Wenn Sie online einkaufen, dürfen Sie sich über eines sicher sein: Die Online-Portale, bei denen Sie einkaufen, wissen, was für ein Typ Kunde oder Kundin Sie sind:
"Grundsätzlich wird man als Verbraucher im Internet, vor allem für Zwecke der Online-Werbung, in bestimmte Kundensegmente eingeteilt. Was anfängt bei zum Beispiel Altersgruppe und Geschlecht, zum Beispiel sowas wie 'männlich 33-49', weitergeht das über mögliche Interessen, was sie ableiten aus den Seiten, die ich besucht habe, und natürlich auch dazu speichern, welche Endgeräte ich benutze, also: Bin ich über einen iPhone oder iPad unterwegs oder bin ich mit einem Windows-PC unterwegs", erklärt der IT-Rechtler Florian Dietrich von der Wirtschaftskanzlei CMS.
Die Befürchtung: Dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die beispielsweise mit einem iPhone anstatt mit einem günstigeren Smartphone durchs Internet surfen, beim Online-Shopping mehr zahlen müssen – weil der Anbieter davon ausgeht, dass iPhone-Inhaber weniger preisbewusst sind als solche mit billigem Smartphone.
Nur sehr geringe Preisdifferenzen
Ob Unternehmen solche personalisierte Preise tatsächlich einsetzen, hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in einer Studie untersuchen lassen. Das Ergebnis:
"Es ist rausgekommen, dass es im Moment so ist, dass es keine personalisierten Preise gibt aufgrund von Nutzerverhalten im Netz", sagt Staatssekretär Christian Kastrop. "Ich gebe zu, das hat mich überrascht, weil wir angenommen hatten, dass es schon sichtbar ist, weil sich natürlich auch die Technologien auf den Online-Plattformen verändern. Algorithmen werden immer besser, die Speichermöglichkeiten werden immer besser, man verfolgt das Verhalten der Nutzer im Netz und insofern hatte ich schon vermutet, dass man da etwas sieht. Aber in dem Zeitraum, auch mit Blick auf die Corona-Krise, wo der Online-Handel ja besonders stark gewachsen ist, sehen wir das nicht."
Knapp vier Monate lang untersuchte das ibi Rechercheinstitut der Universität Regensburg gemeinsam mit dem Softwareentwickler trinnovative hunderttausende Datensätze. Das Ergebnis ist erstaunlich eindeutig: In nur 3,3 Prozent der ausgewerteten Fälle konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler personalisierte Preise feststellen. Noch bemerkenswerter: Fast alle dieser Preise ging auf nur eine einzige Plattform zurück. Bei der Buchung des Intercity Hotels Hamburg über die Plattform Booking.com gewährte das Hotel den Buchenden einen zehnprozentigen Rabatt, wenn sie über ein mobiles Gerät buchten. Die übrigen Preisdifferenzen machten weniger als 0,1 Prozent aus.
Christian Kastrop: "Das ist dann eine Handyrate gewesen, in dem Sinne ist es keine personalisierte Preissetzung, es ist einfach ein spezifischer Rabatt, der sich da ausgewirkt hat. Ich kann aber noch ergänzen, dass es, wenn es ganz kleine Abweichungen gegeben hat vom Standardpreis, war die Abweichung sogar eher zugunsten des Kunden."
EU-Richtlinie fordert Regulierung
Momentan scheint die Gefahr für Verbraucherinnen und Verbraucher personalisierte Preise zahlen zu müssen also gering. Verboten sind solche Preismodelle übrigens nicht. Momentan sind sie weitgehend unreguliert. Das wird sich aber bald ändern, obwohl die Preismodelle in der Praxis offenbar bisher noch keine Rolle spielen. Bis Mai 2022 muss Deutschland dazu eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzen.
Rechtsanwalt Florian Dietrich: "Ein Unternehmer, der personalisierte Preise anbietet, muss dann einen entsprechenden ausdrücklichen Hinweis aufnehmen. Jetzt ist allerdings der Gesetzesentwurf nicht so genau, dass er sagt, ich muss das in unmittelbarer Nähe des Preises tun oder ich muss das tun, wenn ich den Artikel in den Warenkorb lege, sondern, das ist recht allgemein gehalten und im Entwurf steht, dass ich den Hinweis nur nicht in den AGB verstecken darf."
Eine klar sichtbare Warnung vor personalisierten Preisen ist also nicht zu erwarten, sondern eher eine weitere unübersichtliche Box zum Anklicken.