Marco Petz räumt das Geschirr aus seiner winzigen Spüle in das winzige Regal darüber. Seit einem halben Jahr wohnt der Modedesign Student aus Österreich auf 18 Quadratmetern in einem privaten Containerdorf für Studenten in Berlin Treptow.
"Ich habe sowieso von Anfang an gesagt, ich will in ein Studentenheim gehen, weil ich kenne niemanden in Berlin. Für mich war das von Anfang an klar, ich will ein Jahr erst mal in ein Studentenheim, weil man da auch Kontakte pflegt und besser Kontakte bekommt. Ich zahle jetzt 400 Euro, dabei ist aber Wasser, Strom, Internet, alles dabei."
Wohnheimplätze sind knapp
Um die Miete aufzubringen, geht er regelmäßig jobben und seine Eltern schießen kräftig dazu. In einem staatlich geförderten Wohnheim des Studentenwerks wäre die Miete circa 150 Euro günstiger – theoretisch. Denn einen Platz zu finden, ist für Studierende in Berlin nahezu aussichtslos. 9.300 Plätze gibt es in der Stadt, 3.100 Studierende stehen dafür auf der Warteliste, manche bereits seit über einem Jahr. Ein unhaltbarer Zustand, sagt Dieter Timmermann vom Deutschen Studentenwerk. Seit 2007 sei die Zahl der Studienplätze um 44 Prozent gestiegen, die Zahl der staatlich geförderten Wohnheimplätze aber nur um fünf Prozent:
"Wir fordern ja ein gemeinsames Bund-Länder Programm. Wir nennen das den Hochschulsozialpakt, aufgrund dieser gewachsenen Schere zwischen Studienplätzen und Wohnheimplätzen, dass auch der Bund sich engagiert im Wohnheimbau, wie das ja früher schon gewesen ist. Der Bund verweist immer darauf, dass er da keine Kompetenzen hätte, verweist auf die Länderkompetenzen. Da die Länder oder ein Teil der Länder sich finanziell überfordert fühlen, sagen wir, der Bund sollte sich engagieren, der ja deutlich finanzstärker ist."
Vor allem private Anbieter, wie der Betreiber des Containerdorfs in Treptow, versorgen derzeit Studenten mit Wohnraum – zu deutlich höheren Preisen, als zum Beispiel BaFöG-Empfänger aufbringen können. Die meisten Studierenden müssen demzufolge für ihren Lebensunterhalt jobben, was dazu führt, dass die Regelstudienzeit im Durchschnitt um zwei Semester überschritten wird. Darüber hinaus bekommt nur noch jeder fünfte Studierende BaFöG. Als die Förderung 1971 eingeführt wurde, waren es noch 42 Prozent. Und obwohl die Sätze zum 1. August erhöht wurden, werden wohl nicht mehr Studierende davon profitieren, fürchtet Dieter Timmermann:
"Wir interpretieren das jetzt so, dass die Freibeträge nicht ausreichend angehoben wurden und auch die Einkommensgrenzen nicht ausreichend angehoben worden sind."
Bafög muss an steigene Lebenshaltungskosten angepasst werden
Außerdem ist der BaFöG-Antrag kompliziert und langwierig, beklagen die Studierenden der Humboldt Universität.
"Ich weiß das von ehemaligen Kommilitonen, die hatten immer auch Stress. Wenn man es wirklich braucht, dann ist man auch abhängig davon und das Problem ist aber, dass es ganz oft auch vorkam, dass die es sehr spät erst bekommen haben. Dann mussten die wieder hinrennen und sagen, wo ist mein Geld. Und ja es ist schon mühsam."
"Ich bin jetzt schon ein bisschen älter und habe doch Glück, dass ich BaFöG noch bekommen habe. Und deswegen nicht arbeiten gehen muss. Aber man muss sich kümmern und man muss ganz viel selber wissen und da kam mir vielleicht zugute, dass ich mit dem ganzen Bürokratiekram doch auch schon bescheid wusste, wie der Hase läuft."
Das Studentenwerk fordert deshalb, das in vielen Fällen mangelhafte elektronische Antragsverfahren zu vereinheitlichen und vor allem das BaFöG regelmäßig automatisch an die steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen – am besten auf Basis der amtlichen BaFöG-Berichte, die alle zwei Jahre vorgelegt werden. Denn wenn das Soziale in der deutschen Förderpolitik für die Studierenden nicht angemessen berücksichtigt wird, rächt sich das volkswirtschaftlich sowieso, meint Dieter Timmermann:
"Das bedeutet in der Tat, dass die Studierenden länger studieren müssen, dass sie später produktiv werden können, das heißt, ein eigenes Einkommen erzielen, aber auch produktiv für die Gesellschaft."