Wenn in der niederländischen Gemeinde Zaanstad am Nordrand Amsterdams die Sonne scheint, strahlt auch Arian de Bondt. Gemeinsam mit dem niederländischen Verkehrsminister eröffnet er an diesem Tag den wohl innovativsten Radweg der Welt. Die bläulich schimmernde Sonnenallee verbindet nicht allein die Ortsteile Krommenie und Wormerveer – sondern soll künftig auch den Strom für drei Haushalte liefern:
"Wir bauen nicht nur Wege von A nach B. Wir möchten auch innovativ sein und neue Konzepte und Produkte entwickeln. Das passt auch in meinen Augen zu unserer Kultur hier. Wir möchten nach und nach unsere Mobilität nachhaltig gestalten", sagt der Ingenieur der Straßenbaufirma Ooms Civiel, der sich bereits in den 90er-Jahren als Student mit zukunftsweisenden Bodenbelägen beschäftigt hat."
Ob der Radweg derweil hält, was sich die Initiatoren davon versprochen haben? Laut einer Sprecherin des eigens für diesen Zweck gegründeten Unternehmens "Solaroad" seien in der Tat in den ersten zweieinhalb Monaten auf der Strecke bereits 470 Kilowattstunden Strom erzeugt worden; umgerechnet sind das rund 470 Waschgänge eines Geschirrspülers.
"Strom mithilfe der Straße erzeugen"
"Die Idee, Strom mithilfe der Straße zu erzeugen, wurde in unserem Labor entwickelt. Im Nu waren die Verantwortlichen der Provinz Nordholland, Ooms und Imtech begeistert von dieser Idee und gründeten eine gemeinsame Initiative mit dem Ziel, einen Radweg aus Solarplatten möglich zu machen – den weltweit ersten seiner Art," sagt Suzanne van Kooten. Sie ist Geschäftsführerin der niederländischen Forschungsorganisation TNO, die neben der Kommune und privaten Unternehmen die Entwicklung dieses ehrgeizigen Projekts vorangetrieben hat.
Über 3,5 Millionen Euro wurden in den vergangenen fünf Jahren investiert. Das Resultat: Unter dem Radweg neben einer viel befahrenen vierspurigen Straße befinden sich nun große Solarmodule. Jedes rund zweieinhalb mal dreieinhalb Meter groß – bisher auf einer Strecke von 70 Metern. Diese verbergen sich unter Sicherheitsglas im Beton. Für die Radfahrer macht es – neben dem futuristischen Aussehen dieses kleinen Abschnitts – also keinen großen Unterschied. Doch bei Radwegen allein soll es nicht bleiben, wie Elisabeth Post von der Provinz Nordholland erklärt.
Solarstraßen auf über 140.000 Kilometer geplant
"Wir möchten unser Projekt künftig auch auf normale Straßen ausdehnen. Aber dies ist komplizierter, schließlich sind Autos wesentlich schwerer als Fahrräder. Wir möchten sichergehen, dass es auch dort funktioniert. Wenn wir soweit sind, können wir 'Solaroad' auch auf normale Straßen oder Parkplätze ausweiten."
Nach dem Willen der niederländischen Regierung soll die Wirtschaft bis 2050 vollständig energieneutral sein. Solarstraßen auf dem über 140.000 Kilometern umfassenden Wegenetz sollen bei dieser Strategie künftig einen wichtigen Beitrag leisten. Kritiker verweisen jedoch auf die momentan um dreißig Prozent geringere Ausbeute und höhere Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen. Schattenwurf oder höhere Wartungskosten schlagen zudem negativ zu Buche. Solarexperten bewerten Solarstraßen angesichts einer kostengetriebenen Diskussion um die Ausgestaltung der Energiewende zurückhaltend.
Ein Model für Deutschland dürften sie erst werden, wenn es zu einer Verknappung von Solarflächen auf Dächern und Freiflächen kommt. Die niederländische Gemeinde Zaanstad hingegen hat sich mit ihrer Sonnenallee längst zum Besuchermagnet für Touristen, Reporter oder Delegationen aus aller Welt entwickelt.