"Die Botschaft ist ganz klar: Gerade Ganztagsschulen und deren Angebote können dazu beitragen, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in diesem psycho-sozialen Bereich zu unterstützen. Also die Motivation, das Selbstbewusstsein, das Selbstkonzept, das soziale Lernen."
Eckard Klieme vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung skizziert das wichtigste Ergebnis der Studie, an der außer seinem Institut, das Deutsche Jugendinstitut, das Institut für Schulentwicklungsforschung der Technischen Universität Dortmund sowie die Justus-Liebig Universität Gießen mitgewirkt haben. Untersucht wurden Qualität, Nutzung und Wirksamkeit von Ganztagsangeboten. Insbesondere fokussierten sich die Wissenschaftler auf Leseförderung und soziales Lernen. Dabei kamen sie außerdem zu dem Ergebnis, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch die Ganztagsschule nur positiv beeinflusst werden kann, wenn die pädagogische Qualität der Angebote stimmt. Die alleinerziehende Mutter Anja Masur wünscht sich einen besseren Betreuungsschlüssel. Sie hat zwei Kinder im Alter von 7 und 11. Beide besuchen eine Berliner Grundschule mit Ganztagsangebot, der sogenannten Hortbetreuung.
"Zu viele Kinder für einen Erzieher, da würde ich mir schon noch was anderes wünschen. Ansonsten sehen die Kinder da ihre Freunde und spielen mit ihren Freunden, so dass man dann, wenn man sie abholt, sie guten Gewissens mit nach Hause nehmen kann und dann nochmal mit ihnen lernt oder repetiert, Hausaufgaben macht. Also ich sehe den Hort als Ort, wo die Kinder mit ihren Freunden spielen."
Keine Pädagogen für die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag
Sie ist zumindest für die Betreuung dankbar. Die pädagogische Qualität der Angebote, von Hausaufgabenbetreuung bis zur individuellen Unterstützung etwa bei Lese- und Rechenkompetenz bezweifelt auch Torsten Bärwald. Auch sein Sohn besucht eine Berliner Grundschule mit Ganztagsangebot.
"Ganztagsschule finde ich ganz ok, für Leute, die sich nicht so um die Kinder kümmern können ab 13, 14 Uhr. Wenn denn die Betreuung ein bisschen besser wäre. Ich habe das Gefühl, die sind ein bisschen unterbesetzt, also da geht ein bisschen drunter und drüber. Und Schularbeiten machen in der Schule, ganz problematisch, die sagen zwar immer ja, ja. Die Lehrer sagen auch, wird gemacht, aber da muss man ganz schön hinterher sein und nachhaken. Das hatten wir mal versucht, das funktioniert nicht."
Erfahrungen von Eltern, die einem weiteren Studienergebnis entsprechen. Zusätzliche Lernangebote an Ganztagsschulen, etwa um Lese- und Schreibkompetenz oder naturwissenschaftliche Fähigkeiten zu fördern, müssen an die individuellen Bedürfnisse der Schüler angepasst sein. Grundsätzlich fehlt es an Lehrkräften für die Ganztagsbetreuung, erklärt Eckhard Klieme vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung.
"Es mangelt auch nach wie vor, gerade in den Großstädten an der räumlichen Ausstattung während es in den ländlichen Gebieten eher ein Problem zu sein scheint, das richtige Personal zu bekommen und die Kooperationspartner stehen nicht immer zur Verfügung, die man gerne hätte."
Den meisten Ganztagsschulen fehlt das Konzept, so das Fazit der neuen Studie.
Eckhard Klieme:
"Die Kultusministerkonferenz hat mal gesagt, als Ganztagsschule soll eigentlich nur eine Schule gelten, die ein Konzept für die Verbindung von Angebot und Unterricht hat. Wir finden aber heraus, dass etwa die Hälfte der Schulleiter sagt, so ein Konzept haben wir gar nicht. Offensichtlich gibt es wirklich einen Mangel in der pädagogischen Konzeption."
Der Mangel an Konzepten beginnt bereits bei der grundsätzlichen Frage, ob Hausaufgaben sinnvoll sind oder eben nicht. Fest steht, dass Ganztagsschule motivieren kann, ein Garant für bessere Noten ist sie keinesfalls.