Über Studiengebühren ist noch vor einigen Jahren hitzig debattiert worden. Doch das hat sich seit deren kompletten Abschaffung geändert. Und es hat einen wichtigen Effekt, betont Andreas Keller. Er ist stellvertretender Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, kurz GEW:
"Dass die Abschaffung der Gebühren, die Gebührenfreiheit ohne wenn und aber auch eine wichtige Voraussetzung für die soziale Öffnung der Hochschulen darstellt."
Gebühren weg, alles gut bei der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden? Nein, sagt Keller mit Verweis auf die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks.
"Finanzielle Sorgen sind der häufigste Grund, aus dem junge Menschen auf ein Studium verzichten, obwohl sie eine Studienberechtigung haben. Und es gibt kaum ein anderes Industrieland, indem der Bildungserfolg so eng mit der sozialen Herkunft zusammenhängt."
Auch Isabella Albert vom Freien Zusammenschluss von StudenInnenschaften, kurz fzs, weist bei der Anhörung im Bildungsausschuss auf diesen Zusammenhang hin.
Recht unspektakuläre Ergebnisse
Der zeige sich auch beim Thema Job im Studium, dem laut der Sozialerhebung 61 Prozent aller Studierenden nachgehen. Wer nebenher jobbe, drohe wichtige Zeit für das Lernen zu verlieren. Für Studierende aus gebildeten Familien nicht so ein Problem: Denn die würden eher jobben, um sich etwas leisten zu können oder Praxiserfahrung zu sammeln.
"Da vor allem Studierende mit niedriger Bildungsherkunft eine Lohnarbeit nachgehen müssen, um ihr Studium finanzieren zu können, führt dies wieder zu einer Benachteiligung der Studierenden mit niedriger Bildungsherkunft."
Das Deutsche Studentenwerk, von dem die an diesem Nachmittag viel angesprochene Sozialerhebung ja stammt, spricht dagegen von "recht unspektakulären" Ergebnissen. Positiv sei, dass seit den Streiks von 2009 es Reformen an den Unis gebe und damit zum Teil auch die Belastungen für die Studierenden zurückgehen, meint Studentenwerk-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde.
Aber auch das Studentenwerk sieht Nachholbedarf: Durch die Bologna-Reform seien der Beratungsbedarf der Studierenden gestiegen. Nicht aber die Angebote. Sorge macht dem Studentenwerk auch der Mangel an Plätzen in den Studentenwohnheimen: Seit 2007 hätten sich die Zahl der Studienanfänger um 50 Prozent erhöht, so der Generalsekretär:
"Die Studierendenzahlen sind in der gleichen Zeit insgesamt um 36 Prozent gewachsen. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnheimplätze aber nur um fünf Prozent."
Auch Horst Hippler, Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz mahnt an:
"Es darf nicht sein, dass sich die Entscheidung, an einem bestimmten Ort zu studieren, nicht mehr an Interesse und Neigung ausrichtet, sondern am Vorhandensein von bezahlbarem Wohnraum."
Aber nicht nur die Frage des Wohnraums stellt die Studierenden vor immer mehr Probleme. Auch der Wunsch, mal ein Auslandssemester einzulegen, wie dies ja eigentlich die Bologna-Reform fördern soll. Immer wieder komme den jungen Menschen die Studienordnung in die Quere, sagt Hippler. Aber auch das Thema Geld stelle für ein Auslandssemester eine wichtige Hürde dar.
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp
Hippler fordert, dass das BAföG weiter entwickelt werden müsse zu einer modernen Studienfinanzierung. Dies müsse auch lebenslanges Lernen ermöglichen.
Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz sprich sich für den Aufbau einer Stipendienkultur in Deutschland aus.
Auch die Bildungspolitiker der Großen Koalition sehen Handlungsbedarf, um die wirtschaftliche Lage der Studierenden zu verbessern. Aber im Ausschuss sie versprechen sich auch positive Effekte durch jüngst beschlossene Projekte – wie etwa die BAföG-Novelle.
Die hochschulpolitische Sprecherin der Partei Die Linke, Nicole Gohlke, freut sich darüber, dass immer mehr Menschen in Deutschland studieren. Doch den Anstieg führt sie weniger auf die Politik der Bundesregierung zurück.
"Also, ich habe da den Eindruck, dass da andere gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen wie eben zum Beispiel die doppelten Abiturjahrgänge, wie die Abschaffung der Wehrpflicht, wie die gestiegene Studierneigung insgesamt, dass die viel stärker insgesamt auf diese Quote wirken."