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Studie über Mietpreise
"Licht am Ende des Tunnels"

Berlin, München, Frankfurt: Bezahlbarer Wohnraum ist in deutschen Großstädten besonders knapp. Eine neue Studie gibt Wohnungssuchenden nun Hoffnung: Dank des anhaltenden Baubooms soll es schon in wenigen Jahren keine weiteren Mietsteigerungen geben.

Von Panajotis Gavrilis |
30.01.2019, Sachsen, Leipzig: Ein leerstehender, unsanierter Altbau steht zwischen noch unbewohnten Neubauten im Zentrum der Stadt, im Hintergrund ist das Wintergartenhochhaus zu sehen.
Bauboom in Leipzig (picture alliance/dpa - Sebastian Willnow)
"Don’t Panic – Der #Mietenwahnsinn geht absehbar zu Ende"
So lautet die Überschrift einer Kurz-Analyse von Rainer Braun vom Forschungsinstitut empirica.
"Meine Studie besagt ja nicht, dass die Welt jetzt ab morgen in Ordnung ist. Meine Studie sagt, es gibt Licht am Ende des Tunnels. Wir sind jetzt auf dem Weg der Besserung, die Mieten werden nicht in den Himmel steigen."
Die Bautätigkeit hat sich laut der Studie verdoppelt, innerhalb von fast zehn Jahren, von 159.000 Wohnungen im Jahr 2009 auf knapp 300.000 in 2018.
"Wir sind mittlerweile auf dem Weg. Wir bauen von Jahr zu Jahr mehr neue Wohnungen zusätzlich am Markt und haben jetzt auch in den Top Sieben, in den teuren Top-7-Städten mittlerweile Neubauniveau erreicht, was fast ausreichend ist, um die zusätzliche Nachfrage am Markt zu befriedigen."
Lücke beim Wohnungsbedarf wird sich schließen
In Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und München sind in den vergangenen vier Jahren durchschnittlich 25.000 neue Wohnungen im Jahr entstanden. Doppelt so viele wären nötig gewesen. Doch diese sogenannte "Fertigstellungslücke" werde sich schließen – also Angebot und Nachfrage ausgeglichen – sagt Braun.
"Man kann davon ausgehen, die Fertigstellungszahlen werden weiter leicht steigen. Und dann werden wir absehbar in drei bis vier Jahren die Lücke geschlossen haben und es wird eben keine weiteren Mietsteigerungen geben."
Keine Mietsteigerungen bedeutet aber nicht, dass auch die Mieten sinken. Eine valide Vorhersage, ob Wohnen tatsächlich günstiger wird, kann der Empirica-Forscher Reiner Braun aber nicht abgegeben. Nur so viel: Wenn die Mieten sinken sollen, müssten vor allem die Baukosten gesenkt werden. Und dann läge die Ersparnis, rechnet Braun, wohl bei 50 Cent je Quadratmeter kalt.
Gerade Geringverdiener leiden besonders stark
Für Claus Michelsen vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung" – kurz DIW – stellen die empirica-Prognosen keine Überraschung dar. Der Ausgleich der Nachfrage und des Angebots finde im Immobilienbereich zeitverzögert statt.
Michelsen kritisiert grundsätzlich, dass vor allem untere Einkommensgruppen nichts vom aktuellen Bauboom hätten. Die unteren 20 Prozent geben im Schnitt fast 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, so der DIW-Forscher:
"Im Augenblick wird eher groß gebaut, es wird eher teuer gebaut und es wird eher hochpreisig gebaut. Und das führt eben dazu, dass es vor allen Dingen mehr Wohnraum gibt für gutverdienende Haushalte. In Berlin würde man im Augenblick vor allen Dingen damit rechnen, dass so ungefähr für 13 Euro aufwärts neu gebaut wird. Das ist so ungefähr der Marktdurchschnitt. Das sind Preise, die Geringverdiener kaum bezahlen können."
Wo der "Mietenwahnsinn" zuerst enden wird
Diese Einschätzung teilt auch Reiner Braun von empirica. Aber:
"So ist es halt in der Marktwirtschaft, dass zuerst diejenigen ihre Nachfrage befriedigen können, die die höchste Zahlungsbereitschaft haben. Erst wenn die befriedigt sind, erst dann werden Haushalte mit niedriger Zahlungsbereitschaft, sprich mit niedrigerem Einkommen, befriedigt werden können."
Brauns Prognose, dass der sogenannte "Mietenwahnsinn" angeblich zu Ende ginge, stützt sich auch auf die Bevölkerungsprognosen der Bundesländer. Laut empirica wächst die Nachfrage nach Wohnraum in sogenannten "Schwarmstädten" weniger schnell, viele Familien "flüchten" – so heißt es – ins Umland.
Zahlen zur Zuwanderung und Binnenmigration, also wie viele Menschen wann und wohin umziehen werden, also aufs Land oder in die Städte, diese Zahlen ließen sich nur sehr schwer voraussagen, sagt hingegen Claus Michelsen vom DIW.