"Bei mir war es schwierig. Man muss zu den Leitern des Studiengangs gehen, auch noch zu den Leitern der einzelnen Fächer, die dann als Wahlpflicht- oder Pflichtmodul anerkannt werden sollen. Das habe ich im Vorlauf nicht gemacht. Dann habe ich halt Fächer genommen, die sich vom Titel oder Inhalt her ähnlich angehört haben. Im Nachhinein habe ich dann versucht, die Kurse anerkennen zu lassen. Dann wurde mir aber gesagt, dass es nicht genug Übereinstimmung zwischen den Fächern in Deutschland und denen in Barcelona gibt."
Lennart Müller studiert Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin. Vor zwei Jahren war er für ein Jahr in Barcelona. Die Zeit war gut, sagt der 25-jährige. Allerdings brachte ihm das Auslandsstudium wenig, weil seine dort absolvierten Kurse nicht anerkannt wurden. Er habe sich im Vorfeld nicht gut genug informiert, gesteht er. Allerdings sei es auch nicht einfach gewesen, die notwendigen Informationen zu bekommen. Eine heute veröffentlichte Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung zeigt, dass zwar die Bereitschaft, während des Studiums ins Ausland zu gehen, recht hoch ist, dass es aber gleichzeitig oft an verlässlichen Informationen fehlt. Auftraggeber der Studie, die auf einer Online-Befragung von Studierenden fußt, ist das Hochschulforum Digitalisierung, ein Zusammenschluss von HRK, CHE und dem Stifterverband. Stefan Hase-Bergen vom Hochschulforum Digitalisierung (*) kennt die Anerkennungsproblematik, die es im Vorfeld eines Auslandsaufenthaltes gibt:
"Das wird an den Hochschulen sehr dezentral geregelt. Das entscheiden die Fakultäten, oder es entscheidet sogar der einzelne Professor - der Lehrstuhlinhaber - ob ein Kurs anerkannt wird oder nicht. Ob es Credits gibt oder nicht. Da würde natürlich eine Datenbank sehr helfen."
Anerkennungsdatenbanken könnten helfen
Nun sind Datenbanken im digitalen Zeitalter sicherlich nichts Ungewöhnliches, doch an den meisten Universitäten und Hochschulen gibt es solche Anerkennungsdatenbanken nicht oder noch nicht. Die Studie zeigt, dass sich mehr als Zwei-Drittel der Befragten ein solches Angebot als Entscheidungshilfe wünschen würden. In Berlin, an der Technischen Universität, wird eine solche Datenbank derzeit vorbereitet. Das Projekt heißt "Punktlandung". Seit 2014 wird es vorangetrieben, sagt Uta Kirchner vom Akademischen Auslandsamt an der TU.
"Im Moment ist es eine Sisyphos-Arbeit, weil wir wirklich an Aktenordner und müssen. Wir müssen Papiere wälzen. Langfristig ist es aber so gedacht, dass wir auf einen digitalisierten Anerkennungsprozess setzen. Wo die Studierenden ohnehin ihre Daten eingeben und auch die involvierten Stellen grünes Licht geben und mit Informationen dazu beitragen. Dass das so mit Leben gefüllt wird."
Die Digitalisierung kann die Auslandsmobilität deutscher Studierender erhöhen, das ist die Hauptaussage der Studie. Stefan Hase-Bergen vom Hochschulforum Digitalisierung wertet die Ergebnisse auch als Bekenntnis zur "virtuellen Mobilität". Während des Auslandsaufenthalts würden Studierende gern an digitalen Lehrveranstaltungen oder auch an Online-Prüfungen ihrer heimischen Hochschule teilnehmen wollen. Aber auch jene, die keinen Auslandsaufenthalt planten, könnten profitieren, sagt Stefan Hase Bergen.
"Im Idealfall ist virtuelle Realität auch ein Schritt in die reale Mobilität. Dass man nämlich merkt - Hoppla - mein Englisch ist ja doch gut genug. Ich kann ja doch dieser Veranstaltung folgen. Und dann wagt man vielleicht doch den Schritt, weil man neugierig geworden ist und sagt, ich gehe jetzt doch mal für ein Semester in Ausland."
Studie: Digitale Angebote werden genutzt
Die Studierenden in Deutschland nutzen zusätzliche digitale Angebote zu Lehrveranstaltungen oft und beständig - auch das ist ein Ergebnis der Studie. So werden online-gestellte Materialien von immerhin 96 Prozent der Befragten auch abgerufen.
Und wer einmal einen Auslandsaufenthalt plant, könne dies auch heute schon relativ gut digital vorbereiten, ist sich Uta Kirchner vom Akademischen Auslandsamt an der TU Berlin sicher:
"Es gibt Blogs von Ehemaligen, es gibt die Möglichkeit, direkt in Chats mit den Mitarbeitern vor Ort in Kontakt zu treten. Ich denke, das ist auch eine Möglichkeit Mobilitätszahlen zu steigern - weil es die Hemmungen nimmt."
(*) Anm. d. Red.: Diese Textpassage wurde umformuliert, weil die Sendefassung den Eindruck erwecken konnte, Stefan Hase-Bergen sei Sprecher des Hochschulforums Digitalisierung. Vielmehr ist er stellvertretender Sprecher der Themengruppe Internationalisierung im Hochschulforum Digitalisierung.