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Unterstützung der Ukraine
Streit um vorläufiges Nein zu Taurus-Lieferung

In den Reihen der Ampel-Koalition gibt es Unmut über die ablehnende Haltung des Kanzleramts zur möglichen Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine. Der Vorsitzende des Europaauschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Hofreiter, sagte im Deutschlandfunk, monatelang über ein Waffensystem zu sprechen, um es dann am Ende ein paar Monate zu spät zu liefern, entbehre jeglichen Sinns.

    Ein Tornado-Kampfjet steht auf dem Rollfeld eines Flughafens, davor liegt ein Luft-Boden-Marschflugkörper vom Typ Taurus.
    Die Bundesregierung zögert, Luft-Boden-Marschflugkörper "Taurus" an die Ukraine zu liefern. (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    Hofreiter forderte Bundeskanzler Scholz auf, den Weg freizumachen für eine "vernünftige Unterstützung der Ukraine". Dabei gehe es nicht um ein einzelnes Waffensystem, sondern um eine Grundhaltung. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann warf Scholz "fortwährendes Zaudern mit fragwürdigen Argumenten" vor.

    Berichte: Kanzleramt lehnt Taurus-Lieferung ab

    Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung lehnt der Kanzler die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern weiter ab. Die Zeitung zitiert nicht namentlich genannte Regierungsvertreter mit der Sorge, Taurus könne zur Zerstörung der Kertsch-Brücke auf die Halbinsel Krim genutzt werden. Weitere Bedenken beziehen sich auf Geodaten für militärische Ziele, für deren Ermittlung möglicherweise Soldaten abgestellt werden müssten. Hofreiter bezeichnete dies als Ablenkungsdebatte: Die Ukraine sei in der Lage, mit den Waffen selbst umzugehen, sagte er im Deutschlandfunk.
    Bundeskanzler Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj mittlerweile ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zugesagt. Das gab der SPD-Politiker nach einem Treffen mit Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada bekannt.

    Sorge um Geschlossenheit des Westens

    Parallel zur Debatte um die konkreten deutschen Lieferungen gibt es derzeit Sorgen über ein mögliches Bröckeln der westlichen Unterstützung für die Ukraine. In den USA will Präsident Biden eine Grundsatzrede über die Unterstützung Kiews halten. Republikanische Hardliner stellen diese offen infrage. Nach der Abwahl des Sprechers des Repräsentantenhauses, dem gemäßigten Republikaner McCarthy, ist unklar, ob der Kongress weitere Mittel freigeben wird. Dazu kommen Sorgen in der Europäischen Union, wonach die Slowakei künftig von dem pro-russischen Populisten Fico regiert werden könnte. Seine Partei hatte am Wochenende die Parlamentswahl in dem Nachbarland der Ukraine gewonnen.
    Vor diesem Hintergrund forderte Hofreiter, Deutschland müsse als ökonomisch mächtigstes Land Europas eine klarere Haltung zeigen. Wenn nicht nur FDP und Grüne in der Bundesregierung eine geschlossene Haltung zeigen würden, könnte das einen Unterschied machen.
    Sie können an dieser Stelle das gesamte Interview mit Anton Hofreiter nachlesen.

    Weiterführende Informationen

    In unserem Newsblog zum Krieg in der Ukraine finden Sie einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen.
    Diese Nachricht wurde am 05.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.