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Studie zu Nachrichtenkompetenz
"Das Können spielt eine Rolle - aber auch mangelndes Vertrauen"

Viele Deutsche können Quellen im Netz laut einer Studie der Stiftung Neue Verantwortung nicht gut einschätzen. Mit dem Alter sinke die digitale Nachrichtenkompetenz, sagte Projektleiterin Anna-Katharina Meßmer im Dlf. Sie fordert bessere Bildungsangebote und transparente journalistische Angebote.

Anna-Katharina Meßmer im Gespräch mit Michael Borgers / Text: Isabelle Klein |
Eine Frau wischt mit dem Finger über ein Tablet
Desinformation, Information, Werbung und Meinung stehen im Netz oft nebeneinander – und werden von vielen Menschen nicht auseinandergehalten (Imago / Westend61)
Falschinformationen von seriösen Nachrichten unterscheiden – das ist besonders in einer Pandemie wichtig. Und so machen seit der Corona-Krise ungeprüfte Meldungen über das Virus oft die Runde. Schnell in die Whatsapp-Gruppe gepostet, bei Instagram geteilt oder bei Twitter kommentiert - in sozialen Netzwerken oder Messengerdiensten stehen dann journalistische Inhalte direkt neben privaten Erfahrungsberichten, Meinungstexten und Desinformation. Die Quelle ist oft auf den ersten Blick nicht erkennbar.
One person crossing street at empty Times Square during the outbreak of coronavirus disease (COVID-19), in New York, United States. New York City after the authorities put the NY state on pause, requiring all non-essential businesses to be closed.
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Wie also gelingt es Menschen, Seriöses von Unseriösem zu unterscheiden? Wie gut können sie Quellen im Netz einordnen?

Nur knapp die Hälfte besteht den Kompetenz-Test

Die Stiftung Neue Verantwortung stellt den Deutschen hier ein schlechtes Zeugnis aus. Mit einem Test hat die Nichtregierungsorganisation die Nachrichtenkompetenz der Deutschen untersucht. Unterstützt wurde die Stiftung von der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Bundeszentrale für politische Bildung, der Landesanstalt für Medien NRW und der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb).
Der Test

Der Nachrichtenkompetenz-Test wurde im Herbst 2020 mit einer repräsentativen Stichprobe für die deutschsprachige Bevölkerung mit Internetzugang durchgeführt. Befragt wurden 4.191 Internetnutzerinnen und –nutzer ab einem Alter von 18 Jahren.

Die Testfragen betrafen das gesamte Spektrum der digitalen Nachrichtenkompetenz, also die Fähigkeit zur Navigation in digitalen Medienumgebungen, die Beurteilung der Qualität von Nachrichten und Inhalten, das Prüfen von Informationen, die Diskursfähigkeit sowie Kenntnisse über die Funktionsweise von digitalen Öffentlichkeiten. Es handelt sich um einen der weltweit ersten Tests zu Informations- und Nachrichtenkompetenzen einer gesamten Bevölkerung.
Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass die Unterschiede zwischen Desinformation, Information, Werbung und Meinung zum Teil nur schwer erkannt werden. Ob eine Quelle vertrauenswürdig ist, wird oft nicht richtig eingeschätzt. Nur knapp die Hälfte der Befragten besteht den Kompetenz-Test der Stiftung, 22 Prozent der Befragten erreichen insgesamt hohe Kompetenzwerte.

Bildung, Alter und demokratische Grundhaltung spielen eine Rolle

Im Detail zeigt sich, dass die jüngeren Generationen im Digitalen kompetenter als die älteren sind. Mit dem Alter sinke die digitale Nachrichtenkompetenz, sagte Anna-Katharina Meßmer im Deutschlandfunk. Sie ist Leiterin des Projekts zu digitaler Nachrichten- und Informationskompetenz der Stiftung Neue Verantwortung. Zwar gelte insgesamt: "Je jünger desto kompetenter", man müsse jedoch auch andere Faktoren berücksichtigen.
Es gebe beispielsweise einen "Kompetenzgap", der abhängig vom Bildungsgrad sei. Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss hätten tendenziell eine bessere Nachrichtenkompetenz. "Ich glaube, da sehen wir ein deutliches Problem im Schul- und Bildungssystem", so Meßmer.
Jochen Fasco, Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt, spricht am 09.05.2016 auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig (Sachsen). 
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Jochen Fasco ist der erste Beauftragte für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten. Mit Angeboten richte man sich nicht nur an junge, sondern auch an ältere Menschen, sagte Fasco im Dlf.
Und auch die demokratische Grundhaltung - ein gewisses Grundvertrauen in Demokratie und Medien - spiele eine Rolle, meint Meßmer. Es gebe einerseits recht hohe Vertrauenwerte, wenn es um konkrete journalistische Angebote gehe. Parallel gebe es aber ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Medien und Politik insgesamt.
Besonders AfD-Anhängerinnen und -Anhängern attestiert die Stiftung Neue Verantwortung eine niedrige digitale Nachrichtenkompetenz. Die besten Ergebnisse erzielten laut Studie Anhängerinnen und Anhänger von FDP und Grünen.

Forderungen an Politik, Medien und Plattformbetreiber

Die Nachrichtenkompetenz habe in den vergangenen Jahren durch den radikalen Medienwandel enorm an Bedeutung gewonnen, heißt es in der Veröffentlichung zur Studie. Wie gut Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, diesen Wandel zu bewältigen und Kompetenzen zu entwickeln, sei für Demokratien ein wichtiger Faktor.
Die Menschen seien viel zu lange damit allein gelassen worden, sich in einer immer komplexeren Medienumgebungen selbst zurecht zu finden. Die Studienmacherinnen und -macher kritisieren hier konkret Politik, Medien und Plattformen.
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Digitale Bildung sei sehr lange nur aus der Sicht von "Bedienkompetenzen" betrachtet worden, sagte Meßmer. Man müsse sich aber nun eher anschauen, wie man Menschen Nachrichtenkompetenz beibringe.
Meßmer fordert deshalb eine bessere digitale Schul- und Erwachsenenbildung und transparente journalistische Angebote. Auf den Online-Seiten müssten zum Beispiel Meinungsbeiträge leichter als solche erkennbar sein. Auch müssten Plattformen Desinformation stärker eingrenzen.