Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) tourt seit ein paar Wochen durch Deutschland: In mehreren Städten ist die Bevölkerung dazu eingeladen, über eine mögliche Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland zu debattieren. In Leipzig, Hamburg und München gab es solche Diskussionsveranstaltungen bereits, Berlin und Düsseldorf folgen in den kommenden Tagen.
Olympia-Gegnerin: IOC-Verträge nicht transparent
Mehrfach sind olympische Spiele in Deutschland seit der bislang letzten Ausrichtung 1972 in München gescheitert, teils am Widerspruch aus der Bevölkerung. Stephan Brause, Leiter der Stabsstelle Olympiabewerbung beim DOSB, wirbt dennoch für eine Ausrichtung: Olympische Spiele könnten "Aufmerksamkeit generieren für Sportarten, die sonst nicht so im Mittelpunkt stehen", sagte Brause bei der Dlf-Sportkonferenz.
"Sport ist super", sagte Heike Sudmann. Sie sei nicht grundsätzlich gegen Sportgroßveranstaltungen, so die stellvertetende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Hamburger Stadtradt und Vertreterin von NOlympia Hamburg.
Die Verträge, die Ausrichterstädte mit dem IOC eingehen müssten, seien aber nicht transparent. Die Bevölkerung habe in einem Referendum die Olympischen Sommerspiele 2024 in Hamburg abgelehnt, weil es Sorge vor Fremdbestimmung gegeben habe: "Es ging ganz stark darum: Wer bestimmt da was?". Zudem habe es Sorge vor Kostensteigerungen gegeben.
DOSB-Funktionär: IOC hat sich reformiert
Brause argumentierte, das IOC habe unter seinem aktuellen Präsidenten Thomas Bach "den größten Reformprozess seiner Geschichte" eingeleitet. Dieser Prozess dauere aber. Die ersten Spiele, bei dem die Reformen Wirkung zeigen könnten, seien die Sommerspiele im kommenden Jahr in Paris.
"Wir reden über die Fehler der Vergangenheit, aber es hat sich vieles verändert", so der DOSB-Funktionär, "wir werden nächstes Jahr in Paris Bilder sehen, die wenig damit zu tun haben, die wir leider aus den letzten Jahren leider alle im Kopf haben". Heike Sudmann stellte infrage, ob es tatsächlich maßgebliche Veränderungen beispielsweise bei den Vorgaben für die Präsenz von IOC-Werbepartnern in den Ausrichterstädten gebe.
Brause: bestehende Infrastruktur nutzen
Der DOSB gestalte seinen Diskussionsprozess über mögliche Olympische Spiele in Deutschland offen und unabhängig von den IOC-Vorgaben, betonte Brause: "Wir haben die Möglichkeit, olympische Spiele neu zu denken." Es gehe nicht um eine Bewerbung um jeden Preis: "Wir definieren für uns mit der Bevölkerung zusammen, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen überhaupt, wir uns bewerben wollen."
Ein Bewerbungskonzept müsse mindestens zwei Städte berücksichtigen, "weil wir sagen, wir bauen nicht neu". Es gehe darum, bestehende Infrastruktur zu nutzen: "Wir brauchen kein drittes Olympiastadion in Deutschland." Es müsse außerdem ein konkretes Finanzkonzept vorgelegt werden: "Es darf keine Kostenexplosion auf Kosten des Steuerzahlers geben."
Sudmann: "Bach hat das Ruder nicht herumgerissen"
Olympia-Gegnerin Sudmann würde ein solches Konzept nicht überzeugen, sie sagt: "Ich habe nicht das Vertrauen."
Könnten olympische Spiele in Deutschland für Zusammenhalt und Aufbruch in der Bevölkerung sorgen? Mit dem "Ursprungsgedanken der Völkerverständigung und des friedlichen Wettstreits" könne sie sich das gut vorstellen, so Linken-Politikerin Sudmann. Aber für diese Vorstellung müsse sie das IOC ausblenden. "Ich sehe nicht, dass Herr Bach das Ruder großartig herumgerissen hat, dass wir keine Korruption mehr haben."