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Stromversorger sollen sparen

Um 20 Prozent soll die Energieeffizienz in Europa bis zum Jahr 2020 gesteigert werden, zum Beispiel durch Investitionen in Gebäudemodernisierung und Sparvorgaben für die Energieversorger. Doch die Pläne des deutschen EU-Energiekommissars Günter Oettinger sind umstritten.

Von Johanna Herzing |
    Geht es nach dem Willen von EU-Energiekommissar Günther Oettinger, dann wird Energiesparen demnächst Pflicht - für Energieversorger ebenso wie für Verbraucher. Gas- und Stromversorger sollen in Zukunft jährlich 1,5 Prozent Energie im Vergleich zum Vorjahr einsparen. Die Unternehmen müssen nach Oettingers Entwurf dann selbst dafür sorgen, dass sie weniger Energie an ihre Kunden verkaufen.

    Erreicht werden soll das zum Beispiel durch häufigere und genauere Rechnungen, die dem Verbraucher Einsparmöglichkeiten bewusst machen können. In einigen EU-Ländern - darunter Großbritannien und Frankreich - sind die Energieversorger bereits zum Sparen bei den Energieverkäufen verpflichtet. Ein Erfolg versprechendes und vor allem wirtschaftliches Modell, meint der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese:

    "Energieeffizienz ist doppelt so preiswert wie die erneuerbaren Energien. Das heißt ein Euro, den ich in erneuerbare Energien stecke, bringt nur halb so viel Ersparnis an Öl und Gas und CO2 wie ein Euro, den ich in Energieeffizienz stecke."

    Investiert werden soll nach dem Vorschlag von EU-Kommissar Oettinger unter anderem in die Gebäudesanierung. Jährlich sollen drei Prozent der öffentlichen Gebäude in der Europäischen Union energietechnisch modernisiert werden, bislang geschieht das jährlich bei lediglich 1,5 Prozent. Den Energieverbrauch großer Unternehmen sollen künftig unabhängige Experten regelmäßig analysieren und so Einsparpotenzial aufdecken.

    Auf diesem Weg will die EU-Kommission die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent erhöhen. Ein Ziel, auf das sich die europäischen Länder bereits 2007 verständigt hatten, ohne jedoch auszuarbeiten, wie das im Einzelnen erreicht werden soll. Und deshalb droht die Europäische Union auch, ihr Ziel zu verfehlen. Die Europäische Kommission warnt: Bei den bisherigen Anstrengungen lasse sich die Energieeffizienz bis 2020 allenfalls um zehn Prozent steigern. Der liberale Europaabgeordnete Holger Krahmer lehnt Oettingers Energiespar-Pläne dennoch ab:

    "Man muss noch mal festhalten, dass die Klimaziele, die wir uns setzen, letztendlich willkürlich sind. Es ist für das Weltklima relativ irrelevant, ob wir 20 oder 30 Prozent CO2-Emissionen mindern. Wir sollten uns darauf konzentrieren, zu sagen: Wir müssen Energie sparen: ja! Aber wir müssen gucken, dass die Instrumente, die wir dazu wählen, am Ende marktwirtschaftlich sind und nicht nur mit Dirigismus und Zwang gleichgesetzt werden."

    Rückendeckung erhält der Parlamentarier vom deutschen Wirtschaftsministerium. Dort zweifelt man an Verhältnismäßigkeit, Finanzierbarkeit und Effektivität der geplanten Maßnahme. Und auch in der EU-Kommission gibt es offenbar keine einhellige Unterstützung für den Vorschlag.

    Aus dem Büro von EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard war zu hören, Oettingers Vorhaben konterkariere den Handel mit CO2-Emissionszertifikaten. Wenn künftig deutlich weniger Energie verbraucht werde, könnte dies zu einem Preisverfall bei den Zertifikaten führen, so die Befürchtung. Peter Liese von der christlich-konservativen EVP-Fraktion weist diese Sorge als unberechtigt zurück:
    "Durch den Ausstieg aus der Kernenergie, durch das Wiedererstarken der Wirtschaft haben wir durchaus die Tendenz, dass die Zertifikatspreise teurer werden im Emissionshandel. Keiner kann sagen, wie das in zwei Jahren aussieht, und die meisten Energieeffizienzmaßnahmen betreffen Sektoren wie die Gebäude, die überhaupt nicht im Emissionshandel erfasst sind."