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Strukturwandel in Ostdeutschland
Zentrum für Medizin-Innovationen soll Jobs mit Perspektive schaffen

Statt Kohle zu fördern, soll im Mitteldeutschen Revier künftig Wissen produziert werden. Zum Beispiel an einem neuen Großforschungszentrum im Raum Leipzig/Halle, das Personalisierung und Digitalisierung der Medizin vorantreiben soll. Die Initiatoren hoffen auf Milliardenförderung durch Bund und Länder.

Von Volkart Wildermuth |
Digitaler Operationssaal
Digitalisierung und künstliche Intelligenz treiben Innovationen in der Medizin voran. (imago / Arnulf Hettrich)
Der Imagefilm sieht professionell aus und verspricht: „Das Center for Medicine Innovation wird zentrale Zukunftstechnologien von der Grundlagenforschung bis in die Versorgung in einem gemeinsamen Ansatz integrieren.“ Auf Bilder von Braunkohlebaggern folgen schicke Labore, Serverbänke und Krankenbetten. Den Weg von der Wissenschaft hin zum Patienten beschleunigen - das wollen viele Projekte. Doch der Ansatz des geplanten Zentrums für Medizin-Innovationen in der Region Leipzig-Halle sei einzigartig, betont Initiator Jens Meiler: „Das Centre for Medical Innovation bewegt sich an der Grenzfläche zwischen Personalisierung und Digitalisierung der Medizin. Die Innovation wird sich an dieser Grenzfläche Informatik und Medizin abspielen.“ 

Innovationen an der Schnittstelle zwischen Medizin und Informatik

Was genau sich hinter den Schlagworten verbirgt, will der Bioinformatiker von der Universität Leipzig derzeit aber noch nicht verraten: „Der konkrete Antrag ist jetzt ja noch auch noch ein bisschen geheim. Aber die konkreten Themen, mit denen wir uns beschäftigen, sind also zum Beispiel computergestütztes Design von Impfstoffen.“
Daran arbeitet Jens Meiler heute schon in Leipzig und an der Vanderbilt University in Nashville, USA.
Per künstlicher Intelligenz und Big-Data Analyse entstehen im Rechner Blaupausen für Impfstoffe gegen HIV und die Grippe: „Mit computergestützten Methoden können wir zumindest in der Grundlagenforschung bessere Impfstoffe herstellen, die also länger wirken, breiter wirken, gegen Mutationen in dem Virus auch robust sind. Und diese besseren Impfstoffe wollen wir eben nicht nur hier und nicht nur hier in der Region designen, sondern dann eben auch hier in der Region herstellen und testen.“

Künstliche Intelligenz könnte die Versorgung im ländlichen Raum verbessern

Impfstoffe sind aber nur ein Thema für das geplante Großforschungszentrum für Medizin-Innovationen, kurz CMI. Auch Diabetes soll dort erforscht werden, sowie Umweltkrankheiten und neue Konzepte für die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Die Entwicklung künstlicher Intelligenz könne dabei eine wichtige Rolle spielen, sagt Jens Meiler: „Zum Beispiel, um das Bild einer Wunde zu analysieren und festzustellen, ob der Patient zur Behandlung dieser Wunde aus dem Erzgebirge zum Klinikum nach Chemnitz oder Leipzig kommen muss - oder ob eine andere Behandlungsmöglichkeit existiert.“
Anders, als an vielen etablierten Großforschungseinrichtungen, soll es am CMI nicht um ein Thema wie Krebs, Herzkreislaufleiden oder Demenzen gehen, sondern um Schnittstellen-Technologien und ihre Anwendungen, betont der Bioinformatiker: „Dieses Zentrum für Medizin-Innovation ist also das erste Zentrum in Deutschland, was sich unabhängig von der Krankheit mit diesen innovativen Methoden in der Medizin beschäftigt.“

Mehr als 40 Unternehmen wollen mit dem CMI kooperieren

Konkret soll der Fokus des geplanten Großforschungszentrums auf der Informatik und modernen Behandlungskonzepten wie etwa der Gentechnik liegen. Diese Ansätze und Methoden könnten in vielen traditionellen Fachgebieten der Medizin breit eingesetzt werden. Die Mitteldeutsche Region sieht Jens Meiler dafür gut aufgestellt. Hier gibt es zum Beispiel schon einen Standort des Nationalen Zentrums für Künstliche Intelligenz, eine breit aufgestellte Grundlagenforschung im Bereich der Lebenswissenschaften und mehrere medizinische Fakultäten, die die neuen Ansätze in klinische Studien erproben könnten. Mehr als 40 Unternehmen vom Mittelständler bis hin zum Pharmariesen haben Vorverträge mit dem Center for Medicine Innovation abgeschlossen, wären also daran interessiert, Ideen zu Produkten weiterzuentwickeln.

"Gemeinsam für die Gesundheit von morgen"

Jens Meiler ist überzeugt: Die Region Leipzig-Halle hat Wachstumspotenzial - und viele junge Menschen, die dort bleiben wollen. Dieses Kapital wird auch dann genutzt werden, wenn das Bundesforschungsministerium das Center for Medicine Innovation nicht zu einem der beiden Sieger des Ideen-Wettbewerbs "Wissen schafft Perspektiven für die Region!" küren sollte. Schon in der laufenden Antragsphase hat das Team um Jens Meiler vielversprechende Forschungsprojekte identifiziert und passende Kooperationspartner in der Region Halle-Leipzig gefunden. Es wird also in jedem Fall mehr medizinische Innovation aus dem ehemaligen Braunkohlerevier geben. Oder wie der Imagefilm verspricht: „Forschung mit den Menschen der Region, für die Menschen der Region. Gemeinsam für die Gesundheit von morgen.“