Dass die große Suedlink-Stromtrasse von der Küste nach Bayern nun weitgehend unter die Erde gelegt werden soll, bringt den Hessischen Bauernverband auf den Plan. Da auch sogenannte gas-isolierte Leitungen für die unterirdischen Gleichstromtrassen im Gespräch sind, fühlen sich die Landwirte an Erfahrungen mit Gas-Pipelines im Boden erinnert. Dr. Hans Hermann Harpain, stellvertretender Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes:
"Wir kennen natürlich Eingriffe in den Boden aus anderen Infrastrukturprojekten, gerade aus dem Gasleitungsbau. Und dort stellen wir bei vielen Leitungen fest, dass noch nach Jahren und Jahrzehnten tatsächlich über der Leitung eine Ertragsdepression stattfindet. Das sieht man in Jahren, die vielleicht eine etwas ungünstigere Witterung aufweisen besonders deutlich, dass dann der Getreidebestand heller ist. Oder auch niedriger teilweise. Wir sehen es so im Winter, in Übergangsbereichen, wo dann Schnee draußen rumliegt und auf der Trasse dann kein Schnee mehr."
Diese Beobachtung der Landwirte bestätigt Professor Volker Hinrichsen. Der Leiter des Fachgebiets Hochspannungstechnik an der TU Darmstadt, bereitet zurzeit im Auftrag des Bundes und des Landes Hessen einen Feldversuch mit Erdkabeln vor:
"Es wird so sein, dass ist auch schon bekannt, das Wärme entsteht. Das heißt immer, wenn elektrische Energie übertragen wird, entstehen gewisse Verluste. Das lässt sich bei keiner Übertragungstechnik vermeiden. Verluste bedeuten Wärme. Das heißt der Kabel-Außenmantel oder auch der Rohrleiter-Außenmantel der wird einige zehn Grad wärmer werden als der Erdboden, das bedeutet eben, dass sich die Wärme im Boden ausbreitet und man wird sich genau anschauen müssen, wie weit das einem späteren Bewuchs oder einer landwirtschaftlichen Nutzung entgegensteht."
Beeinträchtigung des Wasserhaushalts?
Gerade im hessischen Bergland, durch das Suedlink nun weitgehend als Erdleitung geführt werden soll, machen sich die Landwirte auch Sorgen um mögliche Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes im Boden, so Hans Hermann Harpain:
"Was wir auch heute feststellen, Hessen ist ja keine ganz ebene Gegend, sondern wir haben natürlich Hanglagen. Und wenn ich dort einen Graben von der Hangspitze zum Hangfuß grabe, habe ich natürlich eine Wirkung auf den Wasserhaushalt im Boden - quasi eine Drainagewirkung. Es gibt zwar technische Möglichkeiten, das mit Tonriegeln abzusperren und abzuschotten, verteuert die Sache natürlich auch. Und ob ich dann jede Wasserbewegung vom Hang nach unten stoppen kann, das ist ein Problem."
Der Hessische Bauernverband unterstützt deshalb Überlegungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland, die Suedlink-Gleichstromtrasse möglichst entlang der Bundesautobahn A7 zu verlegen, um zusätzliche Flächenversiegelung zu vermeiden.
Der Physiker Dr. Werner Neumann ist Sprecher des Arbeitskreises Energie im BUND:
"Das ist ein einfacher Blick auf die Karte gewesen zu sagen: Dann geht doch einfach entlang der Autobahnen, das ist auch eine Vorschrift eigentlich der Raumordnung."
Der Hessische Bauernverband stimmt dieser Trassenbündelung zu:
"Nicht nur Energieleitungstrassen, sondern auch Verkehrsinfrastruktur zu nutzen."
Wenn doch landwirtschaftliche Flächen herangezogen werden, erfolgt die Entschädigung grundsätzlich nach den Landesenteignungsgesetzen. Das Stichwort ist "Daseinsfürsorge". Die Höhe der Entschädigung liegt danach in der Regel zwischen 10 bis 20 Prozent des Grundstückswerts, der in Hessen für einen Hektar Ackerland 2014 bei rund 14.500 Euro lag.
Bei Gasleitungen haben die Landesbauernverbände in den vergangenen Jahren mit den Energiekonzernen in sogenannten Rahmenverträgen allerdings zwischen 1- und 2-Euro-Entschädigung pro Quadratmeter ausgehandelt - also 10.000 Euro und mehr pro Hektar. Der Bauernverband fordert von der Bundesregierung eine gesetzliche Regelung der Entschädigungen für Hochspannungserdkabel.
Hans Hermann Harpain:
"Ja, das ist einer der Kritikpunkte, das wir natürlich auf der einen Seite Entschädigung auf der Basis der Daseinsfürsorge haben und andererseits den Übertragungsnetzbetreibern für Investitionen in die Netze eine Rendite von jährlich über neun Prozent zugestanden wird. Das passt nicht übereinander. Und deshalb sind wir ja angetreten, zu sagen: Wir brauchen eine Neuregelung des Entschädigungsrechtes. Da lässt uns der Gesetzgeber zum jetzigen Zeitpunkt aber durchaus alleine. In der Koalitionsvereinbarung zwischen den regierenden Parteien ist an zwei Stellen aufgeführt, dass eine Neuregelung erfolgen soll, bisher ist aber nichts passiert."