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Studie
Wie gut ist die fleischlose Ernährung von Kindern?

Fleischlose Ernährung kann auch bei Kindern bedarfsdeckend sein - so das Ergebnis einer neue Studie. Deren Autoren warnen aber auch vor Wachstumsstörungen und dem Mangel wichtiger Nährstoffe.

Philipp Banse im Gespräch mit Georg Ehring |
    In der deutsch-polnischen Euro-Kita in Frankfurt (Oder) isst ein kleines Kind mit einem Löffel Spinat mit Kartoffeln - entsprechend verwschmiert ist das Gesicht, aufgenommen am 10.03.2009. Foto: Patrick Pleul +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
    Es gebe viele Vorteile der veganen Ernährung, aber auch Schwächen, die man ausgleichen müsse, sagt Studienleiter Markus Keller (dpa/Patrick Pleul )
    Georg Ehring: An vielen Küchentischen ist die richtige Ernährung zum Grundsatzthema geworden: Die richtige Ernährung mit der Kinder groß und stark werden. Insbesondere die Frage, ob Fleisch und Wurst dazugehören, erregt heute die Gemüter: Vor allem Mädchen stehen auf vegetarische oder gar vegane Ernährung und die Eltern fragen sich, ob das wohl gesund sein kann. Antworten aus wissenschaftlicher Sicht gab es heute in Berlin. Forscher stellten eine groß angelegte Studie über Kinderernährung mit und ohne tierische Bestandteile vor. Philip Banse in Berlin - wie sind die Wissenschaftler vorgegangen?
    Philipp Banse: Geforscht haben die Fachhochschule des Mittelstands, die Universität Bonn und das Institut für alternative und nachhaltige Ernährung. Finanziert wurde die Studie komplett mit 100.000 Euro von der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz. Untersucht haben die Ernährungswissenschaftler 420 Kinder zwischen einem und drei Jahren. Die Kinder werden von ihren Eltern auf drei Arten ernährt: Mit Mischkost, also alles, was es so im Supermarkt gibt; vegetarisch, also pflanzliche Produkte und Produkte von lebenden Tieren, wie Eier oder Milch und `dann vegan ernährte Kinder, also gänzlich ohne tierische Produkte. Die Eltern der 420 Kinder mussten drei Tage lang Buch führen, was die Kinder zu sich nehmen. Und daraus errechneten die Forscher, welche Nährstoffe die Kinder aufnehmen.
    "Vegane Ernährung kann bedarfsdeckend sein"
    Georg Ehring: Was haben sie herausgefunden?

    Philipp Banse: Der Studienleiter Markus Keller, Ernährungswissenschaftler an der Fachhochschule des Mittelstands und dort Leiter des Studiengangs "Veganes Ernährungs- Management", fast das Kernergebnis so zusammen:
    "Auch eine vegane oder vegetarische Ernährung kann im Kleinkindalter bedarfsdeckend sein, wenn auf die ausreichende Zufuhr von Nahrungsenergie und kritischen Nährstoffen - das gilt vor allem für Vitamin B12 - geachtet wird. Wir haben aber auch gesehen, dass bei einem Teil der Familien Bedarf besteht für eine qualifizierte Ernährungsberatung."
    Das kann man wohl sagen, denn die Studie legt nah: Vegane Ernährung kann zu Wachstumsstörungen führen. Zwar seien die Kinder im Schnitt gut gewachsen, sagt Studienleiter Keller: "Dennoch haben wir gesehen, dass ein Teil der veganen Kinder und ein kleinerer Teil der vegetarischen Kinder etwas kleiner war, als es dem Alter gemäß wäre."
    Es fehlt häufig das Kalzium
    Immerhin zehn Prozent der veganen Kinder waren laut Studie zu klein. Das könnte daran liegen, dass vegan ernährten Kindern manchmal Kalzium fehlt. Vegane Kinder nahmen nur halb so viel Kalzium auf wie empfohlen. Kalzium ist aber wichtig für das Wachstum der Knochen. Die Ergebnisse zu den Wachstumsstörungen seien noch nicht vollständig ausgewertet, so Keller, aber:
    "Es könnte durchaus damit zu tun haben, dass eben bei diesen Kindern die Ernährung nicht so optimal war und deshalb die Größenentwicklung etwas geringer war, als man eigentlich erwarten würde."
    Ein weiterer Problemstoff von Veganern und auch Vegetariern ist Vitamin B12, ein sehr wichtiger Stoff, der in Pflanzen so gut nicht vorkommt. B12-Mangel kann zu schweren Schäden führen, aber nicht alle veganen Kinder haben ein Vitamin-B12-Präparat bekommen.
    Plädoyer für mehr Beratung
    Georg Ehring: Ist das Ergebnis der Studie auch ein Plädoyer für mehr Gelassenheit am Küchentisch?
    Philipp Banse: Nein, so habe ich die Studie nicht verstanden. Studienleiter Keller appelliert vielmehr an Eltern - egal welche Ernährungsform sie wählen - zu Ernährungsberatern zu gehen: Gemischt ernährte Kinder fehlt öfter Folsäure und sie sind etwas öfter übergewichtig. Vor allem aber sollten sich Eltern beraten lassen, die ihre Kinder vegetarisch oder gar vegan ernähren:
    "Die meisten Eltern führen eine vegane Ernährung aus ethischen Gründen durch, eben aus Tierschutzgründen, und nicht primär aus gesundheitlichen Gründen. Unser Anliegen ist: Wenn jemand seine Kinder und sich selbst vegan ernährt, dann soll er gut aufgeklärt sein und es richtigmachen. Es gibt viele Vorteile dieser Ernährungsform, aber es gibt eben auch Schwächen, die man ausgleichen muss."
    Sprich: Veganer müssen etwa Kalzium und Vitamin-B12 Präparate einnehmen.
    Georg Ehring: Finanziert wird die Studie von einer Stiftung, die sich dem Tierwohl verschrieben hat; der Studienleiter verantwortet einen Studiengang für "Veganes Ernährungs- Management" - wie unabhängig ist die Studie?
    Philipp Banse: Das habe ich Studienleiter Keller auch gefragt, weil es von außen schon so aussieht, als hätten alle Akteure einen Hang zum Veganen:
    "Das mag so aussehen, Tatsache ist: Es gab keinerlei Einflussnahme. Die Studie war konzipiert, bevor die Stiftung ins Spiel kam."
    Wenn Forschung durch Dritte finanziert wird, ist es immer entscheidend: Was steht in den Kooperationsverträgen drin? Dürfen die Forscher wirklich jedes Ergebnis veröffentlichen? Dürfen sie selber entscheiden, wann und wo sie Ergebnisse veröffentlichen? Gehören die Daten den Forschern? Diesen Kooperationsvertrag habe ich aber nicht gelesen.