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Studie "Junge Deutsche 2021"
Jugendforscher: Jugendliche besser über Corona aufklären

66 Prozent der befragten Jugendlichen geben in einer aktuellen Studie an, es sei wichtig in der Corona-Pandemie auf Feiern und Partys zu verzichten. Nicht verzichten wollten tendenziell junge Männer mit niedrigerem Bildungsniveau, so Studieninitiator Simon Schnetzer im Dlf. Hier sei Aufklärung wichtig.

Simon Schnetzer im Gespräch mit Thekla Jahn |
Jugendliche Passanten mit Schutzmasken gehen über eine weihnachtlich geschmückte Straße in Essen.
Nicht alle sorglos: Etwas 66 Prozent der Jugendlichen haben Sorge oder Angst, sich zu infizieren - und sehen ein, dass auf Partys verzichtet werden muss (Imago / Rupert Oberhäuser)
Seit Beginn der Corona-Pandemie kursieren in den Medien Bilder von Partyexzessen feierwütiger Jugendlicher. Den jungen Erwachsenen wird vorgeworfen, durch ihr leichtsinniges Verhalten maßgeblich zur Verbreitung des Coronavirus beizutragen, die älteren Bevölkerungsgruppen zu gefährden und sich auf diese Weise unsolidarisch zu verhalten.
Tatsächlich sagten in der Studie "Junge Deutsche 2021" 66 Prozent der befragten Jugendlichen, es sei wichtig auf Feiern und Partys zu verzichten – allerdings weil sie selbst Angst vor Infektionen hätten, so Studieninitiator Simon Schnetzer im Deutschlandfunk. Die tatsächlich Unbedachten oder Rücksichtslosen seien tendenziell eher männlich, wohnten eher in Kleinstädten und hätten eher ein geringeres Bildungsniveau, so der Jugendforscher.
Daher sei es wichtig "Bildungsangebote zu schaffen, besser aufzuklären, was Corona ist, was die negativen Konsequenzen sind", sagte Schnetzer. Auch ein "sinnstiftendes" Narrativ könne helfen, um den Jugendlichen nahezubringen, welchem größeren Ziel ihr Verzicht diene.
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Simon Schnetzer: Die Ergebnisse der Studie zeigen, entgegen der überwiegenden Meinung in der Mehrheit und der Vorurteile verhält sich der überwiegende Teil der jungen Generation rücksichtsvoll, solidarisch und respektvoll anderen gegenüber.
Thekla Jahn: Kann man das beziffern, wie viele sind das?
Schnetzer: Das kann man natürlich beziffern, es sind 73 Prozent der jungen Menschen, und damit meine ich die 14- bis 39-Jährigen in Deutschland, die sich rücksichtsvoll verhalten.
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Jahn: Sie haben insgesamt 1.600 junge Menschen befragt. Wie valide sind solche Selbstauskünfte? Sind nicht manchmal Reden und Handeln zweierlei Paar Schuhe, also können Sie ausschließen, dass nicht derjenige, der sagt, ich bin sehr rücksichtsvoll, es denn vielleicht doch gar nicht ist?
Schnetzer: Finde ich total wichtig, dass wir auch die Methodik hinterfragen, und da schaue ich gerne auf zwei andere Fragen, die wir gestellt haben: Wie wichtig findest du es, auf Feiern und Partys zu verzichten – das sagen 66 Prozent. Das sind schon mal weniger als die 73 Prozent derer, die sagen, es ist wichtig, Hygieneregeln einzuhalten. Und jetzt gucken wir noch mal eine andere Zahl an, und zwar, 22 Prozent haben Angst, sich zu infizieren, 44 Prozent Sorge, das sind 66 Prozent. Das stimmt genau überein mit der Anzahl, die bereit sind, auf Partys und Feiern zu verzichten.
"Rücksichtslose eher männlich mit niedriger Bildung"
Jahn: Wer sind denn jetzt die Rücksichtslosen unter den jungen Menschen, weil die gibt es ja offenbar auch.
Schnetzer: Ja, da gibt es nicht die eine Gruppe, aber wir können Tendenzen sehen. Die Rücksichtslosen sind eher männlich, wohnen eher in Kleinstädten als auf dem Land oder in Großstädten, und sie haben eher ein geringeres Bildungsniveau.
Jahn: Gibt es eine Erklärung für diesen Zusammenhang zwischen Rücksichtslosigkeit, wenn man es so sagen darf, Bildung, Alter und Geschlecht?
Schnetzer: Wir haben die Erklärung nicht explizit abgefragt. Wenn ich vermuten müsste, woran das liegt: Die jüngeren Menschen, also gerade die 14- bis 17-Jährigen zum Beispiel, haben viel weniger die Einschätzung, dass sie selbst Risikogruppe sind, sie haben ein wesentlich geringeres finanzielles, wirtschaftliches Risiko durch eine Infektion, das heißt, sie sehen auch nicht so richtig, warum sollten sie das tun. Den Zusammenhang zur Bildung vermute ich darin, dass junge Menschen, die ein geringeres Bildungsniveau haben, andere Informationen an sich ranlassen, vielleicht auch weniger qualifiziert fundiert, in einem Umfeld sich bewegen, in dem Zweifel an Corona, also Verschwörungstheorien gängiger sind und deswegen sich auch fühlen, als wäre es okay, sich so zu verhalten.
Jahn: Sie haben auch abgefragt, wie junge Menschen mit der Belastung durch die Corona-Pandemie klarkommen, was sagt da die Auswertung?
Schnetzer: Wenn ich die 14- bis 39-Jährigen anschaue, dann sehen 58 Prozent, dass sich die Perspektiven für die Zukunft eigentlich gar nicht verändert haben, für acht Prozent haben sie sich sogar verbessert. Das sind insgesamt zwei Drittel, die nicht beeinträchtigt oder sogar optimistisch durch diese Krise gehen, und es sind 30 Prozent, die sich negativere Perspektiven für die Zukunft durch die Krise ausrechnen oder sogar schon aktuell davon betroffen sind.
"Starker Glaube" hilft Jugendlichen
Jahn: Ein spannender Aspekt, bis jetzt noch nicht so häufig bedacht, ist die Bedeutung von Religion, das haben Sie auch abgefragt, und da speziell festgestellt, dass gläubige muslimische Jugendliche, evangelische oder katholische, um mal diese drei Religionen beispielhaft zu nennen, besser durch die Krise gehen als Menschen ohne Religion.
Schnetzer: Das ist auf jeden Fall eine auch schöne Erkenntnis, dass Glaube helfen kann, und wir müssen hier auch wirklich unterscheiden: Es reicht nicht, einfach nur zu glauben, es braucht den starken Glauben. Es reicht nicht, einmal in der Woche in die Kirche zu gehen, sondern es ist das tägliche Gebet, die Dankbarkeit, was junge Menschen sagen, das ist es, was mir geholfen hat. Ich gebe Ihnen gerne auch ein Zitat, was eine junge Dame geantwortet hat, wie sie ihren Glauben praktiziert, was in dem Fall zu Verbesserungen der schulischen, beruflichen Situation, der finanziellen Situation und der Perspektiven für die Zukunft geführt hat, und das Zitat ist: Niemals den Glauben daran verlieren, dass Gott nur das Beste für uns bestimmt hat. Und wer tagtäglich mit diesem Spruch aufsteht, der kann wahrscheinlich auch Rückschläge besser verdauen und positiver in die Zukunft sehen.
"Besser aufklären, was Corona ist"
Jahn: Kommen wir noch einmal dazu, was sich aus Ihrer Studie ableiten lässt für die Prävention und die Kontrolle: Was wäre das?
Schnetzer: Aus meiner Sicht ist es wichtig, jungen Menschen, die ein natürliches Bedürfnis haben, andere zu treffen, weil es eine entwicklungspsychologische Notwendigkeit ist. Es reicht nicht, jungen Menschen Hausarrest zu geben, wir müssen uns mindestens genauso anstrengen, hygienekonforme Möglichkeiten zu schaffen, damit diese sich dennoch treffen können, und Feiern nicht nur negativ zu sehen, sondern auch als das, was es ist, um die Persönlichkeit, die Identität zu entwickeln und Interessen auszuprägen. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist es, Bildungsangebote zu schaffen, einerseits besser aufzuklären, was Corona ist, was die negativen Konsequenzen sind, und wieder eine vereinende Story, eine sinnstiftende Mission geben jungen Menschen, wofür verzichte ich im persönlichen, im alltäglichen Leben, um dieses größere Ziel der geringeren Inzidenz zu erreichen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)