dann pro Jahr einspielt. Für die Ministerpräsidenten wäre dies der Schmierstoff, mit dem die Länder im zweiten Schritt den Finanzausgleich untereinander lösen könnten.
"Ohne Hilfe des Bundes sehe ich mal gar nicht, wie sich die Länder überhaupt einigen könnten. Dazu sind die Interessenslagen im deutschen Föderalismus viel zu unterschiedlich und liegen weit auseinander."
Denn es geht nicht nur um drei Geberländer, die weniger einzahlen wollen oder um die ostdeutschen Länder, die - was unstrittig ist - weiter Hilfen benötigen. Hinzu kommt die lange Liste der Einzelwünsche.
Nordrhein-Westfalen etwa verlangt eine Besserstellung beim Umsatzsteuervorwegausgleich, mit dem bislang ein Teil der Einnahmen aus der Mehrwertsteuer auf die Länder verteilt wird. Doch würde das Land besser gestellt, fehlten sofort viele hundert Millionen Euro vor allem in Ostdeutschland.
Die überschuldeten Länder Bremen und das Saarland benötigen in jedem Fall auch nach 2020 Sonderzahlungen, um ihre Altschulden abtragen zu können. Und die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin wollen auch künftig besser gestellt werden beim Finanzausgleich, weil sie etwa teure Opernhäuser und andere Kultureinrichtungen vorhalten, die auch Einwohner aus den umliegenden Bundesländern nutzen.
Bei all diesen Einzelwünschen, die von Land zu Land verschieden sind, sitzt den Politikern zudem Angst im Nacken. Eine falsche Entscheidung heute kann in einigen Jahren ein paar hundert Millionen oder gar Milliarden Euro mehr oder weniger in der Kasse bedeuten. Deshalb sind die Gespräche derzeit festgefahren, die Hälfte der Einnahmen aus dem Soli könnte sie wieder in Gang bringen, hofft Erwin Sellering, sozialdemokratischer Ministerpräsident im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern:
"Deshalb ist die Überlegung eben, dass mehr Geld ins System kommt dadurch, dass der Soli, der jetzt zu großen Teilen an den Bund geht, dass der ebenso verteilt wird, dass es eine gerechte Verteilung ist zwischen den Ländern, den Kommunen und dem Bund."
Der Finanzbedarf ist immens
Das klingt einfacher, als es ist. Doch so ohne Weiteres will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf die Milliarden aus dem Soli, die dem Bund bislang allein zustehen, nicht verzichten.
"Nur auf die Mittel des Bundes zu schielen greift zu kurz."
Und der Finanzminister hat ein Druckmittel in der Hand: Weil der Soli eine reine Bundessteuer ist, entscheidet allein der Bundestag, ob die Länder künftig etwas abbekommen - oder eben nicht. Im Bundestag aber haben nicht nur die Haushälter schon lange das Gefühl, sich schützend vor die Bundesfinanzen stellen zu müssen, betont auch der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus:
"Wir schaffen es gerade so die schwarze Null hinzubekommen. Wir sind froh, dass wir mit Geld, das wir einnehmen, auch auskommen, das heißt, viel Luft, zugunsten der Länder etwas abzugeben ist nicht drin."
Andererseits ist der Finanzbedarf immens. Die Länder verweisen auf marode Verkehrswege, darauf, dass nach dem Aufbau Ost nun vernachlässigte Regionen im Westen gefördert werden müssen. Das sagt beispielsweise auch Stefan Weil, der sozialdemokratische Ministerpräsident von Niedersachsen:
"Die Mittel des Soli, die braucht unsere Gesellschaft weiterhin, und zwar auf allen Ebenen. Beim Bund, bei den Ländern und vor allem den Kommunen und deswegen der Vorschlag, den Soli einzubeziehen in die allgemeinen Steuern."
Das haben die Ministerpräsidenten der zehn von SPD und Grünen regierten Bundesländer vorgeschlagen. Aus ihrer Sicht hätte die Einbeziehung des Soli in den allgemeinen Einkommenssteuertarif Charme.
Die Einkommensteuer wird nach einem festen Schlüssel verteilt: Je 42,5 Prozent erhalten Bund und Länder, 15 Prozent gehen an die Kommunen. Würde der Soli in den Steuertarif integriert, würden Länder und Kommunen also automatisch am Soli beteiligt.
"Es wird da keine Einigung geben"
Ursprünglich hatten Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, SPD, und Bundesfinanzminister Schäuble diesen Vorschlag erarbeitet. Doch während die SPD an dem Vorschlag festhält, haben ihn allerhöchste Instanzen bei der Union schon wieder kassiert.
"Nein, das findet nicht die Unterstützung der Bundeskanzlerin, auch nicht von Horst Seehofer. Wir haben gesagt, es gibt mit uns keine Steuererhöhung in dieser Legislaturperiode. Die Einreihung des Soli in die Steuer würde zu einer Steuererhöhung führen, das machen wir nicht," stellt Volker Kauder klar, Fraktionschef der Union im Bundestag und hier wie so oft das Sprachrohr der Kanzlerin. Ginge es nach ihr und vor allem der CSU, dann soll der Soli oder etwas Gleichwertiges auch in Zukunft separat erhoben werden. Über die Verteilung der Mittel kann man dann reden, indem zum Beispiel auch westdeutsche Länder künftig mehr Geld für klamme Kommunen oder den Erhalt von Verkehrswegen erhalten. Angela Merkel:
"Wir haben natürlich auch viele Aufgaben zu erfüllen, und das sind die strukturschwachen Regionen in den alten Bundesländern. Es gibt nicht nur Aufgaben in den neuen Ländern."
Doch diese Begründung ist riskant.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann eine Sonderabgabe wie der Soli zusätzlich zu den allgemeinen Steuern nicht ewig erhoben werden. Das geht nur aufgrund einer Sondersituation wie der deutschen Einheit und dem Aufbau Ost. Wenn der Soli nun - wie die Kanzlerin sagt - auch zur Erfüllung vieler anderer Aufgaben erhoben wird, könnten Steuerzahler dagegen klagen. Der Erhalt von Straßen und Brücken ist schließlich staatliches Alltagsgeschäft und deshalb aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Würden die Richter dem folgen, wäre der Soli oder sein Nachfolger verfassungswidrig und in den Haushalten von Bund und Ländern fehlten plötzlich 20 Milliarden Euro.
Um dieses Risiko zu vermeiden, bleiben die SPD- und grün-geführten Länder vorerst bei ihrer Linie, den Soli lieber schon jetzt in die allgemeine Einkommenssteuer zu integrieren. Das Argument der Union, dies führe zu einer Steuererhöhung durch die Hintertür, lassen sie nicht gelten, so Winfried Kretschmann:
"So intelligent sind wir dann schon, dass wir das so machen, dass es dazu nicht kommt."
Doch für das Spitzentreffen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin bleibt Kretschmann pessimistisch:
"Es wird da keine Einigung geben. Finde ich nicht gut, aber wird so sein."