Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriumn und der Autonomiebehörde wurde ein Jugendlicher im arabischen Ostteil Jerusalems erschossen. Die genauen Todesumstände seien noch unklar. Eine 17-jährige Person sei in der Nähe eines Ortes getötet worden, an dem sich Palästinenser und israelische Polizisten Auseinandersetzungen geliefert hätten, hieß es. Die Polizei ermittle. Vier Polizisten seien durch Steine verletzt worden. Zudem wurde ein weiterer Mann unter bisher unbekannten Umständen erschossen. Die israelische Polizei bestätigte den Tod zweier Männer und Untersuchungen angekündigt. Rund 400 Palästinenser wurden zudem bei Konfrontationen mit israelischen Sicherheitskräften in Jerusalem und im umliegenden Westjordanland verletzt.
Massive Sicherheitsvorkehrungen
In und um die Altstadt von Jerusalem war die Präsenz der israelischen Sicherheitskräfte vor den Freitagsgebeten massiv verstärkt worden. Aus Sorge vor neuer Gewalt hatte Israel den Zugang zur Altstadt von Jerusalem und dem Tempelberg allen Männern unter 50 Jahren untersagt. Hochrangige Muslime hatten für die Mittagsgebete zu Massenprotesten aufgerufen. Hunderte Muslime beteten aus Protest gegen die Zugangsbeschränkungen nicht in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg, sondern auf der Straße.
Im Westjordanland und im Gaza-Streifen gingen tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Zugangsbeschränkungen zu demonstrieren. An Militärsperren bei Ramallah und Bethlehem kam es zu Unruhen. Muslime, die keine Einreisegenehmigung erhielten, beteten dort. Nach Angaben einer Polizeisprecherin griffen sie nach dem Gebet Sicherheitskräfte mit Steinen an.
Kontrollen sind eine Provokation für Muslime
Die Proteste richten sich vor allem gegen die schärferen Zugangskontrollen mit Metalldetektoren am Tempelberg, die am vergangenen Wochenende aufgestellt worden waren - und eine Provokation für die Muslime darstellen, erklärte die Journalistin Sylke Tempel im Deutschlandfunk.
Sie ist Chefredakteurin der Zeitschrift "Internationale Politik" und beobachtet den Nahen Osten seit Jahren. Der Tempelberg sei für Muslime ein Ort, an dem sie die Besatzung nicht so sehr spürten. Sie reagierten empfindlich, wenn sie nun auch dort kontrolliert würden, sagte Tempel.
Dennoch äußerte sie Verständnis für die Kontrollen durch Israel. Immer wieder würden etwa Waffen auf den Tempelberg geschmuggelt oder Steine vom Berg herabgeworfen. Es gebe also begründete Sicherheitsbedenken.
"Nachgeben? Wir doch nicht"
Sowohl die israelische Regierung als auch die palästinensische Führung handeln laut Tempel nicht weise. Anstatt über Maßnahmen wie etwa die Zugangsbeschränkungen in Absprache mit den Palästinensern zu entscheiden, boxe die israelische Regierung sie einfach so durch.
Abbas hingegen mache mit seinem Hilferuf Richtung USA den Fehler, der im Nahen Osten immer wieder begangen werde: Einen starken Partner anzurufen, der dem Gegner sagen solle, was er zu tun habe. Sinnvoller sei es, einen Gesprächskanal offen zu halten. Aber niemand wolle nachgeben - laut Tempel ein "Dauerzustand" im Nahen Osten: "Nachgeben? Wir doch nicht."
20 Verletzte bei Zusammenstößen in der Altstadt
Der Tempelberg sei sowohl für Juden als auch für Muslime ein heiliger Ort und habe eine komplexe Verwaltungsstruktur, so Tempel. Die obere Hälfte - also der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee - stehen unter der Aufsicht der islamischen Waqf-Behörde. Von muslimischer Seite werde behauptet, der Tempelberg habe mit dem Judentum nichts zu tun, was historisch nicht korrekt sei. Die an den Berg anschließende Klagemauer wird von Israel kontrolliert.
Hintergrund des neu aufgeflammten Konflikts um den Tempelberg ist der Angriff vor einer Woche, bei dem zwei israelische Polizisten getötet wurden. Seitdem kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und muslimischen Gläubigen. Am Donnerstag waren bei Zusammenstößen 20 Menschen verletzt worden.
Auswärtiges Amt: Altstadt von Jerusalem meiden
Das Auswärtige Amt rief dazu auf, die Altstadt von Jerusalem und die angrenzenden Ost-Jerusalemer Stadtviertel ab sofort zu meiden. In der näheren Umgebung der Altstadt, an Checkpoints und in größeren Städten des Westjordanlandes sei besondere Vorsicht geboten.
Die Situation in und um die Jerusalemer Altstadt sei seit dem Angriff am vergangenen Freitag "sehr angespannt". Es gebe täglich Ausschreitungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften. Es sei davon auszugehen, dass zahlreiche Palästinenser den Aufrufen zu öffentlichen Gebeten und Kundgebungen rund um die Freitagsgebete folgen werden.
(cvo/hba/jcs)