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Studie zur Berichterstattung über Flüchtlinge
"Deutschland sticht absolut heraus"

Deutschland ist eines der großen Aufnahmeländer für Flüchtlinge. Das spiegele sich in der intensiven Berichterstattung wider, sagte Susanne Fengler, Autorin einer aktuellen Studie der Otto Brenner Stiftung, im Dlf. Auch andere Länder berichteten erstaunlich differenziert über das Thema.

Susanne Fengler im Gespräch mit Bettina Schmieding |
Ein Frau geht mit einem Kind auf dem Arm und einem anderen Kind an der Hand auf einem Weg im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, während ihr ein Mann entgegen kommt.
In vielen Ländern findet das Thema Flucht und Migration vor allem als Auslandsthema statt - es geht um Ereignisse, die sich fernab der Heimat abspielen (dpa)
In keinem anderen Land der EU werde so intensiv über Migration und Flucht berichtet wie in Deutschland. "Deutschland sticht absout heraus, was die Zahl der veröffentlichten Artikel angeht - nur getoppt von Ungarn", sagte Susanne Fengler, eine der Autoren der Studie "Stumme Migranten, laute Politik, gespaltene Medien". Ungarn profiliere sich dabei in seiner Rolle als Gegenspieler zu Deutschland.
Die deutsche Berichterstattung konzentriere sich dabei vor allem auf Themen im Inland, während es in den meisten anderen EU-Staaten um die Ereignisse außerhalb des eigenen Landes gehe. "Für die ist das Thema etwas, das im Ausland stattfindet, also sehr weit weg ist." Fengler kommt zu dem Schluss, dass dies auch eine wichtige Rolle spiele bei der Frage: Warum kommen wir in Europa nicht zu einer politischen Lösung in der Flüchtlingskrise? "Da müssen wir uns immer wieder klar machen, dass der Diskurs auch in unseren europäischen Nachbarländern oft ganz anders verläuft. Sie berichten viel weniger darüber, das Thema ist sehr weit weg."
Meinungs- und Perspektivenvielfalt in der Berichterstattung seien jedoch meistens vorhanden, dabei ergäben sich allerdings Unterschiede in Ost- und Westeuropa sowie zwischen Medien verschiedener politischer Ausrichtung: Im Osten werde insgesamt kritischer über die Einwanderung berichtet. Linke und liberale Medien informieren deutlich öfter über die Situation von Migranten als rechte und konservative Zeitungen.
Studie zeigt, wie unterschiedlich berichtet wird
Kritik gibt es an der Art der Berichterstattung, denn die Protagonisten selbst, also die Migranten und Geflüchteten, kämen nur in einem Viertel der Berichte als zentrale Akteure vor - und dann meist als große und anonyme Gruppe. Zitate finden sich nur in einer geringen Zahl von Artikeln, nur in 8 Prozent der Berichte seien die Migranten als Individuen oder Familie erkennbar. Auch Herkunft und Kontext sowie der Status - Flüchtling oder Migrant - würden oft nicht beleuchtet, erläuterte Fengler.
Die Studie der Otto Brenner Stiftung vergleicht erstmals die Berichterstattung über Flucht und Migration in 17 Ländern - 16 europäische Länder inklusive Russland und die USA. Dabei wurden rund 2.400 Artikel aus sechs exemplarischen Wochen zwischen August 2015 und März 2018 untersucht. In Deutschland wurden die beiden Zeitungen Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung analysiert.
Die Otto Brenner Stiftung (OBS) ist eine Stiftung der Gewerkschaft IG Metall, die nach dessen 1. Vorsitzenden benannt wurde. Die Stiftung versteht sich als "kritisches und gesellschaftspolitisches Forum, das sich mit der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und Europas auseinandersetzt."