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Streubomben-Vorwurf gegen Kiew
Berlin fordert Untersuchung

Die Bundesregierung macht sich für eine unabhängige Untersuchung der Streubomben-Vorwürfe gegen die ukrainische Armee stark. Die Linspartei geht noch weiter: Auch die Politik der Bundesregierung im Ukraine-Konflikt gehöre auf den Prüfstand.

Von Dirk-Oliver Heckmann, Hauptstadtstudio |
    Über Donezk steht am 20.10.2014 eine Rauchsäule nach einer Explosion in der Nähe eines Chemiewerks.
    Hat die ukrainische Armee Streubomben in der Ostukraine eingesetzt? (picture alliance / dpa / Alexander Sidorov)
    Hat das ukrainische Militär Streubomben eingesetzt oder nicht – noch ist es nur ein Vorwurf, der im Raum steht, aber die Bundesregierung sieht Anlass, diesen ernst zu nehmen. Auch wenn sie selbst über keine eigenen Erkenntnisse in der Frage verfüge. Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, im Morgenmagazin von ARD und ZDF:
    "Human Rights Watch ist eine seriöse Einrichtung, und das Projekt war auch noch in Zusammenarbeit mit der New York Times, das heißt: unverdächtig was gegen die ukrainische Regierung zu haben. Insofern haben wir einen erheblichen Aufklärungsbedarf. Und da muss man eine internationale, eine unabhängige Untersuchung doch auf jeden Fall fordern."
    Human Rights Watch hatte dem ukrainischen Militär vorgeworfen, sie sei vermutlich verantwortlich dafür, dass Anfang Oktober – also nach Beginn der ausgehandelten Waffenstillstand – ein Dutzend mal sogenannte Streubomben eingesetzt wurden. Diese Bomben zerteilen sich vor dem Aufprall in viele kleine Sprengsätze und verminen praktisch ganze Landstriche. Sechs Menschen seien bei diesen Angriffen getötet worden, darunter auch ein Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes.
    Die Regierung der Ukraine, die die internationale Konvention zum Verbot von Streubomben ebensowenig unterzeichnet hat wie Russland oder die USA, wies die Vorwürfe zurück.
    Nicht die ersten Vorwürfe gegen Kiew
    Wie groß aber dürfte die Bereitschaft Kiews sein, einer internationalen Untersuchung dennoch nicht im Wege zu stehen? Gernot Erler gibt sich da optimistisch. Es sei schließlich leider nicht das erste Mal, dass man etwas von schweren Menschenrechtsverletzungen höre:
    "Das war natürlich auch bei den Schießerein mit fast 100 Toten am 20. Februar auf dem Maidan in Kiew so, das war bei den 46 Menschen am 2. Mai in Odessa so, die in einem Gewerkschaftshaus ums Leben gekommen sind, das war bei MH 17 so – und jetzt die Frage der Streubomben. Für eine gute Zukunft der Ukraine brauchen wir auf jeden Fall eine Vermeidung von Straflosigkeit bei solchen Verbrechen, das heißt wir brauchen eine Aufklärung. Und alle Seiten müssten ein Interesse daran haben."
    Den Vorwurf, der Vorfall zeige, dass der Westen vorschnell und einseitig für Kiew Partei ergriffen habe, weist Erler zurück. "Ich bin nicht der Meinung, dass wir es mit Engeln auf der einen Seite und mit Teufeln auf der anderen Seite zu tun haben", bekräftigt der SPD-Politiker. Desinformation gebe es von beiden Seiten.
    Linke: Proukrainische Politik der Bundesregierung
    Der Linken-Politiker Andrej Hunko, der in den kommenden Tagen die anstehenden Wahlen in der Ukraine als Wahlbeobachter des Europarats begleiten wird, sieht das ein wenig anders. Er schließt sich der Forderung nach einer internationalen Untersuchung an, meint Hunko gegenüber dem Deutschlandradio-Hauptstadtstudio. Das aber allein reicht ihm nicht. Die gesamte Ukraine-Politik der Bundesregierung müsse auf den Prüfstand.
    "Bis jetzt ist auf deutscher Seite insgesamt – und damit meine ich jetzt gar nicht Herrn Erler – eine sehr proukrainische Politik gemacht worden. Auch die Anti-Terror-Operation – das ist ja der Rahmen dieser Operation der ukrainischen Armee – ist de facto unterstützt worden. Ich glaube, das gehört auf den Prüfstand, es ist nicht so eindeutig, wie es dargestellt wird."
    Was aber, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten oder wenn sich Kiew weigern sollte, einer unabhängigen Untersuchung zuzustimmen? Der Linken-Politiker Hunko hat für diesen Fall eine konkrete Forderung parat: Das EU-Assoziierungsabkommen und sämtliche Hilfen für die Ukraine müssten in diesem Fall gestoppt werden.