Die Musik wummert aus den fahrbaren Boxen. Rund 400 Studierende und Azubis machen sich auf zu einem "kritischen Stadtrundgang". Sie wollen protestieren: gegen die extrem hohen Mieten in der Stadt und den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum.
"Im Moment zeigt sich, dass viele Leute einfach mit ihrem BAföG nicht mehr zurechtkommen. Damit sich keine Wohnung mehr leisten können. Viele Leute pendeln zurzeit aus anderen Städten hierher. Oder schlafen gerade in Notunterkünften des Studierendenwerkes, weil sie sich die Mieten nicht leisten können oder schlicht keine Wohnung finden",
erklärt Simon Stülcken, Vorstand des Asta der Uni Hamburg. Der hat gemeinsam mit der Gewerkschaftsjugend und anderen linken Gruppen zu dem Rundgang eingeladen. "Suchst Du noch oder wohnst Du schon" – das ist die Frage, die sich stellt an diesem Aktionstag mit dem Titel "Schlaflos in Hamburg".
Eine junge Frau, die ihr Gesicht hinter einer Sonnenbrille versteckt, greift gleich zu Beginn zum Mikrofon:
"Die 3750 Zimmer in den Wohnheimen sind schon lange überbucht. Und nur über eine Warteliste zu bekommen. Das Studierendenwerk wird nun im zweiten Jahr in Folge eine Sporthalle bereitstellen müssen, um den Wohnungssuchenden wenigstens eine Notunterkunft bieten zu können."
Auch die 24-jährige Nina hat derzeit keine feste Wohnung. Anfangs wohnte die Studentin in einem Hostel, konnte dann bei Kommilitonen unterkommen und hat nun für drei Monate ein Zimmer zur Zwischenmiete. Das liegt im Zentrum Hamburgs, nicht weit von der Uni entfernt – und ist entsprechend teuer: 15 Quadratmeter – 450 Euro. Das kann sie auf Dauer nicht bezahlen. Da bleibt nur der Umzug in Hamburgs äußere Wohnbezirke:
"Wilhelmsburg habe ich so angepeilt. Das ist noch was preiswerter. Da gibt´s dann teilweise Studierendenförderung. Das ist ganz nett. Aber sonst halt Bergedorf, habe ich auch mal geguckt. Also schon außerhalb."
Langsam setzt sich Menschenmenge, die sich in zwei Gruppen aufgeteilt hat, in Bewegung. Es geht vom Uni Campus Richtung Schanze. Es soll an besonderen Punkten angehalten werden – da, wo die Wohnmisere augenscheinlich wird. Auf Höhe der Grindelallee sind auf einmal Sirenen zu hören. Mehrere Einsatzbusse der Polizei rasen heran. Um die 100 Beamte in voller schwarzer Montur halten die Gruppe, die hintereinander auf dem Gehweg lang geht, an. Die Studierenden und Azubis werden eingekesselt:
"Gibt es hier irgendjemanden, der sich als verantwortlich zu erkennen gibt? - Einen Leiter gibt es nicht. Deswegen... ich bin als Anwalt angesprochen worden, weil es manchmal Missverständnisse mit der Polizei gibt über Versammlungsrecht."
Während der Einsatzleiter mit dem Rechtsanwalt auf der Straße diskutiert, warten die Stadtrundgangsteilnehmer geduldig unter einem Vordach, während es anfängt zu regnen.
"Wie ihr das hier alle seht, werden wir gerade von der Polizei aufgehalten. Die der Meinung ist, dass hier eine Versammlung stattfindet. Dieser Meinung sind wir natürlich nicht, sondern was wir hier machen, ist ein Stadtteilrundgang und keine Versammlung. Sobald sich was tut, würde ich mich nochmal bei Euch melden."
Nach einer halben Stunde kann es weitergehen, die Polizei macht den Weg frei. Erste Station: ein leer stehendes Haus nicht weit vom Campus entfernt.
"Allen Nutzerinnen ist 2011 gekündigt worden. In Hamburg stehen Hunderte Gebäude leer, die trotz akuter Wohnungsnot nicht genutzt werden. Statt dessen wird mit diesen Gebäuden spekuliert. Das prangern wir an. Gebäude bleiben extra leer, damit ihr Marktwert steigt. So wird eine künstliche Wohnungsnot geschaffen."
Mauricio schüttelt den Kopf. Nachdem er sich eine Zeit lang das WG-Zimmer mit seinem Bruder geteilt hat, wohnt er jetzt in Wilhelmsburg. Auf der anderen Elbseite.
"Ein sogenannter sozialer Brennpunkt, wo Studenten auch angesiedelt werden. Also ich habe Vergünstigungen, und für Hamburg ist es noch relativ bezahlbar. Aber diese Wohnung habe ich nur bekommen über Vitamin B. Es ist auch da nicht so einfach, an so eine Wohnung zu kommen."
Der SPD-Senat der Hansestadt ist sich der Probleme durchaus bewusst, sagt Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt:
"Es muss deutlich mehr getan werden, und wir sind dabei als Senat, dass wir kostengünstigen Wohnraum schaffen."
Konkrete Maßnahmen speziell für Studierende und Auszubildende werden aber nicht ergriffen. Stattdessen beruft sich die Politikerin auf das Wohnungsbauprogramm des Senats: 6000 Wohnungen pro Jahr sollen in Hamburg gebaut werden. Für Asta-Vorstand Simon Stülcken ist das nur Augenwischerei:
"Weil es werden eventuell 6000 Wohnungen gebaut, aber es fallen gleichzeitig ein enormer Anteil von Wohnungen auch aus der Mietpreisbindung raus. Das heißt, insgesamt ist der soziale Wohnungsbau um circa 3700 Wohnungen. Und deshalb ist es Makulatur."
Der Rundgang dauert bis in die frühen Abendstunden. An vielen leer stehenden Wohn- und Bürogebäude wird haltgemacht. Pia ist bis zum Schluss mit dabei:
"Ein Zeichen zu setzen ist nie schlecht. Vielleicht lässt sich ja doch jemand ansprechen damit, wenn´s auch nicht die Politiker sind."
Der Protest wird nicht aufhören. Bereits für den 10. November ist die nächste Großdemonstration gegen den Mietenwahnsinn angekündigt.
"Im Moment zeigt sich, dass viele Leute einfach mit ihrem BAföG nicht mehr zurechtkommen. Damit sich keine Wohnung mehr leisten können. Viele Leute pendeln zurzeit aus anderen Städten hierher. Oder schlafen gerade in Notunterkünften des Studierendenwerkes, weil sie sich die Mieten nicht leisten können oder schlicht keine Wohnung finden",
erklärt Simon Stülcken, Vorstand des Asta der Uni Hamburg. Der hat gemeinsam mit der Gewerkschaftsjugend und anderen linken Gruppen zu dem Rundgang eingeladen. "Suchst Du noch oder wohnst Du schon" – das ist die Frage, die sich stellt an diesem Aktionstag mit dem Titel "Schlaflos in Hamburg".
Eine junge Frau, die ihr Gesicht hinter einer Sonnenbrille versteckt, greift gleich zu Beginn zum Mikrofon:
"Die 3750 Zimmer in den Wohnheimen sind schon lange überbucht. Und nur über eine Warteliste zu bekommen. Das Studierendenwerk wird nun im zweiten Jahr in Folge eine Sporthalle bereitstellen müssen, um den Wohnungssuchenden wenigstens eine Notunterkunft bieten zu können."
Auch die 24-jährige Nina hat derzeit keine feste Wohnung. Anfangs wohnte die Studentin in einem Hostel, konnte dann bei Kommilitonen unterkommen und hat nun für drei Monate ein Zimmer zur Zwischenmiete. Das liegt im Zentrum Hamburgs, nicht weit von der Uni entfernt – und ist entsprechend teuer: 15 Quadratmeter – 450 Euro. Das kann sie auf Dauer nicht bezahlen. Da bleibt nur der Umzug in Hamburgs äußere Wohnbezirke:
"Wilhelmsburg habe ich so angepeilt. Das ist noch was preiswerter. Da gibt´s dann teilweise Studierendenförderung. Das ist ganz nett. Aber sonst halt Bergedorf, habe ich auch mal geguckt. Also schon außerhalb."
Langsam setzt sich Menschenmenge, die sich in zwei Gruppen aufgeteilt hat, in Bewegung. Es geht vom Uni Campus Richtung Schanze. Es soll an besonderen Punkten angehalten werden – da, wo die Wohnmisere augenscheinlich wird. Auf Höhe der Grindelallee sind auf einmal Sirenen zu hören. Mehrere Einsatzbusse der Polizei rasen heran. Um die 100 Beamte in voller schwarzer Montur halten die Gruppe, die hintereinander auf dem Gehweg lang geht, an. Die Studierenden und Azubis werden eingekesselt:
"Gibt es hier irgendjemanden, der sich als verantwortlich zu erkennen gibt? - Einen Leiter gibt es nicht. Deswegen... ich bin als Anwalt angesprochen worden, weil es manchmal Missverständnisse mit der Polizei gibt über Versammlungsrecht."
Während der Einsatzleiter mit dem Rechtsanwalt auf der Straße diskutiert, warten die Stadtrundgangsteilnehmer geduldig unter einem Vordach, während es anfängt zu regnen.
"Wie ihr das hier alle seht, werden wir gerade von der Polizei aufgehalten. Die der Meinung ist, dass hier eine Versammlung stattfindet. Dieser Meinung sind wir natürlich nicht, sondern was wir hier machen, ist ein Stadtteilrundgang und keine Versammlung. Sobald sich was tut, würde ich mich nochmal bei Euch melden."
Nach einer halben Stunde kann es weitergehen, die Polizei macht den Weg frei. Erste Station: ein leer stehendes Haus nicht weit vom Campus entfernt.
"Allen Nutzerinnen ist 2011 gekündigt worden. In Hamburg stehen Hunderte Gebäude leer, die trotz akuter Wohnungsnot nicht genutzt werden. Statt dessen wird mit diesen Gebäuden spekuliert. Das prangern wir an. Gebäude bleiben extra leer, damit ihr Marktwert steigt. So wird eine künstliche Wohnungsnot geschaffen."
Mauricio schüttelt den Kopf. Nachdem er sich eine Zeit lang das WG-Zimmer mit seinem Bruder geteilt hat, wohnt er jetzt in Wilhelmsburg. Auf der anderen Elbseite.
"Ein sogenannter sozialer Brennpunkt, wo Studenten auch angesiedelt werden. Also ich habe Vergünstigungen, und für Hamburg ist es noch relativ bezahlbar. Aber diese Wohnung habe ich nur bekommen über Vitamin B. Es ist auch da nicht so einfach, an so eine Wohnung zu kommen."
Der SPD-Senat der Hansestadt ist sich der Probleme durchaus bewusst, sagt Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt:
"Es muss deutlich mehr getan werden, und wir sind dabei als Senat, dass wir kostengünstigen Wohnraum schaffen."
Konkrete Maßnahmen speziell für Studierende und Auszubildende werden aber nicht ergriffen. Stattdessen beruft sich die Politikerin auf das Wohnungsbauprogramm des Senats: 6000 Wohnungen pro Jahr sollen in Hamburg gebaut werden. Für Asta-Vorstand Simon Stülcken ist das nur Augenwischerei:
"Weil es werden eventuell 6000 Wohnungen gebaut, aber es fallen gleichzeitig ein enormer Anteil von Wohnungen auch aus der Mietpreisbindung raus. Das heißt, insgesamt ist der soziale Wohnungsbau um circa 3700 Wohnungen. Und deshalb ist es Makulatur."
Der Rundgang dauert bis in die frühen Abendstunden. An vielen leer stehenden Wohn- und Bürogebäude wird haltgemacht. Pia ist bis zum Schluss mit dabei:
"Ein Zeichen zu setzen ist nie schlecht. Vielleicht lässt sich ja doch jemand ansprechen damit, wenn´s auch nicht die Politiker sind."
Der Protest wird nicht aufhören. Bereits für den 10. November ist die nächste Großdemonstration gegen den Mietenwahnsinn angekündigt.