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Studie
Atomkraft als Klimaretter?

Sind wirklich Windkraft und Solarenergie die Antwort auf alle Klimaprobleme? Oder muss vielleicht doch die Atomkraft eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Erderwärmung spielen - wie es die Atomlobby immer wieder fordert? Gut einen Monat vor Beginn des Weltklimagipfels wurde in Paris ein Bericht zu dieser Frage vorgelegt - mit einem klaren Ergebnis.

Von Suzanne Krause |
    Blick auf das Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich
    Blick auf das Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich (dpa / picture alliance / Francois Lafite)
    Um 'Nuclear for Climate' - 'Atomkraft für das Klima' - geht es in dem kurzen Trickfilm, mit dem sich die internationale Nuklearindustrie als Klimaretter verkauft. Um den jährlichen Strombedarf eines durchschnittlichen Haushalts zu decken, braucht es sieben Gramm Uran. Oder 819 Kilo Öl. Oder 1.100 Kilo Kohle. Oder tausend Kubikmeter Gas. Atomenergie ist, genau wie Sonnen- und Windenergie, eine kohlenstoff-arme Energiequelle und erzeugt gerade mal 16 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde. Die Kernkraft generiert wenig Abfall, der äußerst gewissenhaft überwacht wird, sie ist wettbewerbsfähig und Atommeiler produzieren rund um die Uhr.
    Argumente, die Yves Marignac kritisch beleuchtet hat. Marignac leitet das Büro von WISE Paris, eine renommierte und unabhängige Einrichtung, die energiepolitische Expertisen erstellt. 24 Seiten umfasst sein heute in Paris vorgelegter Bericht zur Frage, ob Atomstrom ein geeignetes Mittel im Kampf gegen Treibhaus-Gase und Erderwärmung darstelle.
    "Wenn man sich die Fakten anschaut, springt eines gleich ins Auge. Bei der Vermeidung des Ausstoßes von Kohlendioxid spielt die Kernkraft eine sehr limitierte Rolle - da geht es, wenn man sich die weltweite CO2-Produktion anschaut, lediglich um einige wenige Prozentpunkte. Die sich zudem ständig verringern. Der Einsatz der Kernkraft hat nie dazu geführt, den vehementen Treibhausgas-Anstieg zu verhindern."
    Zudem, erinnert Marignac, sei der Sektor der Stromproduktion keineswegs für das Gros der CO2-Produktion weltweit verantwortlich.
    "Frankreich hat die Atomstromproduktion bis aufs Äußerste hochgetrieben: 80 Prozent des Stroms stammt hier aus der Kernkraft. Das sorgte, wenn es hochkommt, für eine Verringerung der Treibhausgase um 15 Prozent. Doch die CO2-Werte in Frankreich sind noch viermal höher als die vorgegebenen Ziele zur Schadstoffbegrenzung."
    Vergangene Woche verkündete Electricité de France, Betreiber des französischen Atomstrom-Parks, im Land 30 neue Anlagen vom Typ europäischer Druckwasser-Reaktor zu planen. Dabei hinken die EPR-Baustellen in Frankreich und in Finnland wegen massiver Bau-Probleme dem Zeitplan um Jahre hinterher. Dennoch hält die Branche die Atomkraft angesichts des Klimawandels für unersetzlich.
    Atomkraft kann im Energiemix zusammen mit Sonnen- und Windenergie genutzt werden. Atomkraft ist Teil der Lösung betreffs der Energie- und Klima-Herausforderungen, mit denen unser Planet konfrontiert ist. Wir müssen alle Technologien verwenden, die heute verfügbar sind.
    Ein Argument, dem Energieexperte Marignac nicht folgen kann.
    "Diese Formel der Atomindustrie, alle verfügbaren Energiequellen zu brauchen, lässt das Thema Energiesparen völlig außer Betracht."
    Laut den letzten Zahlen der Internationalen Energie-Agentur IEA jedoch werden Maßnahmen im Bereich Energiesparen, Energieeffizienz bei der Beschränkung des Temperaturanstiegs auf zwei Grad eine wesentliche Rolle spielen: Die IEA spricht von einem Anteil von 50 Prozent.
    Auftraggeber der kritischen Studie von WISE Paris zum Thema Atomkraft als Klimaretter sind nicht nur das französische Netzwerk für den Atomausstieg und große Umweltorganisationen, sondern auch die Heinrich-Böll-Stiftung, die den Grünen nahesteht. Kathrin Glastra ist beim Stiftungs-Büro in Brüssel tätig.
    "Die Studie wird an die französischen Parlamentarier geschickt werden. Sie wird des Weiteren an Vertreter des Europaparlaments geschickt. Und wir werden sie in einer Kurzform bei Events nutzen, insbesondere natürlich auf der Klimakonferenz, die in Paris stattfindet, als Diskussionsbeitrag."